Steigende Inzidenzen

Erste Länder wollen Ministerpräsidenten-Runde zu Corona vorziehen

Eigentlich wollen Bund und Länder Ende August wieder über die Corona-Lage beraten. Wegen steigender Fallzahlen fordern einzelne Länder ein früheres Treffen. Kanzlerin Angela Merkel zeigt sich offen.

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Kanzlerin Angela Merkel (M.) zeigt sich offen für die Idee, die Ministerpräsidenten-Runde zu Corona vorzuverlegen.

Kanzlerin Angela Merkel (M.) zeigt sich offen für die Idee, die Ministerpräsidenten-Runde zu Corona vorzuverlegen.

© Annegret Hilse/Reuters Pool/picture alliance

Berlin. Angesichts steigender Infektionszahlen werden Rufe nach einem Vorziehen der Bund-Länder-Runde zur Corona-Lage lauter. Nach Niedersachsen warb am Freitag auch Mecklenburg-Vorpommern dafür, das nächste Treffen der Regierungschefs der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) früher stattfinden zu lassen. Regulär will die Runde wieder Ende August zusammenkommen.

Es müsse vor allem über die Ausbreitung der Delta-Variante und das Impfen von Jugendlichen beraten werden, sagte MV-Regierungssprecher Andreas Timm in Schwerin.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) habe bereits Ende Juni den Bund aufgefordert, bis Anfang August gemeinsam mit den medizinischen Experten und der Ständigen Impfkommission eine Strategie für die Impfung von Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren vorzulegen.

Zudem müsse noch einmal über die Regeln für Reiserückkehrer aus Corona-Risikogebieten gesprochen werden. „Es muss verhindert werden, dass es nach den Sommerferien zu einem deutlichen Anstieg der Zahlen kommt“, sagte Timm.

Söder: Darf kein Kaffee-Plausch werden

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, er sei grundsätzlich offen für eine vorgezogene Ministerpräsidentenkonferenz. Es reiche allerdings nicht, sich nur „zum Kaffee-Plausch zu treffen, sondern wir müssen dann schon Maßnahmen treffen“, sagte Söder am Freitag nach einer Klausur des CSU-Parteivorstands in Gmund am Tegernsee.

Zu den Maßnahmen müsse auch ein Impfprogramm für Schüler gehören, sagte Söder. Die Ferienzeit biete noch ausreichend Zeit, das Angebot zu organisieren. Söder betonte, er wisse, dass die Ständige Impfkommission (STIKO) bezüglich Schülerimpfungen skeptisch sei, „das ist ihr gutes Recht“, aber die Politik müsse entscheiden.

Debatte um STIKO-Empfehlung

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, reagierte auf die Äußerungen Söders mit Unverständnis. „Das Vorgehen der STIKO bei der vorliegenden Datenlage , aktuell nur Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen, die mit einem anzunehmenden erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf verbunden sind, die Impfung zu empfehlen, ist meines Erachtens unter Berücksichtigung der aktuellen Datenlage richtig“, sagte Gassen.

Sollte sich der Wissensstand ändern, werde die STIKO das berücksichtigen. „Das darf aber keine politische Entscheidung sein, sondern muss eine medizinische Entscheidung bleiben“, stellte Gassen klar.

Die Politik dürfe ihre Entscheidung, zu lockern oder Lockerungen wieder zurückzunehmen, auch nicht allein an der Inzidenz festmachen, so Gassen. „Wir brauchen zusätzliche Parameter als die reine Fallzahl.“ Alles andere wäre ein Ignorieren der Forderungen weiter Teile der Wissenschaft.

Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Freitagmorgen 2089 Neuinfektionen – 633 mehr als am Freitag vergangene Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner stieg den Angaben zufolge auf 13,2. Am Vortag hatte der Wert bei 12,2 gelegen. 34 weitere Menschen starben in Zusammenhang mit dem Virus.

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Kanzlerin Merkel hatte bei ihrer Sommerpressekonferenz am Donnerstag erklärt, Gespräche zwischen Bund und Länder seien wegen der Flutkatastrophe ohnehin geplant – allerdings erst, wenn die Schäden quantifizierbar seien. „Das könnte dann auch ein geeigneter Zeitpunkt sein, um über Corona und die sich ergebende Situation zu sprechen.“

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Merkel: Wenn die Lage es erfordert, jederzeit

Wünsche eine Mehrheit der Ministerpräsidenten ein früheres Treffen, werde sie sich dem nicht verschließen. „Ich bin offen. Wenn die Lage das erfordert, kann das jederzeit stattfinden.“ Konkrete Planungen gebe es aber aktuell nicht.

Im Übrigen hätten die Länder auch jetzt schon die Möglichkeit, bei steigenden Inzidenzen wieder zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen. Der Schlüssel zur Bekämpfung der Pandemie liege im Impfen. „Jede einzelne Impfung zählt. Jede Impfung einer einzelnen Person ist ein Schritt, ein kleiner Schritt, zur Normalität für alle.“ (hom/dpa)

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