Drohender Honorarverlust für Ärzte

Bundesländer machen sich für Neupatientenregelung stark

Der Bundesrat darf beim „GKV-Spargesetz“ zwar nicht mitreden. Einige Länder verteidigen dennoch vehement die Neupatientenregel aus dem TSVG. Sie zeige hohe Versorgungseffekte. Gesundheitsminister Karl Lauterbach sieht diese nicht.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Weiter Streit um die geplante Streichung der Neupatientenregel in Arztpraxen: Jetzt kommt auch aus den Ländern Kritik an den Sparplänen der Ampel.

Blick auf eine Arztpraxis in Niedersachsen. Gerade in ländlichen Gebieten bewähre sich die extrabudgetäre Vergütung für die Behandlung von Neupatienten, argumentieren einige Länder im Bundesrat. Ausgerechnet die soll mit GKV-Finanzstabilisierungsgesetz aber abgeschafft werden.

© Holger Hollemann / dpa / picture alliance

Berlin. In den Bundesländern formiert sich Widerstand gegen die geplante Streichung der Neupatientenregel aus dem Terminservicestellen- Versorgungsgesetz (TSVG).

Bei einem Wegfall des wirtschaftlichen Anreizes für Ärztinnen und Ärzte, kurzfristig neue, behandlungsbedürftige Patientinnen und Patienten zusätzlich zu übernehmen, sei mit einer „erheblichen Verschlechterung der Versorgungssituation zu rechnen“, heißt es in den Anträgen der Länder für die nächste Sitzung des Bundesrats am 16. September.

Die am 31. August bei der Sitzung des Gesundheitsausschusses der Länderkammer vorgestellten Gegenvorschläge reichen von der Beibehaltung der Regelung bis zu ihrer Modifizierung durch Deckelung. Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, mit dem der umstrittene Passus beschlossen werden soll, ist nicht zustimmungspflichtig.

Das parlamentarischeVerfahren soll Regierungsangaben zufolge bis Ende Oktober abgeschlossen sein. Das Gesetz könnte dann im November in Kraft treten. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung hat die zu erwartenden Einbußen für niedergelassene Ärzte mit rund 400 Millionen Euro im Jahr beziffert. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat eine Unterschriftenaktion gegen das Vorhaben gestartet.

Keine Anhaltspunkte für ausbleibenden Nutzen

Die fünf Flächenländer und der Stadtstaat Hamburg stoßen sich vor allem an der Begründung des Regierungsentwurfs. Dort heißt es dazu, die vorliegenden Zahlen ließen nicht darauf schließen, dass mit dieser Regelung Verbesserungen der Versorgung eingetreten sind, obwohl die gesetzliche Krankenversicherung Mehrausgaben verzeichne.

Dem widersprechen nun Hamburg, Brandenburg, Bayern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen. „Für die Annahme, dass diese Regelung zu keiner Verbesserung der Versorgung (unter anderem bei den Wartezeiten und der Vermeidung von Krankenhausaufnahmen) beigetragen habe, sind hier bisher keine Anhaltspunkte ersichtlich,“ heißt es in einem Antrag. Seitens des Bundesministeriums für Gesundheit werde dies auch „nicht fundiert“ begründet.

Bayern schlägt Moratorium und Evaluierung vor

„Nicht nachvollziehbar und daher abzulehnen“: Mit der 2019 eingeführten extrabudgetären Vergütung für Neupatienten solle ausgerechnet der Baustein des Terminservicestellen- und Versorgungsgesetzes wieder abgeschafft werden, der für die Patienten mit dem größten Nutzen verbunden sei, heißt es in einem Antrag Sachsens dazu. Gerade auf dem Land habe dieser Baustein aufgrund des erheblichen Ärztebedarfs einen „hohen Versorgungseffekt“ gezeigt.

Und die Vertreter Schleswig-Holsteins sehen die Gefahr, dass „erreichte Fortschritte auf diesem Gebiet zunichte gemacht“ würden. Die „geplante Honorarkürzung“ sende das „demotivierende Signal an den dringend benötigten ärztlichen Nachwuchs, dass die politischen Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung nicht verlässlich sind“. Die Bereitschaft zur Teilnahme an der ambulanten Versorgung sinke.

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Kostendruck steigt weiter

„In Anbetracht der wachsenden Finanzbelastungen durch Inflation, steigende Personalkosten sowie steigende Kosten für Logistik, Einkauf und Energie ist eine Kürzung der Abrechnungsmöglichkeiten generell unzumutbar“, verweisen die Schleswig-Holsteiner zudem auf die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen.

Aus den Ländern kommt daher die Forderung nach einer „sachgerechten Evaluierung“ der Neupatientenregel. Bayern schlägt vor, den Bewertungsausschuss damit zu betrauen, die Auswirkungen der Regelung im Zeitraum von Juli 2021 bis 30. September 2024 unter die Lupe zu nehmen.

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