Analyse von Sterblichkeitsdaten

Lebenserwartung: Deutschland fällt weiter zurück

Die Lebenserwartung in Deutschland liegt um 1,7 Jahre hinter der in westeuropäischen Ländern zurück. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung dringt darauf, die Prioritäten in der Gesundheitspolitik zu überprüfen.

Veröffentlicht:
Die Mortalitätsforscher empfehlen eine Diskussion über eine „Neuadjustierung von Prioritäten und Investitionen“ im Gesundheitswesen.

Die Mortalitätsforscher empfehlen eine Diskussion über eine „Neuadjustierung von Prioritäten und Investitionen“ im Gesundheitswesen.

© Torsten Sukrow/SULUPRESS.DE/picture alliance

Wiesbaden. Deutschland verliert bei der Lebenserwartung immer mehr den Anschluss an andere westeuropäische Länder.

Im Jahr 2000 hatte der Rückstand Deutschland bei der durchschnittlichen Lebenserwartung bei Geburt noch 0,7 Jahre zum restlichen Westeuropa betragen. 2022 ist dieser Abstand auf 1,7 Jahre gestiegen (siehe nachfolgende Grafik). Das hat das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) am Mittwoch mitgeteilt.

Wissenschaftler des BiB und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung haben für eine aktuelle Studie Sterblichkeitstrends über mehrere Dekaden ausgewertet (Bundesgesundheitsbl 2024 67:493–503, doi.org/10.1007/s00103-024-03867-9).

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Der Beginn der 2000er Jahre markiere einen Wendepunkt in der Dynamik der Sterblichkeitsentwicklung, erläutert Mitautor Dr. Pavel Grigoriev vom BiB. Seitdem hätten sowohl West- wie Ostdeutschland gegenüber Westeuropa an Boden verloren.

Seit dem Jahr 2000 hat sich bei Männern der Rückstand bei der Lebenserwartung von 0,7 auf 1,8 Jahre vergrößert, bei Frauen nahm der Abstand von 0,7 auf 1,4 Jahre (2022) zu (siehe nachfolgende Grafiken).

Parallel dazu hat sich auch die soziale Ungleichheit bei der Lebenserwartung verschärft, wie ein Forscherteam unter Federführung des Robert Koch-Instituts kürzlich betont hat.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Sterblichkeit bei über 65-Jährigen im Vergleich zu westeuropäischen Altergenossen besonders hoch

Allerdings fällt die Entwicklung in den einzelnen Altersgruppen unterschiedlich aus. Bei Menschen unter 50 Jahren liege die Sterblichkeit im Rahmen des westeuropäischen Durchschnitts, dagegen sei sie bei Menschen über 65 Jahren in Deutschland deutlich erhöht.

Bei Frauen ist der Unterschied bei den über 75-Jährigen im Vergleich zu ihren Altersgenossen in Westeuropa sehr ausgeprägt, bei Männern fällt die Lücke im Alter zwischen 55 und 74 Jahren besonders groß aus.

Für das Jahr 2017 liegt Deutschland in einem Vergleich mit 15 westeuropäischen Ländern sowohl be der Gesamtsterblichkeit als auch bei den Todesfällen durch nichtübertragbare Krankheiten auf dem letzten Platz. „Dies ist auf eine vergleichsweise hohe Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen“, heißt es in der Studie.

Auch bei der zweithäufigsten Todesursache in Deutschland, bösartigen Neubildungen, verzeichnet Deutschland im Ranking schlechte Werte. Einen mittleren Platz nehme Deutschland nur bei äußeren Todesursachen wie Unfällen oder Suiziden oder bei Todesfällen durch übertragbare Krankheiten ein.

Zu den möglichen Ursachen merken die Autoren an, es gebe bisher „keine überzeugenden und systematischen Belege dafür, dass Deutschland bei der Prävalenz vieler bekannter Risikofaktoren, wie beispielsweise Rauchen, Übergewicht und körperlicher Aktivität, deutlich schlechter abschneidet als andere Länder mit einem ähnlich hohen Wohlstandsniveau“.

Rauchbedingte Sterblichkeit bei Frauen wird zunehmen

Allerdings wiesen internationale Daten darauf hin, dass die Menschen in Deutschland „durchschnittlich schlechtere Ernährungsgewohnheiten“ aufweisen. Das Rauchen trage aktuell zwar wenig zur Lücke bei der Lebenserwartung bei. Allerdings sei davon auszugehen, dass die rauchbedingte Sterblichkeit bei Frauen in den kommenden Jahrzehnten „im westeuropäischen Vergleich überdurchschnittlich zunehmen wird“.

Behält Deutschland diesen Status quo in den kommenden Jahren bei, werde dies die „ohnehin überhöhten Gesundheitsausgaben noch weiter in die Höhe treiben“.

Die Autoren empfehlen daher, eine „Diskussion über eine Neuadjustierung von Prioritäten und Investitionen“ im Gesundheitswesen sei „dringend angebracht“. Und zwar zeitnah, damit die großen Babyboomer-Kohorten noch davon profitieren und gesünder altern können. (fst)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Die Gewinner des Berliner Gesundheitspreises 2025

Psychischer Stress: Ausgezeichnete Programme für mehr Resilienz

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Berliner Gesundheitspreis 2025

Starke Schule, starke Seele!

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann und Dr. Michael Seewald

© Anatoli Oskin / Universität Augsburg; © AstraZeneca

Umfrage unter Ärzt:innen

Nachhaltigkeit wird Kernbestandteil verantwortungsvoller Medizin

Anzeige | AstraZeneca GmbH
Wege zu mehr Nachhaltigkeit in der Arztpraxis

© Jennifer / stock.adobe.com

Zuwendung statt Rezept

Wege zu mehr Nachhaltigkeit in der Arztpraxis

Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Corona-Pandemie

Lockdowns: Ein hoher Preis für den Nachwuchs

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Angepasste Endpunkte, moderne Studiendesigns und ungelöste Herausforderungen

© metamorworks / Getty Images / iStock

Krebsmedizin auf neuen Wegen

Angepasste Endpunkte, moderne Studiendesigns und ungelöste Herausforderungen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Pfizer Pharma GmbH, Berlin
Ein Medikament unter vielen, das wenigen hilft? 2400 Wirkstoff-Kandidaten in der EU haben den Orphan-Drug-Status.

© artisteer / Getty Images / iStock

Wirkstoff-Kandidaten mit Orphan-Drug-Status

Orphan Drugs – Risiken für ein Modell

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Knackpunkt Selbstzahlerleistungen

Der richtige Umgang mit IGeL-Fallen

Interview

Welche neuen ePA-Funktionen 2026 kommen sollen

Lesetipps
Zu den häufigsten Folgeerkrankungen eines Diabetes gehören Neuropathien.

© Prasanth / stock.adobe.com

Nervenschädigungen

So diagnostizieren Sie die diabetische Neuropathie

Konzeptuelle Darstellung eines Viruspartikel, dieser besteht aus einem Kern aus Nukleinsäure (DNA oder RNA), der von einer Proteinhülle umgeben ist.

© ktsdesign / stock.adobe.com

Kein Mythos, aber Relevanz unklar

Wird die virale Sepsis zu schnell diagnostiziert?

Die Frage, ob Kopfschmerzen bei einer bestimmten Sexpraktik besonders häufig auftreten, kann wohl verneint werden.

© Alessandro Biascioli / Getty Images

S1-Leitlinie

Kopfschmerzen beim Sex: Tipps für die Diagnose und Therapie