Schleswig-Holstein

Nach SARS-CoV-2-Ausbruch: Klinik vor dem Neustart

Schlechter hätte das Jahr im Klinikum Nordfriesland kaum beginnen können. Nach einem positiven PCR-Test wurden weitere 142 der 1500 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet. Die Folge: Aufnahmestopp, mit allen negativen Konsequenzen. Jetzt hofft man, den Betrieb bald langsam wieder hochfahren zu können.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht: | aktualisiert:
Im Klinikum Nordfriesland hofft man, in absehbarer Zeit wieder zum Normalbetrieb zurückkehren zu können.

Im Klinikum Nordfriesland hofft man, in absehbarer Zeit wieder zum Normalbetrieb zurückkehren zu können. Rehder/dpa

© Carsten Rehder / dpa

Husum. SARS-CoV-2-Ausbrüche in Kliniken sind gefährlich, belasten Mitarbeiter und manchmal die Gesundheitsversorgung im gesamten Umland. Welche Folgen das haben kann, zeigt das Beispiel des Klinikums Nordfriesland. Dort hoffte man eigentlich ab der vierten Kalenderwoche auf eine erste Entspannung nach einem extrem angespannten Jahresbeginn, ausgelöst durch einen noch ungeklärten Coronavirus-Ausbruch im Krankenhaus.

Eigentlich wollte das Klinikum in der nördlichsten Ecke der Republik am Montag seinen Standort Niebüll und am Dienstag den Standort Husum wieder für die Patienten öffnen. Jetzt hofft der Kreis, dass das Krankenhaus den Betrieb ab der fünften Kalenderwoche wieder hochfahren kann – abhängig von einer erneuten Reihentestung am 28. und 29. Januar. Wie viele Patienten nach dem zwischenzeitlichen Aufnahmestopp allerdings kommen werden, weiß niemand.

„Ein Krankenhaus vom Netz zu nehmen, hat immer Signalwirkung. Das verunsichert Patienten und Mitarbeiter, jeder wird noch vorsichtiger“, sagt der Ärztliche Direktor Dr. Rainer Kirchner im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“. Als Reaktion auf diese Verunsicherung werden neue Patienten in Husum und Niebüll zunächst ausschließlich Einzelzimmer erhalten.

2149 Menschen in Quarantäne

Angefangen hatte die Ausnahmezeit für das kreiseigene Klinikum mit dem ersten positiv ausgefallenen PCR-Test in der Klinik. Folge: Alle 1500 Mitarbeiter in Husum und Niebüll und alle Patienten wurden so schnell wie möglich getestet. Bei 142 von ihnen fiel der Test positiv aus. Zwar zeigten nur vier von ihnen Symptome, aber ein Patient liegt beatmet auf der Intensivstation.

Insgesamt mussten aufgrund der Kontakte 2149 Menschen in Quarantäne, unter anderem alle Mitarbeiter, die seit dem vierten Januar in den beiden Häusern gearbeitet hatten. Negativ getestetes Personal darf trotz Quarantäne zwar arbeiten – außerhalb der Klinik müssen die Mitarbeiter aber jeden Kontakt meiden und dürfen ausschließlich zwischen Klinik und ihrem Zuhause pendeln.

Keine COVID-19-Patienten behandelt

Der Ausbruch in Nordfriesland kam überraschend, weil das Haus nach eigener und nach Aussage des Kreises stets alle geforderten Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen eingehalten hatte und weil es nach der Clusterstrategie des Landes keine Patienten mit COVID-19 behandelte. Nordfriesland sollte eigentlich die für die Corona-Patienten vorgesehenen Kliniken an der Westküste und in der Grenzregion bei den planbaren Behandlungen entlasten – nun mussten diese Häuser auch die nordfriesischen Patienten mitversorgen.

Ein Krankenhaus vom Netz zu nehmen, hat immer Signalwirkung. Das verunsichert Patienten und Mitarbeiter, jeder wird noch vorsichtiger.

Dr. Rainer Kirchner, Ärztlicher Direktor des Klinikums Nordfriesland

Möglich wurde dies durch tägliche telefonische Abstimmungen zwischen den ärztlichen Leitern und den Geschäftsführern aller Kliniken des regionalen Clusters, um die zur Verfügung stehenden Kapazitäten abzugleichen. „Die anderen Krankenhäuser sind damit nah an ihre Grenzen gekommen“, sagt Kirchner, der die Zusammenarbeit zwischen den Trägern als sehr gut wahrgenommen hat. Die Patienten mussten dafür weitere Wege zurücklegen. Husum und Niebüll sind die einzigen Festland-Klinikstandorte im Kreis Nordfriesland.

Wie es zum Ausbruch kommen konnte, ist für Kirchner Spekulation: „Wir wissen es noch nicht, derzeit ist das nicht nachvollziehbar.“ Fest steht dagegen, dass die Hygiene- und Schutzmaßnahmen in Husum und Niebüll jetzt über die Richtlinien hinausgehen. Patienten werden nicht nur vor Aufnahme und Entlassung, sondern auch während der stationären Behandlung alle fünf Tage getestet. Klinikmitarbeiter, die in sensiblen Bereichen eingesetzt sind, müssen sich alle zwei Tage testen lassen.

Um die Kliniken wieder öffnen zu können, wurden zunächst die Patienten in einer neu eingerichteten Corona-Station in Husum zentriert und die anderen Patienten ebenfalls auf einer Station in der Kreisstadt zusammengefasst. Die anderen Stationen waren damit frei für die Grundreinigung und eine komplette Desinfektion vor Wiederöffnung, ebenso das komplett geräumte Haus in Niebüll. Parallel dazu werden Hygieneschulungen durchgeführt. Ziel laut Geschäftsführer Stephan Unger: „Mit größtmöglicher Sorgfalt wieder in die Patientenversorgung einsteigen.“

Sorgfalt beim Neustart geht vor

Die nicht absehbaren wirtschaftlichen Folgen – Zusatzkosten für Tests und Hygiene, Umsatzausfälle durch die zwischenzeitliche Schließung, die anschließende Einzelbelegung und mögliches Ausbleiben verunsicherter Patienten in den kommenden Wochen – dürfen nach Überzeugung der Akteure in Nordfriesland nicht dazu führen, den Betrieb zu früh wieder hochzufahren. „Sorgfalt vor Schnelligkeit“, hat Landrat Florian Lorenzen (CDU) ausgegeben. Für seinen Kreis als Träger des Klinikums werden sich die finanziellen Folgen des Coronavirus-Ausbruchs in der Bilanz bemerkbar machen.

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