DGKJ-Kongress
Verbände sehen Kinderkrankenpflege gefährdet
Habe es zuvor kaum Nachwuchssorgen in diesem Bereich gegeben, warnen Kongressteilnehmer nach der Umstellung auf die generalistische Pflegeausbildung nun vor fehlenden Ausbildungsplätzen.
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Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie warnte vor einer Unterversorgung der Kinderkrankenpflege.
© Ina Fassbender/picture alliance
Berlin. Die Versorgungsqualität für kranke Kinder und Jugendliche gerät durch die unzureichende Umsetzung des Pflegeberufegesetzes zu Lasten der Kinderkrankenpflege und dem dort bereits existierenden Personalmangel zunehmend in Gefahr. Darauf haben die führenden pädiatrischen wissenschaftlichen Gesellschaften beim Hybrid-Kongress für Kinder- und Jugendmedizin in Berlin hingewiesen.
Obwohl hinreichend bekannt ist, dass kranke Kinder mehr Zeit und mehr Aufwand für pflegerische und ärztliche Tätigkeiten benötigen, fänden sich diese Anforderungen nicht in den Vorgaben und Abrechnungsschemata der stationären und ambulanten Versorgung wieder“, kritisierte Professor Jörg Dötsch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ).
Insbesondere die Reform der Pflegeberufe hin zu einer generalistischen Ausbildung wirke sich „in einem bedrohlichen Maß“ aus, bekräftigte Birgit Pätzmann-Sietas, Vorstandsmitglied des Berufsverbands Kinderkrankenpflege. Die Bundesregierung habe sich damit generell eine Verbesserung der Pflegesituation versprochen. Wie von pädiatrischer Seite befürchtet, zeichne sich nun bereits aber ein reduziertes Angebot an Ausbildungsplätzen für die Kinderkrankenpflege ab.
Versorgungskollaps droht
Derzeit böten nur zwei Drittel der Ausbildungsstätten die Vertiefung pädiatrische Versorgung und nur ein Drittel die Spezialisierung in der Kinderkrankenpflege an. „Wir stehen vor einem Versorgungskollaps in der Kinderkrankenpflege in allen medizinisch-pflegerischen Versorgungsbereichen“, warnt Pätzmann-Sietas. Dabei habe nach einer Bestandserhebung des Berufsverbands Kinderkrankenpflege das Fach bis zur Novellierung des Gesetzes kaum Nachwuchssorgen gehabt.
Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) warnte vor einer Unterversorgung der Kinderkrankenpflege auch in der Kinder-Intensivmedizin und der operativen Kindermedizin. Dies führe zu Bettenschließungen, Schließungen von Operationssälen geburtshilflichen Einrichtungen oder gar der Schließung ganzer Krankenhäuser für die Notversorgung“, beklagte deren Kongresspräsident Professor Konrad Reinshagen.
Weiteres Ungemach durch Personaluntergrenzen
Auch die sich aktuell im Beratungsprozess befindliche Änderung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung würde die Problematik weiter verschärfen. Zwar sehe der Entwurf einer Erhöhung von Personalstellen vor, die aber kaum den Anforderungen in der pädiatrischen Praxis genügen würden.
DGKJ-Präsident Dötsch begründete dies damit, dass die Stellen in pflegesensitiven Bereichen anhand von Belegungstagen festgelegt werden sollen. Für eine sinnvolle Kalkulation von Pflegepersonaluntergrenzen sei aber eine kinderspezifische Erhebung des Pflegebedarfs und –aufwands unumgänglich, was derzeit nicht vorgesehen ist.
Um eine sinnvolle Kalkulation von Pflegepersonaluntergrenzen auch in der Pädiatrie sicherstellen zu können, müsse daher nun rasch der tatsächliche Aufwand für die kompetente Versorgung kranker Kinder und Jugendlicher ermittelt und kalkuliert werden, forderten die Verbände in Berlin. Eine entsprechende gemeinsame Stellungnahme ist Ende September beim Bundesgesundheitsministerium eingereicht worden, hieß es.