DGKJ-Kongress

Verbände sehen Kinderkrankenpflege gefährdet

Habe es zuvor kaum Nachwuchssorgen in diesem Bereich gegeben, warnen Kongressteilnehmer nach der Umstellung auf die generalistische Pflegeausbildung nun vor fehlenden Ausbildungsplätzen.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie warnte vor einer Unterversorgung der Kinderkrankenpflege.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie warnte vor einer Unterversorgung der Kinderkrankenpflege.

© Ina Fassbender/picture alliance

Berlin. Die Versorgungsqualität für kranke Kinder und Jugendliche gerät durch die unzureichende Umsetzung des Pflegeberufegesetzes zu Lasten der Kinderkrankenpflege und dem dort bereits existierenden Personalmangel zunehmend in Gefahr. Darauf haben die führenden pädiatrischen wissenschaftlichen Gesellschaften beim Hybrid-Kongress für Kinder- und Jugendmedizin in Berlin hingewiesen.

Obwohl hinreichend bekannt ist, dass kranke Kinder mehr Zeit und mehr Aufwand für pflegerische und ärztliche Tätigkeiten benötigen, fänden sich diese Anforderungen nicht in den Vorgaben und Abrechnungsschemata der stationären und ambulanten Versorgung wieder“, kritisierte Professor Jörg Dötsch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ).

Insbesondere die Reform der Pflegeberufe hin zu einer generalistischen Ausbildung wirke sich „in einem bedrohlichen Maß“ aus, bekräftigte Birgit Pätzmann-Sietas, Vorstandsmitglied des Berufsverbands Kinderkrankenpflege. Die Bundesregierung habe sich damit generell eine Verbesserung der Pflegesituation versprochen. Wie von pädiatrischer Seite befürchtet, zeichne sich nun bereits aber ein reduziertes Angebot an Ausbildungsplätzen für die Kinderkrankenpflege ab.

Versorgungskollaps droht

Derzeit böten nur zwei Drittel der Ausbildungsstätten die Vertiefung pädiatrische Versorgung und nur ein Drittel die Spezialisierung in der Kinderkrankenpflege an. „Wir stehen vor einem Versorgungskollaps in der Kinderkrankenpflege in allen medizinisch-pflegerischen Versorgungsbereichen“, warnt Pätzmann-Sietas. Dabei habe nach einer Bestandserhebung des Berufsverbands Kinderkrankenpflege das Fach bis zur Novellierung des Gesetzes kaum Nachwuchssorgen gehabt.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) warnte vor einer Unterversorgung der Kinderkrankenpflege auch in der Kinder-Intensivmedizin und der operativen Kindermedizin. Dies führe zu Bettenschließungen, Schließungen von Operationssälen geburtshilflichen Einrichtungen oder gar der Schließung ganzer Krankenhäuser für die Notversorgung“, beklagte deren Kongresspräsident Professor Konrad Reinshagen.

Weiteres Ungemach durch Personaluntergrenzen

Auch die sich aktuell im Beratungsprozess befindliche Änderung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung würde die Problematik weiter verschärfen. Zwar sehe der Entwurf einer Erhöhung von Personalstellen vor, die aber kaum den Anforderungen in der pädiatrischen Praxis genügen würden.

DGKJ-Präsident Dötsch begründete dies damit, dass die Stellen in pflegesensitiven Bereichen anhand von Belegungstagen festgelegt werden sollen. Für eine sinnvolle Kalkulation von Pflegepersonaluntergrenzen sei aber eine kinderspezifische Erhebung des Pflegebedarfs und –aufwands unumgänglich, was derzeit nicht vorgesehen ist.

Um eine sinnvolle Kalkulation von Pflegepersonaluntergrenzen auch in der Pädiatrie sicherstellen zu können, müsse daher nun rasch der tatsächliche Aufwand für die kompetente Versorgung kranker Kinder und Jugendlicher ermittelt und kalkuliert werden, forderten die Verbände in Berlin. Eine entsprechende gemeinsame Stellungnahme ist Ende September beim Bundesgesundheitsministerium eingereicht worden, hieß es.

Mehr zum Thema

Geplante Abwicklung des ÄZQ zum Jahresende

DEGAM wirbt für Fortsetzung des NVL-Programms

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tierexperiment: Neuer Signalweg identifiziert

Essen in Sicht? Die Leber ist schon aktiv!

Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer