Zunehmende Infektionszahlen

Coronavirus schockt jetzt auch Finanzmärkte

Lange zeigten sich Anleger in der Coronavirus-Krise gelassen, obwohl in China Fabriken stillstehen und der Tourismus schwächelt. In der aktuellen Situation, mit weiter zunehmenden Infektionszahlen, folgt auf die Gelassenheit ein Anflug von Panik.

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Auch Apple wird durch das Coronavirus im Wachstum gebremst: Vor kurzem meldete das Unternehmen Lieferprobleme beim iPhone.

Auch Apple wird durch das Coronavirus im Wachstum gebremst: Vor kurzem meldete das Unternehmen Lieferprobleme beim iPhone.

© Long Wei / Costfoto / picture alliance

Frankfurt/Main. Gerade erst war an den Finanzmärkten die Sorge wegen wirtschaftlicher Folgen des Coronavirus abgeebbt – doch damit ist es jetzt vorbei. Eine rasante Ausbreitung des Virus in Südkorea und Italien hat über das Wochenende die Anleger auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

Aktienkurse brachen zum Wochenbeginn ein, die Ölpreise gaben nach. Gefragt waren hingegen Anlagen wie Gold, Staatsanleihen oder die Krisenwährung US-Dollar, die als „sicherer Hafen“ in Krisenzeiten gelten.

Die Anzahl der Infizierten ist in Italien übers Wochenende deutlich gestiegen. Zudem ist in China die Zahl der Toten durch das Virus sprunghaft angestiegen, auch Südkorea ist zunehmend betroffen.

Wirtschaftliche Schäden durch Produktionsausfälle

„Klar ist, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie erheblich sein werden“, kommentierte Michael Bissinger, Experte bei der DZ Bank. Die wirtschaftlichen Schäden durch Produktionsausfälle, gestörte Lieferketten, eingeschränkte Konsummöglichkeiten und die Ausfälle im Reiseverkehr seien vor allem für China und die asiatischen Anrainerstaaten schon jetzt beträchtlich.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkte bereits seine Wachstumsprognose für China. Auch Unicredit-Chefvolkswirt Erik Nielsen rechnet mit einem deutlichen Konjunkturknick im Reich der Mitte.

Die Wirtschaft des Landes dürfte demnach im ersten Quartal nur noch um drei Prozent wachsen, nach rund sechs Prozent Ende 2019. Angesichts der zuletzt stark gestiegenen Bedeutung Chinas für die Weltwirtschaft werde das entsprechende Auswirkungen auf die globale Konjunktur haben.

Konjunkturerholung könnte sich verzögern

Mit Blick auf Deutschland gehen Volkswirte führender deutscher Finanzinstitute davon aus, dass die Folgen der Epidemie eine Konjunkturerholung verzögern könnten. So ist China ein immens wichtiger Handelspartner Deutschlands. Für die Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen ist China der wichtigste Einzelmarkt.

Unternehmen verkaufen nicht nur Waren nach China, sondern beziehen auch Vorprodukte aus dem Land. Stockt die Produktion in chinesischen Fabriken länger, weil sie wegen des Virus geschlossen bleiben, geraten auch deren Kunden in Bedrängnis.

Der vielleicht prominenteste Fall: Apple kassierte wegen des Coronavirus erst jüngst seine Umsatzprognose für das laufende Quartal wegen Lieferengpässen bei iPhones. Am Montag warnte auch der britische Mischkonzern AB Foods vor Auswirkungen auf seine Textilkette Primark.

Die ersten wirtschaftlichen Folgen würden mittlerweile durch Angebotsengpässe in einigen Industrien sichtbar, konstatiert Unicredit-Experte Nielsen. Dieser Angebotsschock treffe eine Weltwirtschaft, die sich bereits gegen Ende 2019 etwas träger gezeigt habe.

Notenbanken bei Angebotsschock machtlos

Ein zusätzliches Problem bei der aktuellen Entwicklung sieht der Experte in der begrenzten Möglichkeit von Notenbanken, auf solche Angebotsschocks reagieren zu können. So können die Geldhüter zwar bei einer trägen Nachfrage versuchen, etwa mit Billiggeld die Kauflaune von Unternehmen und Konsumenten anzukurbeln. Gibt es aber schlicht wenig oder nichts zu kaufen, nutzt das nichts.

Wird weniger produziert, muss auch weniger transportiert werden. Das bekommen als erstes Logistikkonzerne und Fluggesellschaften zu spüren. Ihre Aktien zählten zum Wochenstart zu den größten Verlierern neben den Papieren deutscher Autobauer. Für den deutschen Leitindex Dax ging es am Vormittag insgesamt um dreieinhalb Prozent abwärts. Auch im Rest Europas sowie in Asien ging es bergab.

Aktien des Tickethändlers und Veranstalters CTS Eventim knickten im MDax der mittleren Werte besonders stark ein – um fast 9 Prozent. Denn in vielen Gegenden Norditaliens ist das öffentliche Leben inzwischen stark beeinträchtigt. Sportveranstaltungen und auch der Karneval von Venedig wurden abgesagt. CTS ist davon direkt betroffen, weil dem Unternehmen der italienische Konzert- und Show-Veranstalter Vivo Concerti gehört. Unter Druck gerieten auch Papiere der Luxusbranche, weil hier ein großer Teil des Umsatzes aus Käufen von Touristen resultiert.

Auch die Ölpreise im Rückwärtsgang, Gold steigt kräftig

Die Konjunkturängste drückten auch auf die Ölpreise. Denn wenn mehr und mehr Länder und Kontinente von dem Virus betroffen sind, dürfte dies erhebliche Bremsspuren bei der Wirtschaftsaktivität und der Reisetätigkeit hinterlassen, erklärte Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Das ohnehin schon bestehende Überangebot am Ölmarkt falle dann noch größer aus.

Gefragt waren hingegen die als sichere Häfen geltenden Anlagen. Staatsanleihen legten kräftig zu, ihre Renditen fielen im Gegenzug. Der Goldpreis stieg auf ein Siebenjahreshoch und näherte sich der Marke von 1700 US-Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). In Euro umgerechnet erreichte der Goldpreis sogar einen Rekord von 1561 Euro. Am Devisenmarkt war der Dollar als Weltreservewährung stark gefragt. Er legte gegenüber zahlreichen anderen Währungen zu – entsprechend gab der Euro gegenüber dem Dollar nach. (dpa)

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