Jederzeit erreichbar

Das belastet viele Arbeitnehmer

Stets für dienstliche Nachfragen da zu sein - das nervt viele Berufstätige, wie jetzt eine Studie belegt. Sie zeigt aber auch: Oft gibt es gar keine Anweisung des Chefs, auch am Feierabend zur Verfügung stehen zu müssen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Nicht jede Medizinische Fachangestellte freut sich, wenn die Teamkollegin aus der Praxis nach Arbeitsende noch eine dienstliche Nachfrage hat.

Nicht jede Medizinische Fachangestellte freut sich, wenn die Teamkollegin aus der Praxis nach Arbeitsende noch eine dienstliche Nachfrage hat.

© luna / fotolia.com

BERLIN. In Arztpraxen ist es keine Seltenheit, dass zum Beispiel voll- oder teilzeitbeschäftigte Medizinische Fachangestellte (MFA) nach Arbeitsende von ihren Teamkolleginnen dienstlich auf dem Handy erreicht werden, weil noch eine Sache in der Praxis unklar ist.

Fehlende Absprachen könnten einer der Gründe dafür sein, warum viele Menschen auch am Feierabend dienstlich erreichbar sind.

Diesen Schluss legt die aktuelle Untersuchung "Ständige Erreichbarkeit: Wie belastet sind wir?" des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) in Dresden nahe.

Danach gehen laut IAG zwar viele Mitarbeiter davon aus, dass ihre Vorgesetzten Erreichbarkeit von ihnen erwarten.

Ausdrückliche Anweisungen hierzu gebe es jedoch nur selten. Eine Möglichkeit, den Stress durch Kommunikation zu verringern, wären demzufolge mehr klare Absprachen.

Studie mit 430 Teilnehmern

Für die Studie befragte das IAG in Kooperation mit der Unfallkasse Hessen nach eigenen Angaben 430 Personen.

Mehr als zwei Drittel der Befragten hätten angegeben, oft oder immer erreichbar zu sein, wenn sie während der Arbeitszeit auf Dienstreise oder im Außendienst sind.

In der Freizeit waren immerhin noch 40 Prozent oft oder immer für dienstliche Belange erreichbar. Nie nach Dienstschluss erreichbar waren nur zehn Prozent.

Als Grund für Erreichbarkeit nannten die Befragten häufig, dass der Vorgesetzte dies erwarte.

"Wenn man diese Menschen allerdings fragt, woher sie das wissen, kommt häufig die Antwort: Ich habe das Gefühl, dass es erwartet wird. Eine ausdrückliche Anweisung liegt nur bei einer Minderheit vor", erläutert Studienautorin und IAG-Psychologin Dr. Hiltraut Paridon.

"Eine klare Abmachung mit dem Vorgesetzten, wann wer im Team erreichbar zu sein hat und wann nicht, sehen daher auch viele als eine Möglichkeit an, Stress durch Erreichbarkeit zu verringern."

Hohe Belastung - in der Arbeitszeit wie in der Freizeit

Die Vereinbarungen sollten die Beteiligten sowohl für die Arbeitszeit als auch für die Freizeit treffen. In der Arztpraxis lässt sich das zum Beispiel leicht in der wöchentlichen Teamsitzung besprechen.

Jedoch stellt nicht nur die Erreichbarkeit nach Feierabend ein Problem dar. Sie wird auch als störender Zeitfresser im Arbeitsalltag gesehen.

"Die meisten der Befragten fühlten sich durch die ständige Erreichbarkeit nicht oder wenig belastet", fasst Paridon die Erkenntnisse aus der Studie zusammen.

Allerdings habe rund jeder Siebte angegeben, sich durch die ständige Erreichbarkeit stark oder sehr stark belastet zu fühlen.

"Diese Teilnehmer gaben an, dass sie auch in ihrer Freizeit nicht abschalten können und das Gefühl hätten, dass ihnen alles zu viel wird."

Das Ausmaß der Belastung sei übrigens in der Arbeitszeit genauso wie in der Freizeit, wie die Psychologin anmerkt.

Außerdem könne man sich ein Beispiel an denen nehmen, die bewusst selten erreichbar sind.

"Nach den Gründen befragt, antworteten diese Teilnehmer, dass sie auch mal abschalten können müssen. Außerdem vertrauen sie darauf, dass ihre Kollegen auch ohne sie die richtigen Entscheidungen treffen", resümiert Paridon.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten

Wettbewerb um Personal

Mit guten Arbeitsbedingungen raus aus der Engpass-Falle bei MFA

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

© Paolese / stock.adobe.com (Model mit Symbolcharakter)

Neuer Therapieansatz bei erektiler Dysfunktion

Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Kranus Health GmbH, München

Weniger Bürokratie

Wie nützt Digitalisierung?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt

Bei Grenzentscheidungen (z.B. kürzlich stattgehabte Operation) gelte es, Rücksprache mit der entsprechenden Fachdisziplin zu halten, betont Dr. Milani Deb-Chatterji.

© stockdevil / iStock

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse