Hartmannbund-Umfrage

Die meisten Ärzte sagen Nein zur Fernbehandlung

Fernbehandlung ohne persönlichen Arztkontakt steht in Modellprojekten vor dem Start. Gleichzeitig bleibt die Behandlung via Skype & Co. unter Ärzten umstritten, wie eine aktuelle Umfrage zeigt.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Der Arzt im Laptop: Beim Ärztetag in Erfurt wird darüber diskutiert, ob das Fernbehandlungsverbot gelockert werden soll.

Der Arzt im Laptop: Beim Ärztetag in Erfurt wird darüber diskutiert, ob das Fernbehandlungsverbot gelockert werden soll.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BERLIN. Das Thema "Fernbehandlung" steht auf der Tagesordnung: Mitte April startet in Baden-Württemberg mit "Doc Direkt" das bundesweit erste Modellprojekt, mit dem Patienten – in Stuttgart und im Landkreis Tuttlingen – ärztliche Fernbehandlung ohne vorherigen persönlichen Kontakt zum Arzt angeboten werden kann – zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherer wohlgemerkt.

Auf dem 121. Deutschen Ärztetag Anfang Mai in Erfurt steht eine weitgehende Lockerung des Fernbehandlungsverbots zur Debatte und zur Abstimmung.

In der Ärzteschaft selbst scheint die Stimmung noch mehrheitlich gegen das Fernbehandlungsgebot gerichtet zu sein. Das geht aus den am Montag vorgestellten Ergebnissen einer Umfrage des Hartmannbunds unter seinen Mitgliedern hervor.

Von mehr als 3800 befragten ambulant und stationär tätigen Ärzten sowie Medizinstudenten antworteten auf die Frage "Sollte das Fernbehandlungsverbot gelockert werden?" 62 Prozent mit Nein.

Unter den niedergelassenen Ärzten knackten die ablehnenden Voten die Zwei-Drittel-Marke (69 Prozent). Die Klinikärzte stimmten zu 61 Prozent gegen eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots.

Sogar der vermeintlich technikaffine Ärztenachwuchs auf den Universitäten sprach sich zu 58 Prozent dagegen aus.

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"Hohes Maß an Diskussions- und Aufklärungsbedarf"

Hartmannbund-Chef Dr. Klaus Reinhardt sieht darin einen deutlichen Fingerzeig. "Es gibt zur Online-Behandlung noch ein hohes Maß an Diskussions- und Aufklärungsbedarf", sagte Reinhardt.

Gerade diejenigen, die vor allem an die Chancen der Digitalisierung glauben und an die Unvermeidlichkeit, sich dieser Entwicklung aktiv zu stellen, müssten alle Anstrengungen unternehmen, sich mit den berechtigten Einwänden der Kolleginnen und Kollegen auseinanderzusetzen, forderte Reinhardt.

Die inhaltliche Diskussion über den Einsatz neuer Medien in der ärztlichen Versorgung dürfe innerhalb der Ärzteschaft nicht auf die lange Bank geschoben werden.

"Die Politik sitzt uns im Nacken", sagte Reinhardt. Der neue Gesundheitsminister Jens Spahn hatte zu seinem Amtsantritt mehr Dynamik beim Thema Online-Behandlung gefordert.

Faktisch rührt der Druck auf die Ärzte, sich mit Online-Behandlungen auseinanderzusetzen, aus dem langsamen, aber spürbaren Verschwinden ärztlicher Versorgung in der Fläche.

Fernbehandlungsverbot in MBO Paragraf 7 verankert

Dass die Modellprojekte in Baden-Württemberg starten, kommt nicht von ungefähr. 460 Hausarztsitze und 110 Facharztsitze sind derzeit im Südwesten nicht besetzt. Von Online-Angeboten versprechen sich die Vertreter der Südwest-KV, den Ärztemangel auf dem Land beherrschbarer zu machen.

Das Fernbehandlungsverbot ist in der Musterberufsordnung der Ärzte (MBO, Paragraf 7) verankert. Demnach dürfen Ärzte Patienten nicht ausschließlich telemedizinisch betreuen.

Nur Patienten, zu denen der Arzt bereits einen persönlichen Erstkontakt hatte, darf er demnach per Telefon oder neuerdings per Bildschirm behandeln.

Bereits der Ärztetag in Freiburg hat 2017 mehrheitlich beschlossen, die geltenden Regelungen zu überprüfen.

Im Mai wird voraussichtlich folgende von der Bundesärztekammer entworfene Formulierung zur Abstimmung stehen: "Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über elektronische Kommunikationsmedien ist erlaubt, wenn dies im Einzelfall ärztlich vertretbar ist." Eine zusätzliche Option also, persönliche Behandlung soll Standard bleiben.

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