Englische Gesundheitsreform macht auch den Privatkliniken zu schaffen

Gesetzlich Versicherte in Großbritannien konnten bislang frei wählen, ob sie ohne Mehrkosten in eine öffentliche oder private Klinik gehen. Jetzt könnte dieses Wahlrecht kippen.

Veröffentlicht:

LONDON (ast). Private Krankenhäuser in Großbritannien fürchten, dass sich die Geschäftsbedingungen für privatmedizinische Anbieter im Königreich als Folge der umfassenden Gesundheitsreformen "dramatisch verschlechtern" werden. Die Branche warnte kürzlich in London vor Arbeitsplatz- und Umsatzverlusten.

Großbritannien hat zwar seit 1948 ein staatliches Gesundheitswesen (National Health Service, NHS). Trotzdem ist die privatmedizinische Versorgung in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. Derzeit verdienen Privatkliniken im Königreich jährlich dreistellige Millionenbeträge mit der Behandlung von NHS-Patienten.

NHS-Patienten haben etwa die Möglichkeit, für ihre Operation anstatt in eine staatliche Klinik lieber in eine Privatklinik einzuchecken. Der NHS übernimmt in vielen Fällen trotzdem die Behandlungskosten. Diese Privatklinik-Option wurde eingeführt, um die Wartezeiten im NHS zu verkürzen. Freilich: Die jüngsten Gesundheitsreformen schränken diese Wahlfreiheit deutlich ein, warnten Privatklinikbetreiber in London.

In Zahlen: Im vergangenen Jahr ließen sich rund 220.000 NHS-Patienten lieber in Privatkliniken therapieren. Der Staat übernahm dafür die Behandlungskosten. Das bescherte privatmedizinischen Anbietern Umsätze von mehr als 400 Millionen Pfund (rund 475 Millionen Euro). Diese Umsätze sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen.

Klinikbetreiber fürchten nun, dass die Geldknappheit im öffentlichen Sektor sowie die umfassenden Gesundheitsreformen der Regierung Cameron 2011 dazu führen werden, dass Patienten nicht länger die freie Wahl zwischen Privatklinik und Staatskrankenhaus haben werden. "Das Gesundheitsministerium reformiert zu schnell und zu viel", beklagte ein Sprecher des größten Privatversicherers BUPA.

Und: "Die Reformen benachteiligen Privatkliniken, da überweisende Primary Care Trusts (PCT) dem behandlungsbedürftigen Patienten nicht länger sowohl staatliche als auch private Kliniken anbieten müssen. Das ist unfair und wird Umsatzverluste in Millionenhöhe nach sich ziehen." PCT sind NHS-Organisationen.

Britische Patientenverbände beobachten die Reformen kritisch. Die haus- und fachärztlichen Berufsverbände sind ebenfalls skeptisch.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Wochenkolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Klinikreform: Kampf um Lauterbachs Erbe

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Let‘s talk about...

Tabuthema Sex: Wie spricht man es in der Sprechstunde an?

Blutzuckervariabilität

Wie die Time Below Range das Diabetes-Management verbessert

Vor der Ferienzeit

Beratungsfall Reisemedizin: Worauf es im Patentengespräch ankommt

Lesetipps
Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Eine Frau liegt auf dem Sofa und hält sich den Bauch.

© dragana991 / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Schmerzerkrankung

Endometriose-Leitlinie aktualisiert: Multimodale Therapie rückt in den Fokus