Interview

"Hausarzt? Echt? Das willst du wirklich machen?"

Bloß nicht in der Dorfpraxis enden: Immer weniger Medizinstudenten wollen Hausarzt werden, suggerieren zumindest die zahllosen Berichte über den Landarzt-Mangel. Florentine Huettl schwimmt gegen den Strom - und weiß, wie sich mehr Mitstreiter gewinnen ließen.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Medizinstudentin im 9. Semester an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz: Florentine Huettl will Hausärztin werden.

Medizinstudentin im 9. Semester an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz: Florentine Huettl will Hausärztin werden.

© privat

Ärzte Zeitung: Es heißt oft, junge Leute hätten keine Lust mehr auf den Beruf Hausarzt. Stimmt das?

Florentine Huettl: Ich glaube eigentlich nicht. Aber ich habe den Eindruck, dass er von den Medien und von anderen Fächern als unattraktiv hingestellt wird. Das Image ist einfach so heruntergewirtschaftet, dass keiner von sich aus sagen möchte, er werde Allgemeinmediziner.

Wie erklären Sie sich das schlechte Image der Hausärzte?

Huettl: In Vorlesungen ist noch zu hören "Das müssen sie auch als Hausarzt erkennen" oder sogar "So was müssen sie selbst als Hausarzt im Hunsrück wissen." Mit dem Tonfall kommt bei den Studenten an, dass der Beruf etwas Minderwertiges sei und das prägt natürlich.

Wie wird denn dann in Studentenkreisen über den Beruf des Hausarztes gesprochen?

Huettl: Die Leute lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Der eine Teil denkt, dass der Hausarzt nur einen Schein ausfüllt und weiterschickt - also selber nichts wissen müsse. Ziemlich langweilig also.

Der andere Teil sagt wiederum "Also ich will kein Hausarzt werden, das ist mir zu schwer. Dann musst du dich in allen Fächern auskennen." Beides schreckt erst mal die ab, die sich wirklich mit dem Beruf auseinandersetzen wollen.

Wieso steht der Beruf Hausarzt auf Ihrem persönlichen Zukunftsplan so weit oben?

Huettl: Ich finde es toll, dass man ganze Familien kennenlernt. Als Facharzt sieht man seine Patienten nicht so häufig und wird eher als Dienstleister gesehen. Man nimmt als Hausarzt mehr am Leben der Menschen teil.

Außerdem reizt mich das breite Spektrum an Aufgaben. Im Praktikum habe ich in acht Tagen viele verschiedene Krankheitsbilder gesehen.

Auch wenn der Großteil eher aus den typischen Grippe- und Magen-Darm-Fällen bestand, gab es auch außergewöhnlichere Fälle, wie einen Herzinfarkt, einen akuten Harnverhalt und auch Patienten mit psychischen Problemen. So eine Bandbreite gibt es in anderen Fachrichtungen eher weniger.

War das Praktikum Grund dafür, dass sie nun auch Hausärztin werden wollen?

Huettl: Ja. Das Praktikum war in einer etwas außerhalb gelegenen Praxis. Das Tollste war, dass ich am dritten Tag sogar ein eigenes Sprechzimmer bekam. Dort konnte ich selbstständig Anamnesen und Untersuchungen durchführen, um daraus eigene Therapiekonzepte auszuarbeiten. Alles wurde dann mit dem Arzt noch mal durchgesprochen.

Das war das erste Mal im Studium, dass ich wirklich das Gefühl hatte, angehende Ärztin zu sein. Es war auch viel greifbarer als in der Klinik. Da sitzt man ja öfter hinten drin und ist eher Randspieler.

Was halten Sie von den Kampagnen, die für den Beruf als Hausarzt auf dem Land werben?

Huettl: Die meisten Studenten, die ich kenne, möchten nicht aufs Land ziehen, auch wenn es finanziell gefördert wird. Geld halte ich auch für die falsche Motivation. Damit entstehen Hausärzte aus den verkehrten Gründen.

Darunter leidet dann wieder das Image des Fachs und die Probleme werden größer. Man sollte vielleicht davon wegkommen und andere Konzepte für die Probleme auf dem Land entwickeln.

Ich kann zum Beispiel nicht aufs Land, da mein Mann mit seiner Berufsausrichtung, Probleme hätte, einen Job zu finden. Wir sind im Studium zu 70 Prozent Frauen. Das alte Konzept, nach dem der Hausarzt seine Frau mit aufs Land nimmt, und am besten noch als Arzthelferin einsetzt, passt nicht mehr.

Was würden Sie tun, damit die Allgemeinmedizin in Zukunft bei den Studenten höher im Kurs steht?

Huettl: Ich würde den Beruf vielleicht weniger druckvoll bewerben. Es wirkt, als ob der Beruf einen Krückstock braucht, um überhaupt zu existieren. Dadurch fühlt er sich unattraktiv an. Gute Praktika und gute Lehre sind das A und O. Es ist eigentlich ganz simpel.

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Kommentare
Dr. Richard Barabasch 04.02.201415:00 Uhr

"Eigentlich ganz simpel"

meint eine Kollega, die Hausärztin werden möchte. Recht hat sie . . . teilweise. Auf''s Land will auch sie nicht - und hat ihre Gründe. Aber sie sprcciht zwei Dinge aus, die immer noch Wunschdenken aller selbsternannten "Regisseure" der Land-Hin-Flucht sind: 70 %, in Worten: siebzig! der Studierenden in Medizin sind Frauen UND das "Bild vom Dr. und siner Fru als Arzthelferin kannst'' vergessen". Fraglos kommt der Nachwuchs aus Uni''s, die verstehen, in ihrem Umfeld Hausarztpraxen zur Kooperation mit ihnen zu gewinnen (in meinem Fall war/ist das die Uni Heidelberg gewesen), jedoch ist das keineswegs bereits die Lösung des Problem''s. Denn in einer solchen "akademischen Lehrpraxis" kann die/der interessierte Studen/in auch bemerken, dass sie/er sich "sowas nicht antut". Und so bleibne ich bei meiner immer wieder (ungehört und unakzeptiert)vorgetragenen Meinung: so lange sich nicht schnellstens an den bürokratischen Umständen UND NUR AN DIESEN der hausärztlichen Tätigkeit nicht ändert, geht die Abwärtsfahrt ungehindert weiter. Ein Klinisch ausgebildeter Mensch kann nämlich in einer Hausarztpraxis nicht durchstarten, sondern er MUSS NEU und ZULERNEN - nur eine noch andere Bürokratie, die er bereits in der klinischen Aubildung verachten gelernt hat,
meint
Dr. Richard Barabasch

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