Flutkatastrophe

Klinik-Versorgung in Hochwasser-Gebieten muss neu konzipiert werden

In den von Hochwasser stark betroffenen Regionen Deutschlands muss die stationäre Versorgung neu organisiert werden. In Bad Neuenahr etwa entsteht ein mobiles Krankenhaus.

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Bad Neuenahr: Die medizinische Infrastruktur ist stark beeinträchtigt. Ein Helfer von den Maltesern geht seinen Weg durch die verheerte Stadt.

Bad Neuenahr: Die medizinische Infrastruktur ist stark beeinträchtigt. Ein Helfer von den Maltesern geht seinen Weg durch die verheerte Stadt.

© Abdulhamid Hosbas / AA / picture alliance

Mainz. Ein mobiles Krankenhaus der Johanniter aus Niedersachsen ist am Montag in das von der Flutkatastrophe besonders getroffene Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz verlegt worden.

Die etwa 90 Helfer errichteten zwei medizinische Anlaufstellen für die Bevölkerung, wie die Johanniter-Unfallhilfe in Hannover mitteilte. In der Stadt im Ahrtal sei die Gesundheitsversorgung seit der verheerenden Flut vergangener Woche stark eingeschränkt. Die mobile Krankenstation mit ihrer autonomen Versorgung könne jede Stunde bis zu 50 Verletzte behandeln, hieß es.

Die Unterstützung durch ein mobiles Krankenhaus ist in Bad Neuenahr dringend nötig. Denn hier musste unter anderem das Marienhaus-Klinikum seine Dienste erheblich einschränken, berichtet der Geschäftsführer der rheinland-pfälzischen Krankenhausgesellschaft (KGRP), Andreas Wermter, der „Ärzte Zeitung“.

Zwar liege die Klinik etwas erhöht, aber der Ausfall von Strom und Wasser habe eine Evakuierung notwendig gemacht. Der stationäre Betrieb müsse dort vermutlich für mehrere Wochen eingestellt werden, eine Notfallversorgung von Patienten sei aber möglich, so Wermter.

Kostenträger signalisieren Unterstützung

Geräumt werden mussten in Bad Neuenahr unter anderem auch die DRK-Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie die Dr. von Ehrenwallsche Klinik, ein privates Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie. Die Venen-Clinic bietet vorübergehend nur noch Notfallsprechstunden an.

Die Verlegung der Patienten habe insgesamt gut funktioniert, berichtet Wermter. Jetzt müsse man schauen, wie zum Beispiel die teilstationären Patienten der Psychiatrie weiterversorgt werden könnten. Diese hätten teilweise über viele Jahre ein Vertrauensverhältnis zu ihren Therapeuten aufgebaut. Es müssten eventuell woanders Räume angemietet werden, in denen diese Patienten weiterbehandelt werden können. Die Kostenträger hätten schon signalisiert, dass sie eine Behandlung an einem anderen Standort akzeptieren würden.

Entsprechende Zeichen sendet der Leiter der vdek-Landesvertretung Martin Schneider an die Öffentlichkeit. Bereits in der Vergangenheit hätten die Ersatzkassen für Krankenhäuser, die wegen Hochwassers evakuiert werden mussten, unkomplizierte Regelungen für deren finanzielle Stabilität gefunden, so Schneider in einem Statement.

Die Ersatzkassen suchten „zur Entlastung der Leistungserbringer unkomplizierte und unbürokratische Wege was etwa den Ort der Leistungserbringung oder die Abrechnung von Leistungen bei verlorenen gegangenen Unterlagen angeht“, schreibt Schneider.

Koordinierungsstelle für medizinische Leistungen wäre sinnvoll

KGRP-Geschäftsführer Wermter hat zudem Vertrauen in die politischen Strukturen des Landes. Er gehe davon aus, dass bei der Suche nach Lösungen für ausstehende Gehälter der Mitarbeiter in den evakuierten Kliniken und Erlöseinbußen von Krankenhäusern gemeinsam mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer und den Fachministern Lösungen gefunden werden.

Damit die medizinische Versorgung möglichst schnell in den betroffenen Regionen wieder gut funktioniert, schlägt Wermter eine Koordinierungsstelle vor. Dort sollte es einen Überblick geben, wer wo wieder welche medizinischen Leistungen erbringen kann.

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Mitgefühl mit den Beschäftigten in den betroffenen Kliniken seines Bundeslandes zeigt der Präsident der Landeskrankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen Jochen Brink. „Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von denen sehr viele zuletzt ihre ganze Energie in die Bewältigung der Corona-Pandemie gesteckt haben, hat dieser unerwartete Ernstfall eine enorme Kraftanstrengung gefordert“, so Brink zur „Ärzte Zeitung“. Ihnen gelte Anerkennung und Anteilnahme. Denn viele seien selbst vom Hochwasser betroffen und in Sorge um ihre Familie und ihr Zuhause gewesen.

Dass das Hochwasser auch die Krankenhäuser getroffen habe, die eigentlich als verlässliche Säule des Rettungswesens gebraucht würden, zeige den Ernst der Katastrophe. Deshalb müsse sichergestellt werden, dass die betroffenen Kliniken schnellstmöglich wieder ihre Arbeit als Teil der wichtigsten Infratsruktur aufnehmen könnten. (chb/dpa)

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