Mainzer MDR-Forum

MedTech-Anbieter haben Corona-Verschnaufpause nicht genutzt

Zum 26. Mai 2021 greifen EU-weit schärfere Regeln für die Zulassung von Medizinprodukten. Die Verschiebung des Geltungsbeginns um ein Jahr nutzen viele MedTech-Anbieter aber offenbar nicht, um sich in puncto MDR auf die Hinterfüße zu stellen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Wegen Corona hat die EU den Geltungsbeginn der novellierten Medizinprodukteverordnung um ein Jahr nach hinten verlegt. Viele Unternehmen nutzen diesen Zeitgewinn aber offensichtlich nicht, um sich auf verschärfte Zulassungsregeln angemessen vorzubereiten.

Wegen Corona hat die EU den Geltungsbeginn der novellierten Medizinprodukteverordnung um ein Jahr nach hinten verlegt. Viele Unternehmen nutzen diesen Zeitgewinn aber offensichtlich nicht, um sich auf verschärfte Zulassungsregeln angemessen vorzubereiten.

© AIDAsign / stock.adobe.com

Mainz. Mit ihrer Anfang April getroffenen Entscheidung, das Inkrafttreten der novellierten EU-Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation/MDR) vom 26. Mai dieses Jahres um ein Jahr zu verschieben, hat die EU-Kommission eine – pandemiebedingte – Gnadenfrist eingeräumt, sich auf verschärfte Zulassungsvoraussetzungen für bestimmte Medizinprodukte vorzubereiten. Flankiert von einem Positionspapier des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) appellierte die deutsche MedTech-Branche an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), im Rahmen der gegenwärtigen EU-Ratspräsidentschaft die Weichen für einen reibungslosen Start der MDR auf europäischer Ebene zu stellen.

Fachkräftemangel trifft KMU besonders hart

93 Prozent der deutschen Medizintechnikunternehmen haben weniger als 250 Mitarbeiter, sind damit den kleineren und mittelständischen Unternehmen (KMU) zuzuordnen. „Insbesondere Hersteller niedrig klassifizierter Medizinprodukte sind in puncto MDR aus unserer Sicht als Benannte Stelle nicht so weit, wie sie mit Blick auf die verbleibenden Monate bis zum Geltungsbeginn eigentlich sein sollten“, attestierte Martin Witte, beim TÜV Süd Global Director Active Implantable&Cardiovascular Devices, am Mittwoch beim gemeinsamen virtuellen MDR-Forum der rheinland-pfälzischen Ministerien für Wirtschaft und Gesundheit in Mainz. Die KMU berichten seit Jahren auf Branchenforen, dass sie massive Schwierigkeiten hätten, für die MDR-Belange entsprechend qualifizierte Fachkräfte zu finden.

Witte sprach von einer teils hohen Verunsicherung seitens der KMU, da unter der MDR für bestimmte Medizinprodukte klinische Studien für die Konformitätsbewertung – und damit zur Marktzulassung – erforderlich werden. „Hier herrscht oft schon Verwirrung, was denn klinische Bewertung und was klinische Prüfung ist“, so der Zulassungs-Experte. Die klinische Bewertung beginne mit der Produktidee, verdeutlichte Witte. Zeichneten sich gewisse Risiken für Patienten ab, so resultiere daraus erst die potenzielle regulatorische Notwendigkeit einer klinischen Prüfung, ergänzte er.

Eudamed-Start könnte sich weiter verzögern

Wie Dr. Ulf Schriever, beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Referent für Klinische Prüfungen, im Rahmen des Mainzer MDR-Forums sagte, könne sich der Start der europäischen Datenbank Eudamed weiter verzögern – zuletzt war dieser für 2022 angepeilt. Diese Datenbank soll die nationalen Lösungen der EU-Mitgliedstaaten ablösen. So sollen die bisher auf einzelstaatlicher Ebene erhobenen Daten zentral zusammengeführt werden. Dies betrifft laut BfArM „Anzeigen zu Herstellern, Bevollmächtigten und Produkten, Angaben im Zusammenhang mit Bescheinigungen – ausgestellt, verlängert, geändert, ergänzt, ausgesetzt, zurückgezogen oder verweigert –, Angaben gemäß Beobachtungs- und Meldeverfahren und Informationen zu klinischen Prüfungen.“

Laut Schriever werde das BfArM bis zum Eudamed-Start das bisherige Medizinprodukte-Informationssystem nutzen, um entsprechende Angaben für Interessierte transparent zu machen.

Hersteller erhält das Recht zur Stellungnahme

Eine wesentliche Änderung zugunsten des Herstellers räumt die MDR der Branche gegenüber der bisherigen Praxis ein, hob Susanne Schladt, GCP-Inspektorin beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz, hervor. Werde sie künftig als Überwachungsbehörde beim Prüfzentrum oder Sponsor einer klinischen Prüfung tätig, so erhalte das Unternehmen mit der MDR das Recht auf eine Stellungnahme, bevor ihre Behörde den Inspektionsbericht finalisiere und zu Eudamed transferiere.
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