Bewertungsportale

Meinungsfreiheit bringt auch für die Arztbewertung Spielraum

Arztbewertungsportale dürfen sich bei der angegebenen Durchschnittsnote auf eine Auswahl „empfohlener“ Bewertungen stützen.

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Wie authentisch sind Patientenfeedbacks in einem (Arzt-)Bewertungsportal? Die Betreiber haben das Recht, Einträge zu prüfen und gegebenenfalls nicht zu berücksichtigen.

Wie authentisch sind Patientenfeedbacks in einem (Arzt-)Bewertungsportal? Die Betreiber haben das Recht, Einträge zu prüfen und gegebenenfalls nicht zu berücksichtigen.

© [M] Danielle Bonardelle / stock.adobe.com

Karlsruhe. Auf einem Bewertungsportal im Internet angegebene Durchschnittsnoten müssen sich nicht auf sämtliche abgegebene Bewertungen stützen. Es ist zulässig, dass die Betreiber nur „empfohlene“ Bewertungen berücksichtigen, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Als Konsequenz dürfen auch Arztbewertungsportale aus ihrer Sicht ungeeignete Bewertungen außen vor lassen, etwa weil sie veraltet oder mutmaßlich nicht authentisch sind.

Jameda zufrieden mit Urteil

Nach Ansicht des Internet-Branchenverbandes Bitkom hat der BGH damit „gleichermaßen den Verbraucherschutz wie die Rechtssicherheit von Plattformbetreibern gestärkt“. Für unabhängige und verlässliche Noten müssten Plattformen „gefälschte, gekaufte und nicht vertrauenswürdige Bewertungen herausfiltern“.

Ähnlich äußerte sich auch das Arzt-Bewertungsportal Jameda. „Zu Recht erwarten Ärzte und Patienten, dass wir mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein die Authentizität der Patientenfeedbacks gewährleisten. Entsprechend begrüßen wir, dass der BGH die Mechanismen zur Qualitätskontrolle von authentischen Bewertungen stärkt, um Manipulationsversuche zu unterbinden“, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage der „Ärzte Zeitung“. Jameda verbinde dabei einen Prüfalgorithmus und eine Prüfung durch Menschen.

„Intransparente“ Auswahl in der Kritik

Vor dem BGH ging es um den deutschen Ableger des US-Portals Yelp. Neben der angezeigten Gesamtnote wird dort die Zahl der „empfohlenen Beiträge“ genannt. „Nicht empfohlene“ Bewertungen bleiben bei der Berechnung unberücksichtigt. Die Einteilung erfolgt automatisch, allein mit einem Software-Algorithmus.

Renate Holland, die als frühere Bodybuilding-Weltmeisterin inzwischen mehrere Fitnessstudios betreibt, war mit diesem Vorgehen nicht einverstanden. Die Auswahl sei intransparent; es müssten alle Bewertungen in die Durchschnittsnote eingehen.

Im Karlsruher Leitfall war für eines der Fitnessstudios am Streittag 7. Februar 2014 nur eine einzige Bewertung mit drei von fünf Sternen berücksichtigt worden. 24 ältere Beiträge mit überwiegend positiven Bewertungen blieben als „momentan nicht empfohlen“ außen vor.

Nach gegenläufigen Entscheidungen der Vorinstanzen wies nun der BGH die Klage ab. Insbesondere habe Yelp auf seiner Plattform nicht wahrheitswidrig behauptet, dass die angegebene Durchschnittsnote auf allen abgegebenen Bewertungen beruht. Denn neben der Note werde ausdrücklich die Zahl der „empfohlenen Beiträge“ genannt. „Unvoreingenommene und verständige Nutzer“ könnten dem entnehmen, dass auch nur diese „empfohlenen Beiträge“ Grundlage der Berechnung sind.

Meinungsfreiheit stützt Urteil

Die Einteilung in „empfohlene“ oder „nicht empfohlene“ Beiträge sei „durch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit geschützt“, urteilte der BGH. „Ein Gewerbetreibender muss Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen.“

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Berlin forderte Klarheit für die Nutzer, nach welchen Kriterien nichtberücksichtigte Bewertungen aussortiert werden. (mwo)

Bundesgerichtshof, Az.: VI ZR 496/18 und weitere

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