Kommentar zur Bonner Erklärung

Nur ein Papiertiger?

Die Forschung ist frei. Das gilt nicht überall in Europa. Die Bonner Erklärung der EU-Forschungsminister soll Abhilfe schaffen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

Innovation – fast egal, in welchem Bereich – beruht auf wissenschaftlicher Forschung. Mit im Boot sind in der Regel Hochschulen und Institute, deren Arbeit voll oder teilweise vom Staatssäckel abhängt. Forschung ist frei, lautet das Credo der Bundesrepublik ebenso wie der EU. Soweit die Theorie.

In der Praxis verfahren aber vor allem auch einige EU-Mitgliedstaaten, die noch keine lange Tradition als Demokratie vorweisen können, nach dem Motto „Wer zahlt, der bestimmt die Musik“. Wie die jüngste Vergangenheit zeigt, versuchen Regierungen, Universitäten an die Kandarre zu legen. Soll sich die Forschung nach Staatsinteressen ausrichten, haben es vor allem Regimegegner schwer, wenn sie hauptberuflich in der forschenden Wissenschaft tätig sind.

Damit soll nun Schluss sein, wenn es nach dem Willen der EU-Kommission geht. Sie hat Vorschläge für ein abgestimmtes Eintreten für die Freiheit und deren Verteidigung erarbeitet. Am Dienstag fand in Bonn die dazugehörige Konferenz der EU-Forschungsminister statt, die – unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft – mit der Bonner Erklärung den Weg zur Freiheit der Wissenschaft in Europa ebnen wollen. Bevor die Bonner Erklärung in Kraft treten kann, muss sie erst von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden – womit Bundesforschungsministerin Anja Karliczek „binnen Tagen und Wochen“ rechnet, wie sie am Dienstag in Bonn vollmundig verkündete.

Soweit nicht klar ist, welche Sanktionen drohen und ob diese einschüchternd wirken können auf Regierungen, wird das Bonner Dokument ein Papiertiger bleiben. Hier ist der Gestaltungswille der EU gefragt – und deren Entschlossenheit, Verstöße gegen die Freiheit der Wissenschaft auch wirklich zu ahnden.

Schaut man sich aber an, wie in der jüngeren Vergangenheit seitens der EU mit Polen und vor allem Ungarn umgegangen wurde, so ist zu vermuten, dass die Tigerkrallen weitgehend eingefahren bleiben werden, wenn es zum Angriff auf schwarze Schafe gehen soll.

Schreiben Sie dem Autor: matthias.wallenfels@springer.com

Lesen Sie auch
Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Von der Grundlagenforschung zu wegweisenden Therapien

© Alnylam

Pionier der RNAi-Technologie

Von der Grundlagenforschung zu wegweisenden Therapien

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Alnylam Germany GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Blutzuckervariabilität

Wie die Time Below Range das Diabetes-Management verbessert

Vor der Ferienzeit

Beratungsfall Reisemedizin: Worauf es im Patentengespräch ankommt

Lesetipps
Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Eine Frau liegt auf dem Sofa und hält sich den Bauch.

© dragana991 / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Schmerzerkrankung

Endometriose-Leitlinie aktualisiert: Multimodale Therapie rückt in den Fokus