Rote Karte für aggressive Patienten

Wer in Apotheke oder Praxis täglich im Kontakt zu Patienten steht, hat schon manch heftige Schimpftirade erlebt. Eine Studie hat nun ergeben, dass der Umgangston in Servicebereichen generell aggressiver geworden ist.

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Ein "Nein" reicht oft zum "Hochgehen".

Ein "Nein" reicht oft zum "Hochgehen".

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In der Studie unter Professor Matthias Neu von der FH Darmstadt waren 102 Unternehmen mit intensivem Kundenkontakt - darunter auch Unternehmen der Gesundheitsbranche - befragt worden. 52 Prozent von ihnen berichteten von Problemen mit aggressiven Kunden.

Bereits zwei und vier Jahre zuvor war eine ähnliche Befragung erfolgt. Nach den aktuellen Ergebnissen kommt es vor allem bei Kundengesprächen im direkten Kontakt und zunehmend auch am Telefon zu Beleidigungen und Drohungen.

Gelegentlich kommt es aber auch zu Sachschäden und in seltenen Fällen sehen sich die Mitarbeiter sogar mit körperlichen Angriffen bis hin zu Auseinandersetzungen mit Waffengewalt konfrontiert. Bei den auftretenden Konfliktsituationen spielt das Geschlecht der Beschäftigten nur eine untergeordnete Rolle.

Der Befragung zufolge sind Männer und Frauen gleichermaßen betroffen. Aktuell glauben insgesamt 54 Prozent der Unternehmen an eine zunehmende Gewaltbereitschaft, 2008 waren es lediglich 49 Prozent.

Auslöser für aggressive Attacken sind nach den Erfahrungen von Neu meist negative Nachrichten kombiniert mit einer persönlichen Konfliktsituation oder Stress. Dann reiche es etwa, wenn ein Kunde in der Apotheke sein gewünschtes Medikament nicht erhalte oder der Arzt den Patienten zu lange warten lässt.

Manch ein Querulant habe auch einfach gelernt, dass er seinen Willen bekommt, wenn er auf den Putz haut. Insgesamt hat Neu bei seinen Befragungen festgestellt, dass der Umgang mit Kunden/Patienten in den vergangenen Jahren schwieriger geworden ist. "Zahl und Intensität der - meist verbalen - Attacken haben zugenommen." Dennoch seien sie weiter eher die Ausnahme als die Regel.

Nichts desto trotz empfiehlt Neu, Mitarbeiter auf solche Situationen vorzubereiten. Wichtig sei es, möglichst früh zu erkennen, dass ein Kunde womöglich gleich explodiert und dann mit ruhiger Stimme und Abstand zu reagieren.

Schutzmaßnahmen könnten auch bedeuten, darauf zu achten, dass keine Gegenstände greifbar sind, wie Scheren oder Spritzen, die spontan als Waffe genutzt werden könnten. Schulungen zu Deeskalationsstrategien stärkten außerdem das Selbstbewusstsein von Mitarbeitern. "Im Ernstfall steht man dann nicht wie das Kaninchen vor der Schlange", so Neu. (run)

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