Teilzeitjob: Wann haben Mitarbeiter die Wahl?

Praxismitarbeiter, die mehr Freizeit haben wollen, haben per Gesetz einen Anspruch auf Reduzierung. Allerdings besteht dieser Anspruch vornehmlich in Großpraxen. Kleinpraxen hingegen genießen besonderen Schutz.

Von Wolfgang Büser Veröffentlicht:
Kind und Fulltimejob, das birgt Probleme. Wer länger als sechs Monate in der Praxis arbeitet, darf daher oft per Gesetz reduzieren.

Kind und Fulltimejob, das birgt Probleme. Wer länger als sechs Monate in der Praxis arbeitet, darf daher oft per Gesetz reduzieren.

© Werner Heiber / fotolia.com

Ob es aus reiner Lust auf mehr Freizeit geschehen soll oder ob familiäre oder andere Zwänge dazu raten: Arbeitnehmer können von ihrem Arbeitgeber die Zustimmung dazu verlangen, künftig weniger als die bisher vertraglich vereinbarte Arbeitszeit tätig zu sein. Das "Teilzeit- und Befristungsgesetz" ist die Rechtsgrundlage dafür.

Doch es müssen gewisse Bedingungen vom Praxismitarbeiter und auch vom Praxischef erfüllt werden - und diese Regeln kommen Kleinpraxen zugute:

  • Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestehen.
  • Im Betrieb (also der Praxis oder dem MVZ) sind - von Auszubildenden abgesehen - regelmäßig mindestens 15 Arbeitnehmer beschäftigt.
  • Der Arbeitnehmer hat die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend zu machen, damit der Arbeitgeber sich auf die neue Situation einstellen kann.
  • Mit dem Arbeitgeber ist dann "Einvernehmen über die festzulegende Verteilung der Arbeitszeit" zu erzielen.
  • Der Arbeitgeber "hat" der Verringerung der Arbeitszeitverkürzung zuzustimmen
  • (er darf sie also nicht ablehnen) und die Verteilung entsprechend dem Arbeitnehmerwunsch festzulegen, "soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen". Ein solcher betrieblicher Grund könnte darin liegen, dass es ihm organisatorisch nicht möglich ist, auf die Arbeitskraft des Mitarbeiters teilweise zu verzichten. Das könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn er für ein spezielles Aufgabengebiet nur einen Mitarbeiter beschäftigt und es kaum möglich erscheint, für die ausfallende Arbeitszeit eine entsprechend qualifizierte Ersatzkraft einstellen zu können.
  • Es sind bestimmte Regularien einzuhalten. So hat der Arbeitgeber seine Entscheidung dem Arbeitnehmer bis einen Monat vor dem Wunschtermin schriftlich mitzuteilen. Tut er das nicht, kann der Mitarbeiter auf die Umsetzung seiner Forderung bestehen. Andererseits kann der Arbeitgeber die neue Arbeitszeit wieder ändern, "wenn das betriebliche Interesse daran das des Arbeitnehmers an der Beibehaltung überwiegt".

Auch in Kleinpraxen lässt sich manches umsetzen

Aber auch in Kleinpraxen mit vielleicht nur zwei oder drei Angestellten sollte nicht gleich abgeblockt werden, will eine Mitarbeiterin auf Teilzeit umstellen. Wer sich ein zufriedenes und motiviertes Team wünscht, sollte zumindest gemeinsam mit diesem Team versuchen, eine Lösung für die Teilzeitwünsche zu finden.

Doch es gibt auch den umgekehrten Fall: Will ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer (wieder) länger arbeiten, so hat der Arbeitgeber ihn "bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen" - von Ausnahmen abgesehen.

Teilzeitarbeit ist immer wieder auch ein Thema vor den Arbeitsgerichten. Für Praxisinhaber sind hier zwei maßgebliche Urteile der Landesarbeitsgerichte (LAG) interessant:

1. Will eine Praxismitarbeiterin von Voll- auf Teilzeitarbeit übergehen, so kann der Arzt dem nicht unter Hinweis darauf widersprechen, sein Organisationskonzept beruhe ausschließlich auf Vollzeittätigkeit. Er müsste konkrete Umstände darlegen, "inwiefern dieses Konzept dem Teilzeitwunsch der Arbeitnehmerin tatsächlich entgegensteht und mit ihrem Begehren durch eine zumutbare Änderung der Betriebsabläufe nicht in Deckung gebracht werden kann" (LAG Köln, Az.: 3 Sa 1593/05).

2. Junge Mütter oder Väter haben zwar auch während der Elternzeit das Recht, in Teilzeit weiterzuarbeiten, können dies aber gegen den Arbeitgeber nicht durchsetzen, wenn sie weniger als 15 Wochenstunden tätig sein wollen. Zwar könne auch eine kürzere Arbeitszeit vereinbart werden - aber nur im beiderseitigen Einvernehmen (LAG Schleswig-Holstein, Az.: 6 Sa 43/08).

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