Vorstoß

Zwei Regierungschefs wollen AstraZeneca-Dosen „sofort für alle freigeben“

Liegengebliebener Impfstoff von AstraZeneca sollte schnellstmöglich verimpft werden, da sind sich die Ministerpräsidenten Söder und Kretschmer einig. Außerdem sollten Hausärzte in ihren Praxen gegen COVID-19 impfen dürfen, und in Hotspots braucht es besondere Impfregeln.

Sven EichstädtVon Sven Eichstädt Veröffentlicht:
Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern (r.), konferiert online mit seinem sächsischen Amtskollegen Michael Kretschmer über das gemeinsame Vorgehen in der Corona-Pandemie.

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern (r.), konferiert online mit seinem sächsischen Amtskollegen Michael Kretschmer über das gemeinsame Vorgehen in der Corona-Pandemie.

© Peter Kneffel / dpa

Dresden/München. Die Ministerpräsidenten von Bayern und Sachsen, Markus Söder (CSU) und Michael Kretschmer (CDU), sowie die Sächsische Landesärztekammer sprechen sich für eine Aufhebung der Priorisierung des AstraZeneca-Impfstoffes aus. „Im Grunde genommen müsste man den Impfstoff von AstraZeneca sofort für alle freigeben“, verlangte Söder am Montag in München. Jeder, der sich impfen lassen wolle, müsse sich auch impfen lassen können. „Jede Impfdose muss verimpft werden, wo es nur geht.“

Söder ergänzte, es müssten Hausärzte, Betriebsärzte und Schulärzte für die Impfungen einbezogen werden. „Hausärzte wissen auch am besten, wer chronisch krank ist“, so der Ministerpräsident. „Nur so können wir den dramatischen Rückstand, den Deutschland beim Impfen hat, aufholen.“

Hausärzte mit ins Boot

In Sachsen müssen Menschen, die unter 65 Jahre alt sind und bestimmte Vorerkrankungen haben, derzeit erst zum Hausarzt gehen und sich die jeweilige Diagnose bescheinigen lassen, bevor sie sich für einen Impftermin mit dem AstraZenaca-Vakzin registrieren können. Söder fügte an, das jetzige Impfsystem sei ein „Mangelimpfsystem und kein Massenimpfsystem“.

Ärztekammerpräsident Erik Bodendieck führte zur Begründung an, die Priorisierung sei „bereits jetzt durch nicht nachvollziehbare politische Entscheidungen quasi außer Kraft gesetzt“. Für das Impfen in Arztpraxen stehe „Impfstoff ausreichend wegen Falschinformationen zur Verfügung“ und lagere in Impfzentren. In Sachsen ist bislang allerdings nur ein Test bei 40 Hausärzten zum Impfen geplant. Sozialministerin Petra Köpping (SPD) hatte für diese Woche den Beginn angekündigt und außerdem gesagt, sie könne nicht sagen, wann in Sachsen das Impfen bei niedergelassenen Ärzten möglich sei.

Besonderes Impfregime für Hotspots

Söder und Kretschmer sprachen sich außerdem dafür aus, dass in den Regionen Bayerns und Sachsens, die an Tschechien grenzen, jetzt schon möglichst alle Erwachsenen geimpft werden sollten. „Wir brauchen ein besonderes Impfregime für Hotspots“, verlangte Kretschmer. „Neben den Kriterien der STIKO müssen noch weitere Kriterien hinzukommen.“ Er führte als Beispiel den Vogtlandkreis heran, wo „alle Menschen über 18 Jahre geimpft werden“ sollten. Im Vogtlandkreis lag der Inzidenzwert am Montag laut Sozialministerium bei 231, in ganz Sachsen bei 84. „Wir brauchen mehr Impfstoff von AstraZeneca für die Hotspots und Grenzregionen“, sagte Söder. „In Hotspots kann man erst später wieder öffnen, dafür muss man dort schneller immunisieren.“

Söder und Kretschmer wollen außerdem sicherstellen, dass in den beiden Freistaaten alle positiven PCR-Tests auf Virusmutationen hin untersucht werden. „Die britische Mutation ist auf dem Vormarsch“, sagte Kretschmer. „In dieser Zeit kann es keine großen Öffnungen geben.“

Uneinigkeit bei Öffnungen

Allerdings ist sich in dieser Frage die sächsische Staatsregierung uneinig. Denn Kulturministerin Barbara Klepsch und Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt (beide CDU) verlangten eine „klare Öffnungsperspektive für Einzelhandel, Kultur, Gastronomie, Tourismus und die Veranstaltungswirtschaft“. Dabei sollten „nicht statische Inzidenzwerte herangezogen“ werden, sondern das „tatsächliche, individuelle Infektionsrisiko“. Söder hingegen sagte, es dürfe „keinen Öffnungsrausch“ geben, sondern ein „kluges, ausbalanciertes Öffnen“. Nötig sei ein „vorsichtiger Weg mit dem Kompass und kein Blindflug in die dritte Welle hinein“.

Ärztekammerpräsident Bodendieck forderte eine „Teststrategie, welche ihren Namen verdient.“ Damit meint er „mindestens zweimal pro Woche Schnelltests durch geschultes Personal für jeden“. Söder wies darauf hin, dass es bei einem Schnelltestkonzept wichtig sei zu wissen, „wie schnell wirken sie und wie gut weisen sie nach“. Kretschmer sagte, Schnelltests seien eine „Frage des Preises und der Praktikabilität“. Wenn es mit Schnelltests möglich sei, könnte eine Schulöffnung nach den Osterferien möglich sein, fügte der Ministerpräsident an. „Aber nicht morgen und auch nicht in absehbarer Zeit.“

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