Bessere Strategien gegen gefährliche TB-Erreger

ST. PETERSBURG (mut). Mykobakterien können lange in einem passiven Zustand verharren. In dieser Zeit sprechen sie auf die bisherigen Arzneien kaum an. Neue Arzneien könnten die TB-Therapie verbessern, wenn sie auch solche passiven TB-Erreger angreifen. Nitroimidazol-Verbindungen sind dazu offenbar in der Lage.

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Eines der größten Probleme bei der TB-Therapie ist die lange Zeitdauer, über die ein Antibiotika-Cocktail eingenommen werden muß: Bei der Standardtherapie mit Isoniazid und Rifampicin sind mindestens sechs Monate nötig. Haben die Patienten multiresistente Stämme, wie sie in Osteuropa und Afrika häufig sind, kann die Therapie bis zu zwei Jahren dauern. Viele Patienten halten dies nicht durch und brechen die Therapie vorzeitig ab, was die Resistenz-Entwicklung weiter beschleunigt.

Inaktive Erreger sind ein Grund für die lange Therapiedauer

In St. Petersburg haben TB-Experten auf einem Symposium von Novartis jetzt Lösungen für dieses Dilemma diskutiert. Eine kürzere Therapiedauer sollen Substanzen ermöglichen, die auch gegen "schlafende" TB-Erreger wirken. Solche Erreger teilen sich nicht mehr, haben kaum noch einen aktiven Stoffwechsel und bieten damit auch den meisten Antibiotika kein Ziel mehr - das ist ein Grund für die lange Therapiedauer.

Inzwischen gibt es viele Hinweise, so Dr. Douglas Young vom Imperial College in London, daß bei TB-Kranken ein Teil der Erreger in Lungenläsionen in einem solchen passiven Zustand persistiert und daß dieser Zustand durch eine Sauerstoff-arme Umgebung in den Läsionen induziert wird. In einer solchen Umgebung könnten Substanzen nützlich sein, die sich bereits gegen anaerobe Erreger bewährt haben. In-vitro ließen sich etwa mit Metronidazol, einem Nitroimidazol-Antibiotikum, auch inaktive TB-Erreger töten, sagte Young.

Derzeit wird in einer Studie mit 200 TB-Kranken geschaut, ob die Arznei die Therapiedauer verkürzen kann. So erhält die Hälfte der Patienten zusätzlich zur Standardtherapie Metronidazol. Mit hochauflösenden bildgebenden Verfahren wird kontrolliert, wie schnell sich die Lungenläsionen zurückbilden.

Ganz neu ist der Ansatz jedoch nicht: Vor 17 Jahren wurde bereits eine indische Studie mit ähnlichem Design publiziert. In der Metronidazol-Gruppe verschwanden nicht nur die Keime im Sputum deutlich schneller als mit alleiniger Standardtherapie (minus 49 versus minus 9 Prozent nach vier Wochen), auch radiologisch nachweisbare Läsionen gingen signifikant schneller zurück.

PA-824 wird bereits in Phase-I-Studien geprüft

Metronidazol hat jedoch einen Nachteil: Es wirkt nicht gegen die aktive, sich teilende Form des Erregers, sagte Young. Inzwischen wurden jedoch mehrere neue Nitroimidazole entwickelt, die sowohl die aktive als auch die inaktive TB-Form dezimieren sollen. Eines davon, PA-824 hat bereits die klinischen Phase I erreicht - Sicherheit und Verträglichkeit werden bei gesunden Teilnehmern geprüft. Die Phase-I-Studien werden demnächst abgeschlossen. Bewährt sich PA-824 anschließend auch in Studien bei TB-Kranken, könnte es das erste neue TB-Medikament seit über 30 Jahren sein.

Vielversprechend ist auch ein anderer Ansatz: So wird am Novartis-Tropeninstitut NITD in Singapur an einem Hemmstoff gegen das Enzym Peptidyl-Deformylase geforscht. Tuberkulose-Erreger benötigen das Enzym zur Proteinsynthese. Die Wissenschaftler des Instituts haben bereits einen Hemmstoff gegen das Enzym entwickelt. Er zeigt eine gute Wirksamkeit auch gegen verschiedene multiresistente TB-Stämme und wird jetzt für präklinische Studien optimiert.

Lesen Sie dazu auch: Ein zweites Leben nach der Tuberkulose Forscher suchen kleine Moleküle für große Krankheiten Schwierige Therapie bei Tuberkulose Hohe TB-Gefahr für Ärzte in Rußland

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