Blutdrucksenkung - zuviel des Guten kann zum Risiko werden

Womit der Blutdruck gesenkt wird, ist eher zweitranging - wichtig ist, dass er überhaupt gesenkt wird. Und zwar je mehr, desto besser -aber nur bis etwa 120 mmHg systolisch.

Von Simone Reisdorf Veröffentlicht:
Für Diabetiker und Patienten mit Nierenerkrankung gelten strengere Vorgaben für die Blutdruckeinstellung als für andere Patienten mit Hypertonie.

Für Diabetiker und Patienten mit Nierenerkrankung gelten strengere Vorgaben für die Blutdruckeinstellung als für andere Patienten mit Hypertonie.

© Foto: Klaro

Die Normalisierung eines Blutdrucks nützt Diabetikern ebenso wie Nichtdiabetikern, erinnerte Professor David R. Matthews aus Oxford beim Kongress der amerikanischen Diabetesgesellschaft (ADA) in New Orleans. "Der Unterschied liegt nur in den Torpfosten, die rechts und links - oder besser oben und unten - den Zielbereich für die Blutdrucksenkung markieren", so der Diabetologe: "Als obere Grenze empfehlen die meisten Fachgesellschaften für Diabetiker und Nierenkranke 130/80 mmHg, für alle anderen 140/90 mmHg."

Bei Werten unter 120 mmHg steigt das Risiko wieder

Das ist soweit nicht neu, ebenso wenig die Erkenntnis, dass sich das Risiko mikro- und makrovaskulärer Ereignisse fast proportional zum Blutdruck verringert. Matthews rückte aber den zweiten "Torpfosten", also die untere Grenze des Blutdruckzielbereichs, in den Fokus: "In Studien hat sich ein Anstieg der Sterberate bei systolischen Werten unter 120 mmHg gezeigt, dazu eine verstärkte Progression von Nierenschäden bei unter 110 mmHg."

Damit wird das "Tor" recht eng; viele Patienten dürften Probleme haben, ihr Blutdruckziel ohne das Risiko unerwünschter Wirkungen zu erreichen. Aber hier hinke das Bild vom zu treffenden Fußballtor, so Matthews, denn: "Bei der Blutdrucksenkung bringt auch der Schuss in die richtige Richtung schon einige Punkte."

Blutdrucksenkung hilft, solange sie wirkt

So sei eine Senkung des mittleren Blutdrucks um 2 mmHg mit einer Risikominderung von sieben Prozent hinsichtlich Mortalität aufgrund koronarer Herzkrankheit und zehn Prozent hinsichtlich Mortalität aufgrund von Schlaganfällen verbunden.

"Womit man in Richtung Tor schießt, ist eigentlich zweitrangig", meinte Matthews, um dann doch ein wenig zu werten: "Es gibt gute Evidenz für ACE-Hemmer und Sartane, in Kombination auch für Kalziumkanalblocker und Diuretika. Betablocker sind eher überholt und für den Glukosestoffwechsel ungünstig." Meistens seien ohnehin Kombinationen mehrerer Antihypertensiva nötig, diese sollten für jeden Patienten individuell festgelegt werden. Und dann zählt Dranbleiben: "Blutdrucksenkung hilft, solange sie wirkt" - einen bleibenden Langzeitnutzen jenseits der praktizierten Therapie gebe es nicht, so Matthews.

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