Mega-Event klinisch betrachtet
Der Super Bowl – ein kardiovaskulärer Risikofaktor?
Alle Welt schaut auf Las Vegas – nun ja, ein Teil – und fiebert dem Super Bowl entgegen. Kardiologen haben sich mal die Mortalität bei den Fans der siegreichen und der unterlegenen Teams angesehen.
Veröffentlicht:Paradise. Wenn am Montag (12. Februar), um 0.30 Uhr deutscher Zeit im Allegiant Stadium in Paradise (Las Vegas, Nevada) der Super Bowl, das Highlight der NFL-Play-offs, steigt, sollten auch Kliniker genau „hinsehen“. Nicht etwa dafür, um am Rosenmontag nicht zum Dienst erscheinen zu können, wollen oder müssen. Sondern besser, um das Versorgungsrisiko für ihre Kolleginnen und Kollegen in den Notaufnahmen in Kansas City und San Francisco abschätzen zu können.
Denn der Ausgang des Matches könnte womöglich ein Prädiktor für erhöhte oder verringerte kardiovaskuläre Ereignisraten sein. Zu diesem Befund jedenfalls kommt eine kleine Autorengruppe um den Kardiologen Bryan G. Schwartz (Clin Res Cardiol. 2013;102:807–11). Vorweg: Die Buchmacher sahen am Sonntag etwas höhere Chancen für die San Francisco 49er als für die Kansas City Chiefs, obwohl im letzten direkten Aufeinandertreffen die Chiefs die 49er mit 44:23 geschlagen hatten.
„Hohe Dramatik und Intensität“
Das Team um Schwartz hatte sich mit der Hypothese beschäftigt, ob die Todesraten unter den Fans der jeweils unterlegenen Mannschaft nach einem Super Bowl stiegen – und vice versa bei jenen der siegreichen Mannschaft fielen. So war es 1980 und 1984 berichtet worden. Und heute?
Das Team schaute sich die zwei Super Bowls 2008 und 2009 an. 2008 besiegten die New York Giants die New England Patriots mit 17:14. Ein Jahr später besiegten die Pittsburgh Steelers die Arizona Cardinals mit 27:23. Das Autorenteam bezeichnet die beiden Spiele als mit „hoher Dramatik und Intensität“.
Gesucht haben sie in den Todesbescheinigungen der vier Städte in den acht Tagen ab dem Super Bowl. Als Kontrollen dienten die Bescheinigungen von jeweils acht Tagen ab den Super-Bowl-Tagen in Nicht-Untersuchungszeiträumen.
Und sie fanden eine Assoziation: Nach der Niederlage von New England stieg die Anzahl kardiovaskulärer Todesfälle in Massachusetts um 20 Prozent (p = 0.0004), ebenso wie die Anzahl der Todesfälle durch ischämische Ereignisse um 24 Prozent (p = 0.01).
Weniger Ereignisse bei Fans des Siegerteams
Umgekehrt fanden die Autoren nach dem Sieg von Pittsburgh in der Stadt eine um 25 Prozent verringerte Anzahl von tödlichen kardiovaskulären Ereignissen (p = 0.046), ebenso eine um 31 Prozent verringerte Anzahl bei den Todesfällen durch ischämische Ereignisse (p = 0.03). Auch die Anzahl der tödlichen Myokardinfarkte war damals in Pittsburgh um 46 Prozent verringert (p = 0.01).
Nur in Arizona fanden die Autoren keinen signifikanten Unterschied. Das erklären sie aber damit, dass „Massachusetts und Pittsburgh“ einen „stärkeren Support für ihre Heimmannschaften zeigen als Arizona“.
Das Fazit der Autoren: „Ein Super Bowl mit hoher Dramatik/Intensität kann mit Veränderungen der kardiovaskulären Todesraten assoziiert sein unter der Fangemeinde, die eine starke Bindung zum Team hat.“ Oder andersherum: „Ein Anstieg der Todesraten kann mit einer Niederlage und ein Rückgang der Todesraten mit einem Sieg verbunden sein.“
Welchen klinischen Nutzen diese Arbeit haben könnte, wollten die Autoren nicht mitteilen. Vielleicht bei ausgeprägten Fans vor einem Super Bowl eine ASS-Prophylaxe zu erwägen? Oder jenen mit kardiovaskulärer Vorerkrankung lieber einen anderen Sport zu empfehlen? (nös)