Die Eigenüberwachung der Blutglukose sollte heute selbstverständlich sein

Der kleine Blutstropfen unterstützt das Selbstmanagement enorm.
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Erhöhte Zuckerausscheidung kannten schon Ärzte in der Antike. Sie sprachen vom honigsüßen Urinfluss, was ja Diabetes mellitus bedeutet. Messinstrumente für die Blutzuckerwerte gab es allerdings damals nicht. Als Indikator diente die Zunge des Untersuchers.
Erst 1780 wurde eine Methode entwickelt, mit der Zucker im modernen Sinne nachgewiesen werden konnte. Mitte des neunzehnten Jahrhunderts gelang es dann erstmals, Zuckerkristalle aus dem Urin und dem Blut zu isolieren.
Teststreifen hat rasch Diskussionen ausgelöst
Die Selbstüberwachung der Blutglukose, die die Diabetestherapie revolutioniert hat und heute selbstverständlich ist, wurde erst in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts möglich. 1965 erschien in einer US-amerikanischen Fachzeitschrift ein Hinweis auf den zur Selbstmessung des Blutzuckers brauchbaren Teststreifen Dextrosit. Dies löste sofort eine Diskussion aus, die in der Empfehlung führender Diabetologen gipfelte: Striktes Nein zur Patienten-Selbstmessung!
Eine wesentliche Voraussetzung für einen Meinungsumschwung hat erst der Genfer Diabetologe Professor Jean-Philipp Assal durch die Einführung der Patientenschulung Ende der 70er Jahre geschaffen. Bereits 1978 hat der Brüsseler Arzt Dr. Jean Pirart die Ergebnisse einer Langzeituntersuchung veröffentlicht: Je besser der Blutzucker eingestellt ist, desto seltener treten Folgeerkrankungen an Augen und Nerven auf. Bestätigt wurde dieses Ergebnis unter anderem durch die Resultate der in England gemachten United Kingdom Prospective Diabetes Study. Sie belegen, dass eine gute Einstellung der Blutzuckerwerte bei Menschen mit Typ-2-Diabetes die Folgeerkrankungen an Augen, Nieren und Nerven deutlich reduziert. Heute ist die Einstellung des Blutzuckers nicht mehr nur die Sache der Ärzte. Die Patienten kontrollieren ihren Blutzucker regelmäßig und bestimmen selbst, wie gut sie mit ihrem Diabetes leben. 95 Prozent der Behandlung erfolge heute durch die Patienten selbst, sagt der Münchner Diabetologe Dr. Rolf Renner.
Eine elementare Optimierung der Diabeteseinstellung
Zum Diabetes-Selbstmanagement gehören nach seinen Angaben drei Dinge: die Änderung des Lebensstils, das zuverlässige Einhalten medikamentöser Therapien und die Blutzucker-Selbstkontrolle.
Richtig eingesetzt, ist für Renner die Blutzucker-Selbstkontrolle eine elementare Optimierung der Diabeteseinstellung. Sie hilft bei der Stoffwechseleinstellung und dem Vermeiden von Unterzuckerungen. Sie deckt Problemzeiten und Risikosituationen auf, zum Beispiel den Effekt verschobener Mahlzeiten oder von Sport. Mit diesem Wissen können die informierten Patienten Risiken vorwegnehmen und sie besser bewältigen. Die technischen Voraussetzungen für eine gute Messgenauigkeit sind mit modernen Blutzuckermessgeräten gegeben. Teststreifen mit visueller Auswertung sind sie überlegen. Beispiele für moderne praktische Geräte stehen auf dieser Seite.
International bereits seit 2005 empfohlen
Wer seinen Blutzucker messen soll, hat die Internationale Diabetes Föderation, ein Zusammenschluss europäischer Diabetesgesellschaften, bereits 2005 festgelegt. Die Blutzucker-Selbstkontrolle sollte in jedem Fall verfügbar sein:
- für alle neu diagnostizierten Typ-2-Diabetiker,
- für alle Diabetiker mit Insulintherapie,
- bei Diabetikern, die lediglich mit oralen Antidiabetika behandelt werden zur Erfassung von Unterzuckerungen, bei Blutzuckerschwankungen als Folge der veränderten Lebensführung, bei Änderungen während einer Krankheit. (Rö)
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