Therapiefortschritte

Es tut sich was bei pulmonaler Hypertonie

Bei der gezielten Therapie bei pulmonaler Hypertonie ist man deutlich vorangekommen. Die Fortschritte machen regelmäßige Aktualisierungen der Therapieempfehlungen notwendig, die international im Konsens getroffen werden.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:

Um 43 Prozent ist die Sterblichkeit von Patienten mit pulmonaler Hypertonie (PAH) gesunken, die mit gezielt wirkenden Medikamenten behandelt werden, die Hospitalisierungsrate um durchschnittlich 61 Prozent.

Dies hat eine Metaanalyse aus 23 randomisierten kontrollierten Studien ergeben, berichten Professor Hans Klose aus Hamburg und seine Kollegen (DMW 2014; 139: S142).

Die gezielte medikamentöse Therapie soll bei Patienten mit einer per Rechtsherzkatheter-Untersuchung bestätigten PAH erfolgen und dies, aufgrund der Komplexität der idiopathischen PAH sowie der mit anderen Krankheiten assoziierten PAH, in spezialisierten Zentren.

Vier Gruppen gezielt wirkender PAH-Medikamente stehen derzeit zur Verfügung, sie alle wirken auf das Endothel und/oder die Media der Pulmonalarterien:

  • Endothelin-Rezeptor-Antagonisten: sie blockieren die vasokonstriktive und proliferative Wirkung des Endothelins;
  • ein Guanylatzyklase-Stimulator: er wirkt gefäßerweiternd;
  • Phosphodiesterase (PDE)-5-Inhibitoren: sie verstärken die gefäßerweiternde Wirkung von NO;
  • Prostaglandine: sie wirken über die Prostaglandin-Rezeptoren vasodilatierend.
  • Kalzium-Antagonisten werden nur bei idiopathischer, hereditärer oder Appetitzügler-assoziierter PAH empfohlen, wenn entsprechende Responderkriterien bei der Rechtsherzkatheter-Untersuchung erfüllt wurden.

Wirkstoffpalette größer geworden

Bei den Endothelin-Rezeptor-Antagonisten ist im vergangenen Jahr die Palette der Wirkstoffe Ambrisentan und Bosentan um die Substanz Macitentan erweitert worden.

Macitentan ist als Monotherapie oder in Kombination für die PAH-Langzeittherapie bei Erwachsenen mit funktioneller WHO-/NYHA-Klasse II bis III zugelassen worden.

Es reduzierte in der Zulassungsstudie das Auftreten des kombinierten Zielparameters aus Tod, atrialer Septostomie und Lungentransplantation sowie den Therapiebeginn mit einem Prostanoid. Belastungsfähigkeit und Lebensqualität der Patienten nahmen zu.

Die Morbidität/Mortalität von PAH-Patienten sinken bei gemeinsamer Betrachtung der Endpunktkriterien unter Macitentan-Therapie (10 mg) im Vergleich zu Placebo signifikant.

Die Senkung der Mortalität war nicht signifikant, darauf war die Studie allerdings auch nicht ausgelegt.

Neu zugelassen ist seit vergangenem Jahr zudem Riociguat, ein Stimulator der löslichen Guanylatcyclase, die ein Enzym des kardiopulmonalen Systems und Rezeptor für NO ist.

Die Substanz wirkt synergistisch mit endogenem NO, stimuliert das Enzym jedoch auch NO-unabhängig - dies ist wichtig, weil das endogene NO bei PAH-Patienten stark vermindert ist.

Zu den bei PAH zugelassenen PDE-5-Inhibitoren gehört das inzwischen bewährte Sildenafil, das jedoch nach Angaben von Klose und seinen Koautoren im Laufe der Langzeittherapie vereinzelt deutlich höher dosiert werden muss als dreimal 20 mg pro Tag.

Dies sollte allerdings nur nach Rücksprache mit einem Expertenzentrum geschehen. Für Tadalafil gilt weiterhin die in Studien geprüfte Dosis von einmal 40 mg täglich.

Außer inhalativem Iloprost sind in Deutschland inzwischen weitere Prostanoidderivate zugelassen worden. Dazu gehört Epoprostenol für die intravenöse Gabe.

Dieses wird allerdings nach Angaben der Experten wegen praktischer Anwendungslimitationen im Moment so gut wie nicht verwendet.

Ein weiteres stabiles Prostanoidderivat ist Treprostinil, das hierzulande lediglich für die parenterale Applikation zugelassen ist, zusätzlich gibt es orale und inhalative Darreichungsformen der Substanz.

Neues orales Medikament in Sicht

Kürzlich vorgestellt wurden zudem die Ergebnisse der GRIPHON-Studie mit dem ersten selektiven und oral zu verabreichenden Prostazyklin-IP-Rezeptor-Agonisten Selexipag, der bei 1156 PAH-Patienten geprüft wurde.

Nach vorläufigen Datenanalysen verminderte Selexipag das Risiko eines Morbiditäts- oder Mortalitätsereignisses im Vergleich zu Placebo um 39 Prozent.

Der Wirkstoff bindet selektiv an einen der fünf verschiedenen Prostanoid-Rezeptoren, aktiviert ihn, wodurch die Gefäßerweiterung zustande kommt. Die Proliferation glatter Gefäßmuskelzellen wird gehemmt. Bislang ist die Substanz nicht zugelassen.

Da diese verschiedenen Medikamente unterschiedliche Stoffwechselwege bei PAH adressieren, sind Zweifach- und Dreifachkombinationen sinnvoll und üblich.

Im Allgemeinen wird ein sequenzielles Vorgehen praktiziert: Bei unzureichendem Ansprechen oder Verschlechterung wird die Monotherapie um ein weiteres oder drittes Medikament ergänzt.

Entscheidungsgrundlage sind definierte Therapieziele und Algorithmen, über die Experten international Empfehlungen vereinbaren und herausgeben.

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