Arbeiten zu ASS
Kardiologe erhält Präventionspreis der DGIM
Ob ASS als vorbeugender Gefäßschutz wirksam ist, darüber diskutieren Fachleute schon länger. Der Kardiologe Dr. Thorsten Keßler hat herausgefunden, wem ASS in der Primärprävention helfen könnte.
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Die Bildung von Thromben wird durch die Genvariante rs7692387 offenbar begünstigt.
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Wiesbaden. Der Präventionspreis der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) geht an Privatdozent Dr. Thorsten Keßler vom Deutschen Herzzentrum München und seine Kollegen. Der Preis von DGIM und der deutschen Stiftung für innere Medizin ist mit 10 .000 Euro dotiert und wird einmal im Jahr verliehen. Keßler und seine Kollegen haben einen genetischen Risikofaktor identifiziert, der mit darüber entscheidet, ob Acetylsalicylsäure (ASS) als vorbeugender Gefäßschutz wirksam ist – oder ob es sogar schaden kann (Eur Heart J 2019; online 22. Juni).
Die Forscher haben die Genvariante rs7692387 untersucht, die als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gilt. Sie beeinflusst über Umwege die Hemmung der Blutgerinnung, sodass Thrombozyten sich leichter zu Blutpfropfen zusammenlagern.
Diese Beobachtung führte Keßler und seine Kollegen zu der Frage, ob Träger der Risikovariante – das sind in Westeuropa 63 Prozent der Menschen – womöglich von einer Primärprävention mit ASS profitieren, weil es bekanntermaßen die Thrombozytenaggregation hemmt. Für die Allgemeinbevölkerung hatten mehrere große Studien einen solchen Nutzen von ASS bislang nicht belegen können.
In Kooperation mit Wissenschaftlern der Harvard Medical School in Boston unterzogen die Münchener Mediziner zwei dieser Studien – die Women´s Health Study und die Physicians`Health Study – einer erneuten Analyse, wobei sie Träger der Risikovariante und Teilnehmer mit der Nichtrisikovariante gesondert betrachteten. In der Tat zeigte die getrennte Auswertung, dass Menschen mit der Risikovariante von rs7692387 deutlich von der ASS-Einnahme profitierten; ihr Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse sank um 21 Prozent. Interessanterweise zeigte sich bei den Trägern der Nichtrisikovariante sogar der gegenteilige Effekt: Ihr Risiko stieg um 39 Prozent an.
„Die Kenntnis solcher genetischen Varianten ist ein wichtiger Baustein für die individuell zugeschnittene Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, würdigt Professor Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM aus Würzburg, die Arbeiten des Preisträger-Teams. Die nun ausgezeichnete Arbeit mache deutlich, dass präventive – ebenso wie kurative – Ansätze nicht für alle Patienten gleich sinnvoll seien. Weitere Untersuchungen müssten nun zeigen, ob der Effekt des von Keßler identifizierten Risikofaktors sich auch in prospektiven Studien bestätigen lasse. (eb)