Mitwachsende Stäbe bringen krumme Kinder-Rücken in Form

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Schwere Skoliose der Wirbelsäule eines Kindes. © Ellipse Technologies, Inc.

Schwere Skoliose der Wirbelsäule eines Kindes. © Ellipse Technologies, Inc.

© Ellipse Technologies, Inc.

Magnetgesteuerte Stabimplantate an der Wirbelsäule können Kindern mit schwerer Skoliose nach dem Einsetzen die sonst regelmäßig nötigen FolgeOperationen ersparen. Nach Implantation wachsen die eingesetzten Stäbe einfach mit.

HONGKONG (rb). Fünf Kinder und Jugendliche mit Skoliose im Alter zwischen fünf und 15 Jahren hat ein Team von Orthopäden um Professor Kenneth Man-Chee Cheung vom Queen Mary Hospital der Universität Hongkong bisher mit den neuen Stabimplantaten versorgt. Für zwei der Operierten liegen nun die Zwei-Jahres-Ergebnisse vor (Lancet 2012; online 19. April).

Bei einer Fünfjährigen mit Ehlers-Danlos-Syndrom hat sich der zur Beurteilung der Ausprägung einer Skoliose gebräuchliche Cobb-Winkel von ursprünglich 74° auf nunmehr 26° verkleinert. Das Mädchen misst inzwischen 125,5 cm im Vergleich zu 111,6 cm vor der Operation. Auch ihre Armspannweite hat sich von 100,4 auf 109,5 cm vergrößert.

Eine zwölfjährige Patientin, die an idiopathischer Skoliose leidet, weist nach zwei Jahren einen Cobb-Winkel von 31° auf (zuvor 60°). Sie ist 142,7 cm groß (zuvor 130 cm), und ihre Armspannweite beträgt 143,0 cm (zuvor 130 cm). Ähnliche Ergebnisse zeichnen sich auch für die drei weiteren in die Studie aufgenommenen Patienten ab.

Cobb-Winkel

Mit dem Cobb-Winkel wird in Grad beschrieben, wie stark ausgeprägt ein Skoliose-Bogen, eine Kyphose oder eine Lordose ist. Das dazu notwendige Röntgenbild sollte im Stehen angefertigt werden.

Auf dem Bild wird dann vermessen, in welchem Winkel die Wirbeldeckplatten der jeweils schiefsten Wirbel (zur Horizontalen) am Anfang und Ende eines Bogens zueinander stehen.

Daraus ergeben sich die Schweregrade:

  • Leichte Skoliose: mehr als 10° bis maximal 40°
  • Mittelschwere Skoliose: über 40° bis 50°
  • Schwere Skoliose: über 50°

Mit den magnetkontrollierten Stabimplantaten des Unternehmens Ellipse Technologies sind nach dem operativen Einsetzen keine weiteren Eingriffe zur Längenanpassung nötig. Die üblichen vertikal verstellbaren Titanimplantate erfordern eine solche Anpassung alle sechs Monate in offener Chirurgie.

Stattdessen wird bei den magnetgesteuerten Stäben im Monatsabstand ambulant ein mit Permanentmagneten ausgerüstetes Gerät auf den Rücken aufgesetzt, das wie eine Fernbedienung den Verlängerungsmechanismus im Stab aktiviert. Binnen zehn Minuten lässt sich damit die gewünschte Verlängerung nicht invasiv einstellen.

Als Nachteil des Verfahrens betrachten Cheung und seine Kollegen die Strahlenbelastung durch die vielen Röntgenaufnahmen vor und nach der Einstellung der Stablänge.

Sie sind allerdings zuversichtlich, dieses Problem mit zunehmender Erfahrung in den Griff zu bekommen. Ziel sei es, mit halbjährlichen Röntgenkontrollen auszukommen.

Nach Versorgung mit dem MAGECTM Spinal System.

Nach Versorgung mit dem MAGECTM Spinal System.

© Ellipse Technologies, Inc.

Der Hersteller der magnetgesteuerten Stäbe hat auch die nun vorliegende Studie finanziert. Zwar kosten die magnetisch gesteuerten Stäbe laut Cheungs Angaben 4900 Euro, doppelt so viel wie die herkömmlichen.

Die Ausgaben für wiederholte Operationen und Klinikaufenthalte eingerechnet, dürfte die Therapie mit den neuen Geräten insgesamt aber deutlich billiger sein als das alte Verfahren.

Abgewandeltes Verfahren in Göttingen

Bereits im Januar dieses Jahres hatten Kinderorthopäden der Universitätsklinik Göttingen von sich reden gemacht, die einen elfjährigen Jungen ebenfalls mit magnetkontrolliert längenverstellbaren Stabimplantaten behandelt hatten. Neu daran war die Vorgehensweise.

Statt die Stäbe an der Wirbelsäule zu befestigen, fixierten die Göttinger Ärzte die Stäbe an Becken und Rippen. Dadurch sollen Verletzungen der vertebralen Knochenhaut und spätere Spontanversteifungen vermieden werden.

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