Corona-Splitter der KW 06/21

Rekonvaleszenten: Starke Abwehr schon nach einer Impfdosis

Blick auf neue Corona-Studien: Der Impfstoff von BioNTech/Pfizer induziert bei Rekonvaleszenten wohl schon nach einmaliger Dosis eine starke Immunantwort. Außerdem: Bei FFP2-Masken kommt es vor allem auf das korrekte Tragen an.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel und Anne BäurleAnne Bäurle und Marco MrusekMarco Mrusek Veröffentlicht: | aktualisiert:
Probenentnahme für einen Corona-Test: Der neue CRISPR-Test wurde an 1808 College-Studenten evaluiert (Symbolbild).

Antikörper neutralisieren das Corona-Virus: Schon eine einmalige Dosis des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs induziert nach durchgemachter Krankheit eine starke Immunantwort.

© ktsimage / Getty Images / iStock

Update vom 14. Februar

Die Grenzschließungen in Europa Mitte März 2020 könnten unnütz gewesen sein. Darauf deutet ein phylodynamisches Modell Zürcher Forscher, die anhand von SARS-CoV-2-Genomen die Ausbreitung in Europa untersucht hatten. Bereits am 8. März 2020 hat es danach in Europa etwa genauso viele lokale Übertragungen gegeben wie durch Reisende aus dem Ausland eingeschleppt wurden. „Wenn man die Grenzen mit dem Ziel geschlossen hat, das Virus nicht reinzulassen: Dafür war es zu spät“, sagte die Erstautorin, die Mathematikerin und Biostatistikerin Professor Tanja Stadler der Deutschen Presse-Agentur (PNAS 2021; 118 (9): e2012008118).

Update vom 12. Februar

Bei Rekonvaleszenten, die nach ihrer Genesung mit der BioNTech/Pfizer-Vakzine geimpft wurden, wird offenbar bereits nach einer Dosis eine sehr hohe Immunantwort erreicht. Das belegen Real-World-Daten aus Israel. Dabei ist es den Ergebnissen zufolge unerheblich, ob die Rekonvaleszenten nach der SARS-CoV-2-Infektion Antikörper gebildet hatten oder nicht. Die Ergebnisse könnten die Diskussion befeuern, ob bei Personen, die eine COVID-19-Erkrankung bereits durchgemacht haben, eine einmalige Impfdosis ausreicht, schreiben die Forscher. Insgesamt hatte das Team die Daten von mehr als 500 Mitarbeitern des israelischen Krankenhauses Ziv Medical Center analysiert (Eurosurveillance 2021; online 11. Februar).

Werden partikelfilternde FFP2-, N95 oder KN95-Masken nicht korrekt getragen, schützen sie nicht besser als Stoffmasken vor einer Infektion mit SARS-CoV-2. Das korrekte Tragen mit einer dicht ansitzenden Maske sei daher mindestens genauso wichtig wie das Material, um eine Schutzwirkung zu gewährleisten, so das Fazit einer kleinen Studie der Universität Cambridge mit sieben Teilnehmern. In der Studie wurde das Tragen von N95- und KN95-Masken sowie Op- und Stoffmasken untersucht. Die N95-Masken boten zwar einen besseren Schutz als die übrigen Masken – aber nur, wenn sie den Probanden richtig passten (PloS ONE 2021; online 22. Januar).

Update vom 11. Februar

Eine Testmethode, die auf der CRISPR-Technik basiert, kann asymptomatische Infizierte verlässlich detektieren. Der sogenannte CREST-Test wurde an 1808 College-Studenten evaluiert. Zwischen Juni und Juli 2020 wurden neun Personen per Nasen-Rachen-Abstrich und PCR-Test, dem „Goldstandard“ für die Diagnostik einer SARS-CoV-2-Infektion, positiv getestet. Keiner der neun Studenten zeigte Symptome. Acht von diesen neun Studenten wurden ebenfalls durch den CREST-Test detektiert, der sich damit als ähnlich verlässlich wie der PCR-Test erwiesen hat. Der CREST-Test könne damit eine alternative Methode zur Überwachung von SARS-CoV-2 sein, schreiben die Forscher (JAMA Netw Open, online 11. Februar).

Was macht einen Infizierten zum SARS-CoV-2-Superspreader? Einer Beobachtungsstudie zufolge könnten drei Faktoren dazu beitragen, dass Personen besonders viele Aerosolpartikel beim Sprechen oder Atmen ausstoßen: Alter, BMI und der COVID-19-Status. Dabei können auch asymptomatische Infizierte Superspreader sein, wie die Forscher betonen. Das Team hatte 194 SARS-CoV-2-Infizierte untersucht und analysiert, wie viele Aerosolpartikel sie ausstoßen. 18 Prozent von ihnen waren für 80 Prozent aller ausgestoßenen Aerosolpartikel verantwortlich, diese wurden als „Superspreader“ kategorisiert. Bei 146 Studienteilnehmern lagen Daten zu BMI, Alter, Geschlecht und COVID-19-Status vor. Bei der Analyse stellte sich heraus, dass die oben genannten drei Faktoren mit der Einordnung als Superspreader assoziiert waren (PNAS 2021; online 9. Februar).

Erhöhte Exzess-Mortalität bei Diabetikern in mittleren Jahren: Das Corona-Sterberisiko von an COVID-19 erkrankten Typ-2-Diabetikern in mittleren Jahren ist verglichen mit Gleichaltrigen ohne Diabetes besonders stark erhöht. Das hat die Analyse von Millionen Corona-Patientendaten aus Kliniken und Praxen ergeben, berichtet ein Team unter Beteiligung der University of Exeter im Nachrichtendienst „EurekAlert“. Zwei Beispiele:

  • Ein 50-jähriger mit Typ-2 Diabetes hat danach ein COVID-19-Sterberisiko wie ein 66-Jähriger ohne Diabetes (16 Jahre Unterschied).
  • Ein 70-Jähriger mit Typ-2-Diabetes hat ein COVID-19-Sterberisiko wie ein 78-Jähriger ohne (nur 8 Jahre Unterschied).

Das Corona-Risiko im mittleren Alter ist gering, so die Forscher. Die Befunde bei Diabetes seien daher wichtig zur Impfpriorisierung. Die von „Diabetes UK“ geförderte Studie soll in „Diabetologia“ erscheinen.

Update vom 10. Februar

„Querdenker“-Demos im November mit Zehntausenden Teilnehmern in Berlin und Leipzig könnten womöglich die Verbreitung von SARS-CoV-2 begünstigt haben. Das legt zumindest eine noch unveröffentlichte Studie des ZEW Mannheim und der Humboldt-Universität zu Berlin nahe. Untersucht wurde das Infektionsgeschehen in Landkreisen, aus denen die Demonstranten angereist waren. Dabei nutzen die Forscher Daten eines Netzwerks von Busunternehmen, das sich seit Sommer 2020 auf die Beförderung von „Querdenker“-Demonstranten spezialisiert hat („Honk for Hope“). Ergebnis: Die Sieben-Tages-Inzidenz war nach den Demos bis Weihnachten in den Landkreisen mit „Honk for Hope“-Haltestellen um 35,9 Prozent stärker angestiegen als in Landkreisen ohne solche Angebote. Die Wissenschaftler schätzen, dass in dieser Zeit 16.000 bis 21.000 Infektionen hätten verhindert werden können, wenn die beiden Kundgebungen abgesagt worden wären (Publikation des ZEW Mannheim und der Humboldt-Universität zu Berlin, online 8. Februar).

Demenzkranke haben ein doppelt so hohes Risiko, an COVID-19 zu erkranken wie Menschen ohne Demenz. Dies gilt selbst dann, wenn sämtliche Faktoren wie höheres Alter, die Unterbringung in einem Pflegeheim oder Vorerkrankungen berücksichtigt werden, so eine Studie der Case Western Reserve University in Cleveland im US-Staat Ohio. Zudem ist bei Demenzpatienten das Risiko für Hospitalisierung und Tod deutlich höher als bei Menschen ohne Demenz. In der Studie wurden die Daten von insgesamt fast 62 Millionen US-Amerikanern analysiert. Generell sei es für Demenzpatienten schwierig, sich an Hygiene- und Abstandsregeln zu halten, schreiben die Studienautoren. Möglicherweise könne aber auch eine geschädigte Blut-Hirn-Schranke dazu führen, dass sich Bakterien und Viren wie SARS-CoV-2 schneller im Körper der Patienten ausbreiten (Alzheimer & Dementia 2021; online 9. Februar).

Update vom 9. Februar

Immunschwäche begünstigt Mutationen von SARS-CoV-2, weil die Viren nicht komplett eliminiert werden und lange im Körper persistieren können. Das legt der Fallbericht eines Mannes nahe, der an einem Lymphom erkrankt und bereits mit mehreren Chemotherapien behandelt worden war. Im Sommer 2020 wurde er wegen COVID-19 in eine Klinik eingeliefert und erhielt zunächst eine Therapie mit Remdesivir (zweimal über jeweils zehn Tage) und, nachdem die Behandlung nicht anschlug, im Anschluss zweimalig Rekonvaleszenzplasma. Der Patient starb nach mehr als drei Monaten in der Klinik. Über den Krankheitsverlauf hinweg wurden 23 Nasen-Rachen-Abstriche genommen, die Genome der isolierten Viren wurden sequenziert. Dies ergab eine deutliche Anhäufung von Mutationen über den Verlauf von COVID-19, besonders viele Genveränderungen zeigten sich nach der Gabe des Rekonvaleszenzplasmas. Dabei vermehrte sich im Körper des Patienten besonders eine Virusvariante mit einer Veränderung im Gen für das Spike-Protein, die es dem Virus vermutlich ermöglichte, den Antikörpern zu entgehen. Eine weitere Mutation könnte zudem für eine höhere Infektiosität der Variante verantwortlich sein, wie die Forscher vermuten (Nature 2021, online 5. Februar).

Genetische Faktoren könnten Menschen mit Trisomie 21 anfälliger für COVID-19 machen. Forscher haben festgestellt, dass das Enzym TMPRSS2, das für den Eintritt von SARS-CoV-2 in die Zielzelle ein wichtiger Co-Faktor ist, bei Menschen mit Trisomie 21 ein 60 Prozent höheres Expressionslevel hat. Der Grund dafür: Das Gen für TMPRSS2 liegt auf Chromosom 21. Außerdem wird das Zytokin CXCL10, das einen Zytokinsturm triggern kann, bei Menschen mit Down-Syndrom in deutlicher höherer Konzentration gebildet. Vor Kurzem hatte eine Studie ergeben, dass Menschen mit Down-Syndrom ein zehnfach höheres Risiko haben, an COVID-19 zu sterben als Menschen ohne Down-Syndrom (wir berichteten im Corona-Splitter vom 22. Oktober) (Sci Rep 2021; online 21. Januar).

Update vom 8. Februar

Erleiden COVID-19-Patienten einen Herzstillstand, ist ihr Risiko, daran zu sterben, deutlich höher als bei Herz-Patienten ohne COVID-19. Das gilt dabei sowohl für Patienten, die den Herzstillstand außerhalb einer Klinik bekommen (hier ist das Risiko 3,4-mal so hoch wie bei Patienten ohne COVID-19), als auch für Patienten, die innerhalb einer Klinik versorgt werden (2,3-mal so hohes Risiko). Für die Studie hatten Wissenschaftler der Universität Göteborg Daten von 3000 Patienten des schwedischen Registry for Cardiopulmonary Resuscitation analysiert. Die Daten stammten aus dem ersten Halbjahr 2020 (Eur Heart Journal; online 5. Februar).

Bei COVID-19-Patienten mit ARDS könnte eine initiale nichtinvasive Beatmung Vorteile bringen, zumindest scheint sie nicht zu schaden. Bei Lungenversagen wird eigentlich eine mechanische Beatmung empfohlen. Bei COVID-19-Patienten scheint dies jedoch anders zu sein, berichten Notfallmediziner der Downstate University in Brooklyn. Einer retrospektiven Analyse zufolge hat eine – zunächst favorisierte – nichtinvasive Beatmung (NIV) bei ARDS-Patienten mit COVID-19 keine negativen Konsequenzen im Vergleich zu einer sofortigen mechanischen Beatmung. Benötigen die Patienten später dennoch eine Intubation, ist ihre Mortalität nicht erhöht. Und: Wurden alle NIV-Patienten mit solchen ohne NIV verglichen, war die Sterberate mit NIV um etwa zwei Drittel geringer als bei Patienten mit sofortiger Intubation. Allerdings: Wer lediglich eine NIV benötigt, hat vermutlich generell eine bessere Prognose. Trotzdem spricht vieles dafür, auch bei ARDS-Patienten ohne Atemnot zunächst eine NIV zu versuchen, um eine Intubation zu vermeiden und Atemgeräte für die besonders schweren Fälle zu reservieren (Am J Emerg Med 2021; online 29. Januar). (mut)

Liebe Leser, wir fassen die Corona-Studienlage nun wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier:

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