Schützen AT1-Antagonisten das Herz über die Blutdrucksenkung hinaus?

WIESBADEN (Rö). Von pleiotropen Effekten eines Pharmakons sprechen Wissenschaftler, wenn ein Medikament außer seiner Hauptwirkung weitere Effekte hat, die sich günstig auswirken. Ein Beispiel ist Losartan in der LIFE-Studie. Dort hatte trotz gleicher Blutdrucksenkung der AT1-Antagonist die Rate von Schlaganfällen, kardiovaskulären Ereignissen und die Sterberate signifikant stärker reduziert als Atenolol.

Veröffentlicht:

Zu erklären ist dies mit positiven Wirkungen, pleiotropen Effekten, im Renin-Angiotensin-System, die unabhängig von der Blutdrucksenkung das Risiko reduzieren. Diese Zusammenhänge hat Professor Michael Böhm vom Universitätsklinikum Homburg/Saar bei einer Veranstaltung des Unternehmens MSD zum Internistenkongreß in Wiesbaden erläutert.

Aus Sekundärpräventionsstudien ist bereits seit längerem bekannt, daß durch eine Hemmung des Angiotensin-Converting-Enzyms (ACE) kardiovaskulären Komplikationen vorgebeugt werden kann. Diese Wirkung ist weitgehend unabhängig von der Blutdrucksenkung. Sie wird auch für AT1-Antagonisten untersucht.

AT1-Rezeptoren haben für das Entstehen von kardiovaskulären Komplikationen vielfältige Auswirkungen. So bewirkt die Stimulation der Rezeptoren eine vermehrte Freisetzung von Radikalen im Endothel. Durch diese Verschiebung des Gleichgewichtes kommt es zu einer endothelialen Dysfunktion, einer Frühform der Atherosklerose. Bei späteren Stadien der kardiovaskulären Erkrankungen nehmen die AT1-Rezeptoren zu und ACE wird stärker exprimiert, vor allem im Bereich der vulnerablen Plaque-Schulter.

Dementsprechend ist es naheliegend, daß die Hemmung dieser Rezeptoren außer ihrer hämodynamischen Wirkung zusätzliche Effekte auf kardiovaskuläre Komplikationen haben. Dies erklärt die Ergebnisse der LIFE-Studie (Losartan Intervention For Endpoint reduction in Hypertension). Dort war bei gleicher Blutdrucksenkung die Kombination aus kardiovaskulärem Tod, Schlaganfall und Herzinfarkt dreizehn Prozent seltener als bei Atenolol und beim tödlichen Schlaganfall sogar 25 Prozent seltener. Dies kann als pleiotrope Wirkung des AT1-Antagonisten interpretiert werden.

Daß auch bei der Lipidtherapie pleiotrope Effekte eine Bedeutung haben, wird zwar immer wieder diskutiert, aber zunehmend bezweifelt. Argumente dagegen hat Professor Dirk Müller-Wieland von der Universität Düsseldorf bei der Veranstaltung geliefert. Unter anderem hat sich in allen Studien ergeben: Je stärker die LDL-Cholesterinspiegel gesenkt werden, um so stärker wird die Rate von Koronar-Ereignissen vermindert.

Und plaquestabilisierende Effekte lassen sich auch durch nichtmedikamentöse Lipidsenkungen erreichen. Allein die LDL-Senkung ist entscheidend. Es gibt für ihn keine klinische Evidenz für eine kardioprotektive Bedeutung pleiotroper Effekte der Statine, die unabhängig vom klassischen Wirkmechanismus ist, also der Reduktion der intrazellulären Cholesterinspiegel durch Hemmung der Cholesterin-Biosynthese.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Drei alltagstaugliche Techniken

Schlagfertiger werden: Tipps für das Praxisteam

„Ich mag es, wenn viel los ist“

Ärztin, Mutter, Forscherin: Diana Ernst tanzt gerne auf vielen Hochzeiten

Lesetipps
Ein Vater und seine Tochter sitzen am Steg eines Badesees

© Patrick Pleul/dpa

Epidemiologisches Bulletin

Steigende Temperaturen sorgen für Ausbreitung von Vibrionenarten

Perianale Herpesinfektion: Bietet sich da eine Impfung an?

© Porträt: BVKJ | Spritze: Fiede

Sie fragen – Experten antworten

Perianale Herpesinfektion: Bietet sich da eine Impfung an?

Kein Weg zurück? Für die Atemwegsobstruktion bei COPD gilt dies seit einiger Zeit – laut GOLD-COPD-Definition – nicht mehr.

© Oliver Boehmer / bluedesign / stock.adobe.com

Lungenerkrankung

COPD: Irreversibilität nicht akzeptiert!