INTERVIEW

Virushepatitis - so früh wie möglich therapieren!

Um Hepatitiden früh zu erkennen, sind Labortests natürlich unverzichtbar. Wichtig ist aber auch der Ultraschall, sagt Professor Michael Manns aus Hannover im Gespräch mit Michael Hubert von der "Ärzte Zeitung".

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Ärzte Zeitung: Viele mit Hepatitis B oder C Infizierte wissen nichts von ihrer Erkrankung. Sollte bei erhöhten Leberwerten daher immer eine chronische Hepatitis B oder C abgeklärt werden?

Prof. Michael Manns: Nicht zwangsläufig. Klar ist jedoch: Sind die Leberwerte erhöht, muß die Ursache gefunden werden. Oft steckt jedoch eine Fettleber dahinter - sie ist bekanntlich die häufigste Ursache erhöhter Leberwerte. Aber ich rate immer, bei allen Patienten, die vor 1990 Blutkonserven erhalten haben oder die i.v. Drogen konsumiert haben, einen Test auf Hepatitis-C-Viren (HCV) zu machen - und zwar unabhängig von den Transaminase-Werten.

Eine erhöhte Prävalenz von Infektionen mit Hepatitis-B-Viren (HBV) haben Menschen aus Asien, Süd- und Osteuropa sowie generell Migranten. Bei unklaren Leberwerten ist bei diesen Personen ein HBV-Test daher immer sinnvoll.

Ärzte Zeitung: Also sollten nur bestimmte Risikogruppen auf HBV und HCV getestet werden?

Manns: Das wäre die völlig falsche Botschaft. Richtig ist: Immer wenn eine Fettleber sicher ausgeschlossen ist und die Leberwerte unklar sind, muß es heißen: Testen Sie Ihre Patienten auf Hepatitis-B- und C-Viren.

Ärzte Zeitung: Welche Bedeutung hat die Sonographie bei der Diagnose?

Manns: Eine große - auch wenn man damit keine Virus-Hepatitis diagnostizieren kann. Aber der Ultraschall ist das Stethoskop des Gastroenterologen: Sie können einen erhöhten Fettgehalt, Zeichen fortgeschrittener Lebererkrankungen etwa eine höckerige Oberfläche, Umgehungskreisläufe oder Tumoren, Gallensteine und vieles mehr sehen. Bei viralen Hepatitiden geht es aber primär um den Ausschluß einer alleinigen Fettleber. Und da ist der Ultraschall das Mittel der Wahl. Bei der heutigen Zunahme des Übergewichts kommt häufig beides zusammen vor: Fettleber und Hepatitis B oder C.

Ärzte Zeitung: Wo können Kollegen weitere Informationen zu viralen Lebererkrankungen erhalten?

Manns: Ich rate, auf www.kompetenznetz-hepatitis.de zu klicken. Die Mitarbeiter des Kompetenznetzes beantworten Fragen und vermitteln bei Bedarf geeignete Spezialisten in der Nähe des anfragenden Kollegen oder Patienten. Der weitere Vorteil: Es können Patienten in klinische Studien vermittelt werden. Das ist etwa wichtig für Patienten, die auf die üblichen Therapien nicht angesprochen haben, die sogenannten Non-Responder. Für sie sind Studien mit neuen, noch nicht zugelassenen Medikamenten die einzige Perspektive.

Und noch eine Bitte: Nicht mit der Überweisung zögern. Das alte Motto "Abwarten und Beobachten" gilt nicht mehr. Heute wird ein früher Therapiebeginn favorisiert - nur das kann Spätfolgen wie das hepatozelluläre Karzinom verhindern.

Ärzte Zeitung: Die Betreuung von Patienten ist in vielen Dingen Aufgabe von Spezialisten. Kommt den Hausärzten nur noch die Funktion von Überweisern zu?

Manns: Auf gar keinen Fall. Der Hausarzt hat die Schlüsselfunktion bei viralen Hepatitiden. Wer, wenn nicht er, stellt die Verdachtsdiagnose? Und: Werden Patienten während einer antiviralen Therapie krank oder treten unerwünschte Wirkungen auf, gehen sie zu ihrem Hausarzt. Er behandelt die Patienten primär und er ist wichtiger Motivator, daß die Patienten bei der Stange bleiben. Der Hausarzt ist unverzichtbar für die Compliance der Patienten - das heißt die Beibehaltung der vollen Medikamentendosis.

Und nicht zuletzt kümmert er sich um die Prophylaxe. Denn es sind Pädiater und Allgemeinmediziner, die heute vornehmlich gegen Hepatitis B impfen.

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ZUR PERSON

Professor Michael Manns, ist Direktor der Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der MHH. Sein besonderes Interesse gilt entzündlichen Lebererkrankungen. Die Abteilung forscht auch im Bereich Zelltherapie und Stammzellen. Als Hepatologe ist er für das Lebertransplantationsprogramm der MHH verantwortlich.

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