Neue Studiendaten

Warum Biostents das Herzinfarkt-Risiko erhöhen

Biologisch abbaubare Stents galten als Ideal-Lösung bei Koronarstenosen. Doch statt sich in Wohlgefallen aufzulösen, führen sie womöglich häufiger zu weiteren Infarkten. Schweizer Kardiologen sind der Ursache auf die Spur gekommen.

Veröffentlicht:
Optische Kohärenztomographie: Obwohl zehn Monate nach Implantation die Position des Bio-Stents korrekt ist (links), sind sechs Monate später die Stentstreben eingebrochen (rechts).

Optische Kohärenztomographie: Obwohl zehn Monate nach Implantation die Position des Bio-Stents korrekt ist (links), sind sechs Monate später die Stentstreben eingebrochen (rechts).

© Inselspital, Universitätsspital Bern

BERN. Große Hoffnungen lagen auf einem 2011 zugelassenen Polymer-Stent aus Milchsäure, der sich innerhalb von drei bis vier Jahren komplett auflöst und Irritationen der Gefäßwand weniger häufig auftreten lassen sollte. Die jüngsten Studien zum Stent zeigen nun aber, dass diese Bio-Stents pardoxerweise zu bedeutend mehr Komplikationen führen – insbesondere auch mehr als ein Jahr nach der Implantation. Als Folge habe der Hersteller das Produkt vor wenigen Wochen weltweit vom Markt genommen, berichtet nun das Universitätsspital Bern.

Warum allerdings Komplikationen auftraten, war zunächst unklar. Berner Forscher unter Leitung von Professor Lorenz Räber vom Universitätsspital haben jetzt wohl die Ursache entdeckt. Die Kardiologen haben in Zusammenarbeit mit Universitäten aus Europa und Asien 36 Patienten untersucht, die späte Bio-Stent-Verschlüsse, also über ein Jahr nach Implantation, erlitten hatten. Mittels optischer Kohärenztomografie, bei der nahezu mikroskopische Bilder aus dem Inneren der blockierten Gefäß geliefert werden, wurde dann die Ursache sichtbar.

Eigentlich habe der Stent zwar das gemacht, wofür er konzipiert wurde: Er löste sich in einzelne Fragmente auf. Allerdings: "Obwohl die Stents korrekt implantiert wurden, sahen wir Einbrüche des Stentgerüsts ins Innere des Gefässes", so Räber. Diese Fragmente, die noch nicht vollständig in die Gefäßwand eingewachsen seien, könnten zu einer gefährlichen Gerinnselbildung und zum Herzinfarkt führen.

Blutverdünner essenziell

"Als direkte Konsequenz dieser Resultate empfehlen wir unseren Patienten mit solchen Stents, die Blutverdünnung mit zwei Plättchenhemmern weiterzuführen. Und zwar über drei bis vier Jahre anstelle von normalerweise einem Jahr", erklärt Räber weiter in der Universitätsmitteilung. Die Studiendaten seien aktuell auch im "Journal oft the American College of Cardiology" (DOI: 10.1016/j.jacc.2017.09.014) publiziert und auf dem amerikanischen Kardiologie-Kongress (ACC) in Denver präsentiert worden.

Die Erkenntnisse der Studie könnten nun helfen, Nachfolgemodelle zu verbessern, etwa durch dünnere Stentstreben und eine schnellere Auflösung. Hierzu habe bereits eine Arbeitsgruppe der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) unter Leitung von Professor Stephan Windecker, Chefarzt am Universitätsspital Bern kürzlich Leitlinien veröffentlicht. (run)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

OPTIMA-AF

PCI und Vorhofflimmern: Wie antithrombotisch optimal behandeln?

2. Preis Charity Award 2025

Keine Ahnung von Reanimation? Studierende vermitteln Kompetenz

Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

© Springer Medizin Verlag

Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Puren Pharma GmbH & Co. KG, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuer Verschlüsselungsalgorithmus in der TI

gematik verlängert Frist für Austausch der E-Arztausweise

Lesetipps
Mit einer eher seltenen Diagnose wurde ein Mann in die Notaufnahme eingeliefert. Die Ursache der Hypoglykämie kam erst durch einen Ultraschall ans Licht.

© Sameer / stock.adobe.com

Kasuistik

Hypoglykämie mit ungewöhnlicher Ursache

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel

© undrey / stock.adobe.com

Kolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel