Zuviel Hygiene - eine Ursache von M. Crohn bei Kindern?

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MÜNCHEN (wst). Studien zufolge hat sich in den vergangenen 20 Jahren die Inzidenz von Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen in westlichen Industrienationen etwa verdreifacht. Als Grund werden die gleichen Faktoren angenommen, die wohl auch die Zunahme von Asthma, Allergien, Typ-1-Diabetes und anderen Autoimmunkrankheiten bedingen: etwa veränderte Hygienebedingungen.

Kinder mit M. Crohn haben oft schon eine schwere Form der Erkrankung.

Kinder mit M. Crohn haben oft schon eine schwere Form der Erkrankung.

© Foto: ami

Die Inzidenz von Morbus Crohn wird für Europa zwischen 4 bis 7 und für die USA zwischen 7 bis 14 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner angegeben. Dort, wo es schon seit mehreren Jahrzehnten Crohn-Register gibt, etwa in Schweden oder Israel, verweisen die Epidemiologen seit Mitte des 20. Jahrhunderts auf eine stete Zunahme. Für die vergangenen 20 Jahre wird speziell bei Kindern und Jugendlichen im Mittel eine Verdreifachung berichtet.

Eine genetische Prädisposition für Morbus Crohn gilt als gesichert, sagte Professor Sibylle Koletzko vom Dr. von Hauner'schen Kinderspital der Universität München. Bei etwa zehn Prozent aller Crohn-Patienten ist die Familienanamnese positiv, so Koletzko auf einer Veranstaltung des Unternehmens Essex in München. Und im Vergleich zu familiär unbelasteten Altersgenossen haben Kinder mit einem an M. Crohn erkrankten Geschwister- oder Elternteil statistisch ein 50- bis 100-fach erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken.

Offensichtlich führen veränderte Umweltfaktoren dazu, dass die genetische Disposition häufiger und auch früher in die manifeste Erkrankung mündet, sagte Koletzko. Interessant ist, dass die Zunahme der Morbus-Crohn-Inzidenz parallel zur Inzidenz-Zunahme von Allergien, Asthma, Typ-1-Diabetes, Multipler Sklerose und anderen Autoimmunerkrankungen verläuft. Dagegen sind im gleichen Zeitraum Infektionen wie Tuberkulose, Hepatitis A und vor allem auch Wurmbefall rückläufig.

Deshalb ist in der Ursachensuche bei Morbus Crohn besonders auch die aus der Allergologie bekannte Hygienehypothese in der Diskussion: Demnach käme es mangels der Konfrontation mit Parasiten und mikrobiellen Toxinen bei modernen Menschen zu einer Fehlprägung des Immunsystems. Mögliche Folge: Autoimmunerkrankungen.

Deutliche Hinweise für diese Hypothese geben Daten von noch unpublizierten Kohortenstudien aus 13 deutschen Kinderzentren. Daten wurden erhoben bei 444 Kindern und Jugendlichen mit Morbus Crohn und 304 mit Colitis ulcerosa sowie 1481 Altersgenossen ohne diese Darmkrankheiten. Offenbar ist ein regelmäßiger Kontakt mit Stalltieren oder ihren Ausscheidungsprodukten im ersten Lebensjahr statistisch mit einer Halbierung des Risikos assoziiert, bis zum 18. Lebensjahr an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zu erkranken

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