Entscheidung des Landeskabinetts

Brandenburg plant eigenständige Medizin-Universität

Das Landeskabinett in Brandenburg hat das Konzept für die Universitätsmedizin Cottbus beschlossen. Bis 2035 soll der Ausbau mit 200 Studienplätzen abgeschlossen sein. Zunächst steht die Bewertung durch den Wissenschaftsrat an.

Benjamin LassiweVon Benjamin Lassiwe Veröffentlicht:
Dr. Ulrike Gutheil (l) und Professor Eckhard Nagel (r), Projektbeauftragte für den Aufbau des Innovationszentrums Universitätsmedizin (IUC) Cottbus, haben mit Brandenburgs Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle (SPD) die Pläne für Universitätsmedizin vorgestellt. (Archivfoto)

Dr. Ulrike Gutheil (l) und Professor Eckhard Nagel (r), Projektbeauftragte für den Aufbau des Innovationszentrums Universitätsmedizin (IUC) Cottbus, haben mit Brandenburgs Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle (SPD) die Pläne für Universitätsmedizin vorgestellt. (Archivfoto)

© Soeren Stache/dpa

Potsdam. Für die geplante Medizinerausbildung in Cottbus soll eine eigenständige medizinische Universität entstehen. Das sagte Brandenburgs Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle (SPD) am Dienstag nach der Sitzung des Landeskabinetts.

Zuvor hatten Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke (SPD) und seine Minister einstimmig die von Schüle vorgelegten Leitlinien der Landesregierung für das Konzept zum Aufbau des Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus (IUC) beschlossen. Das Konzept soll Ende März an den Wissenschaftsrat zur Begutachtung übergeben werden.

Sollte das Gutachten des Wissenschaftsrates positiv ausfallen, könnte die Universität Mitte 2024 – also noch vor den nächsten, im Herbst 2024 in Brandenburg anstehenden Landtagswahlen – gegründet werden.

Zeitgleich soll das bisher kommunale Carl-Thiem-Klinikum in die Trägerschaft des Landes übergehen. 2026 könnten sich dann die ersten Studierenden einschreiben. Bis 2035 soll der Vollausbau der Universität abgeschlossen sein. Man plane mit 1.300 Stellen und 200 Studienplätzen pro Jahr.

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Schüle: Wir bilden aus, weil wir die Ärzte brauchen

Wie Schüle vor Journalisten sagte, sei die geplante Universitätsmedizin das mit Abstand wichtigste und anspruchsvollste Projekt beim Strukturwandel in der Lausitz. „Wir bilden Ärztinnen und Ärzte aus, weil wir sie brauchen“, sagte Schüle. „Weil wir sie in der Lausitz brauchen und in Brandenburg brauchen.“ Mit der in der Lausitz geplanten Modellregion habe man eine gute Chance, eine Versorgungsstruktur aufzubauen, die die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt.

Schüle und die Projektbeauftragten Professor Eckhard Nagel und Dr. Ulrike Gutheil betonten, die neue Universität solle eng mit der bestehenden Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) kooperieren. „Wir wollen eine kleine, familiäre medizinische Universität mit schlanken Strukturen, schnell und forschungsstark“, sagte Gutheil.

Eigenständige Uni ist besser und „ehrlicher“

Gutheil zufolge sei das Modell einer eigenständigen Universität aus steuer- und tarifrechtlichen Gründen besser und „ehrlicher“. Auch bei der Finanzierung der geplanten Universitätsmedizin will das Land einen anderen Weg beschreiten als bisher geplant: Statt einer Finanzierung nach Artikel 91b des Grundgesetzes ist künftig eine Finanzierung nach Artikel 104b geplant. „Das hat den Vorteil, dass nicht alle anderen Bundesländer zustimmen müssen“, sagte Gutheil.

Mit dem Bundesforschungsministerium sei vereinbart, dass das IUC mit Mitteln aus dem Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen 1,2 Milliarden Euro gefördert werde. Hinzu kämen rund 500 Millionen Euro für Investitionen des Bundes in Bauten und digitale Infrastrukturen.

Brandenburg soll bis 2038 500 Millionen Euro zahlen

In der Aufbauphase ist nach Angaben Gutheils eine Ko-Finanzierung der Bundesmittel durch das Land in Höhe von rund 500 Millionen Euro geplant. Ab 2038, wenn die Bundesfinanzierung endet, fallen dann jährlich rund 160 Millionen Euro Kosten für Brandenburg an. Man habe aber mit dem Bund vereinbart, zu einem späteren Zeitpunkt Gespräche über eine Forschungsfinanzierung durch den Bund zu führen.

„In der Coronakrise haben viele Menschen erkannt, welche grundlegende und existenzielle Bedeutung die medizinische Forschung für jeden von uns hat“, sagte Nagel. „Moderne Spitzenmedizin sollte leicht zugänglich und wohnortnah sein.“ Das gelte auch für den medizinisch-wissenschaftlichen Fortschritt.

„Jeder Einzelne kann daran partizipieren“, so Nagel. „Für viele Menschen stellt sich aber die Frage: Klappt das eigentlich noch? Was ist mit den langen Wartezeiten und mit den Engpässen bei wichtigen Medikamenten?“ Eine zentrale Antwort darauf sei der Aufbau einer medizinischen Universität.

Gesundheitssystemforschung im Zentrum

Spezialisieren soll sich die neue Hochschule auf die Gesundheitssystemforschung. „Die Universitätsmedizin in Cottbus wird durch den von der IUC-Expertenkommission vorgeschlagenen interprofessionellen Lehransatz einen Vorbildcharakter haben“, sagte Nagel. Eine zentrale Rolle spiele dabei die Digitalisierung, denn sie ermögliche eine umfassende Gesundheitsdatennutzung.

„Ich bin überzeugt, dass diese Schwerpunkte junge Menschen und exzellente Forscher in die Lausitz ziehen werden“, sagte Nagel. „Ich bin überzeugt davon, dass die Unimedizin das Leben in der Region konkret für jeden Einzelnen lebenswerter macht.“

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