Gerangel zwischen Bund und Ländern

„Verantwortungspartner" im Norden, Spielverderber in Berlin?

Tagung „Vernetzte Gesundheit" in Schleswig-Holstein: Wunsch nach besseren Rahmenbedingungen für Digitalisierung und Kooperation. Ministerin von der Decken regt Verantwortungspartnerschaft an.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Wir haben nur ein Problem auf Landesebene - und das ist, dass wir im Land nicht alles lösen dürfen: Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU).

Wir haben nur ein Problem auf Landesebene - und das ist, dass wir im Land nicht alles lösen dürfen: Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU).

© Felix Kästle/picture alliance

Bad Segeberg. Alle wollen mehr Digitalisierung und alle wollen kooperieren, um besser versorgen zu können - nur die vom Bund gesetzten Rahmenbedingungen lassen sie nicht. Diesen Tenor vermittelten schleswig-holsteinische Akteure auf der Veranstaltung „Vernetzte Gesundheit - Versorgung von morgen aktiv gestalten" Mittwochabend in Bad Segeberg.

„Wir haben nur ein Problem auf Landesebene - und das ist, dass wir im Land nicht alles lösen dürfen." Der Satz von Landesgesundheitsministerin Professorin Kerstin von der Decken (CDU) machte deutlich: Die Bundespolitik wird in der Region derzeit nur noch als Hemmschuh für die Gestaltung der Gesundheitsversorgung wahrgenommen. Von der Decken begrüßte in den Räumen der KV rund 100 geladene Gäste aus der Gesundheitsszene und legte ihnen eine „Verantwortungspartnerschaft" ans Herz, um zum Beispiel die Integration ausländischer Fachkräfte im Gesundheitswesen zu verbessern. Helfen soll dabei ein Pakt für Gesundheits- und Pflegeberufe, an dem sich viele Akteure, Institutionen, andere Ressorts der Regierung und Behörden beteiligen. Ihr Ziel: Ausländische Fachkräfte in größerer Zahl und schneller in die Versorgung zu lotsen.

„Kommunikatives Desaster" auf Bundesebene

Von der Decken und weitere Gäste einer Podiumsdiskussion mahnten eine bessere Zusammenarbeit über die Sektorengrenzen hinweg an. Von den Krankenkassen über die Universitätsmedizin bis zur Ärztekammer waren sich die Vertreter einig, dass die bestehenden Möglichkeiten dafür auf Landesebene genutzt werden und allein die Rahmenbedingungen des Bundes keine noch intensivere Zusammenarbeit zulassen.

Ein Beispiel dafür ist aus Sicht der Beteiligten die getrennte Honorierung. KV-Vorstandsmitglied Dr. Ralph Ennenbach verwies aber auch auf die gestörte Kommunikation zwischen den Akteuren und Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD). Er sprach von einem „kommunikativen Desaster". Von der Decken will alles dafür tun, dass es dazu im Land nicht kommt. Mehrfach wiederholte sie Ennenbachs Appell „Es geht nur gemeinsam." Auf die Expertise der Institutionen und Beteiligten zu verzichten, sie gar als „Lobbyisten" links liegen zu lassen, kommt für sie nicht in Frage. „So kann man mit den Vertretern der Ärzteschaft nicht reden", sagte die Ministerin. Sie ist überzeugt, dass gemeinsam gefundene Lösungen der Bevölkerung besser vermittelbar sind, selbst wenn diese unbequem ausfallen: „Menschen vertragen Wahrheiten."

Digitales Potenzial nicht ausgeschöpft

Großes Potenzial sehen die Beteiligten im Norden in der Digitalisierung. Sie erhoffen sich deutliche Zeitersparnisse, Arbeitserleichterungen und Verbesserungen in der Versorgung. Key-Note-Speaker Professor Sebastian Kuhn, Professor für Digitale Medizin aus Gießen-Marburg, ist überzeugt, dass die Bevölkerung die von der Digitalisierung ausgelösten Vorteile im Alltag auch im Gesundheitswesen erwarten. Das von ihm beschriebene Potenzial erscheint groß, unter anderem durch hybride Befundung.

Zukunft des Versorgungssicherungsfonds offen

Verschiedene Projekte, die in diese Richtung gehen, werden aktuell vom Versorgungssicherungsfonds des Landes finanziell unterstützt. Insgesamt wurden dafür laut von der Decken bereits 14,5 Millionen Euro für 37 Projekte ausgeschüttet. Alle bereits bewilligten Projekte sollen auch weiter geführt werden. Ob der Fonds allerdings von Dauer sein wird, steht derzeit in den Sternen. Von der Decken ist nicht sicher, ob die finanzielle Situation des Landes dies auch künftig zulässt. Sie versicherte aber: „Wir werden Mittel und Wege finden, um weiterhin Dinge anzustoßen."

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