Bund-Länder-Eckpunktepapier

Streit über Schleswig-Holsteins Haltung bei Krankenhausreform

Schleswig-Holstein hat sich beim Bund-Länder-Beschluss für ein Eckpunktepapier zur Krankenhausreform als einziges Bundesland enthalten. Im Landtag gibt es heftigen Streit, ob das ein sinnvoller Schritt auf dem Weg zu einem Gesetz ist.

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Musste im Landtag harsche Kritik einstecken: Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU). (Archivfoto)

Musste im Landtag harsche Kritik einstecken: Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU). (Archivfoto)

© Felix Kästle/picture alliance

Kiel. Die Abgeordneten im schleswig-holsteinischen Landtag haben über die Haltung der Landesregierung zur Krankenhausreform gestritten. Dabei musste Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) am Donnerstag heftige Kritik der Opposition einstecken, weil sich Schleswig-Holstein als einziges Bundesland beim Beschluss eines Bund-Länder-Eckpunktepapiers enthalten hatte.

Die Ministerin verteidigte das Abstimmungsverhalten. „Anders als von der Opposition dargestellt war die Enthaltung weder mutlos noch planlos und auch keine krasse Fehlentscheidung“, sagte die Ministerin. Die Enthaltung sei folgerichtig gewesen und ein klares Bekenntnis, dass die Verantwortung zur Sicherstellung der stationären Versorgung ernst genommen werde.

Ministerin weist die Kritik zurück

Am Montag hatten Bund und Länder ein Eckpunktepapier für eine Krankenhausreform beschlossen. Bayern stimmte dagegen, Schleswig-Holstein enthielt sich. Eine Ablehnung des Papiers wäre falsch gewesen, betonte von der Decken. Mit der Enthaltung habe Schleswig-Holstein eine klare Position für die Krankenhäuser bezogen.

Die Ministerin stellte zwei aus ihrer Sicht problematische Inhalte des Papiers heraus. Erstens habe der Bund eine Analyse zu den erwarteten Auswirkungen der Reform zugesagt, aber nicht geliefert. Zweitens habe sich der Bund aus seiner Verantwortung für die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser herausgezogen.

Die geplante neue Finanzierung der Betriebskosten auf Basis von sogenannten Vorhaltepauschalen werde frühestens 2026/27 Wirkung entfalten. „Wir alle wissen, dass die Krankenhäuser in höchster finanzieller Not sind.“ Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nehme weitere Insolvenzen in Kauf. „Wir halten das für fatal und konnten deswegen dem Eckpunktepapier nicht zustimmen.“

Übergangsfinanzierung hätte eingefordert werden müssen

Der frühere Landesgesundheitsminister Heiner Garg (FDP) warf seiner Nachfolgerin erneut vor, eine krasse Fehlentscheidung getroffen zu haben. „Sie haben sich damit jeden Gestaltungsspielraum genommen.“ Natürlich brauche es eine Übergangsfinanzierung, um den kalten Strukturwandel zu stoppen. „Sie hätten zustimmen müssen und eine Protokollerklärung abgeben müssen, in der Sie genau diese Übergangsfinanzierung einfordern. Das wäre der richtige Wege gewesen, und sich nicht vom Acker machen.“ Mit der Enthaltung habe sich von der Decken der größten Gestaltungsmöglichkeit beraubt. „Dass Schlimme ist, dass Schleswig-Holstein sich mit diesem Abstimmungsverhalten gesundheitspolitisch verzwergt hat“, sagte Garg.

Der CDU-Abgeordnete Hauke Hansen verteidigt die Ministerin gegen Kritik. Sie habe an Änderungen der ursprünglich schlechten Pläne mitgewirkt. „Die Enthaltung verdeutlicht die Bereitschaft zu einer konstruktiven Mitarbeit.“ Lauterbach lasse die Länder sehenden Auges in ein Krankenhaussterben laufen und das sei nicht akzeptabel. „Die Bundesländer können sich nicht alles gefallen lassen“, sagte Hansen.

Sorge um kleinere Kliniken

Der Grünen-Abgeordnete Jasper Balke bezeichnete die Krankenhausstrukturreform als das wichtigste gesundheitspolitische Projekt der Ampel-Koalition im Bund. „Deshalb ist es auch genau richtig, dass wir in Schleswig-Holstein schon jetzt, noch vor dem Beschluss des endgültigen Gesetzes, in die Vorbereitungen der Neuaufsetzung unseres eigenen Landeskrankenhausplans 2024 und der durch die Bundesreform notwendig werdenden Änderungen unseres Landeskrankenhausgesetzes gehen.“ Allerdings ärgere es ihn, dass vor allem kleinere Kliniken in ländlichen Regionen, die besonders wichtig seien, aufgrund von wirtschaftlichen Schwierigkeiten wahrscheinlich schließen müssten.

Auch Birte Pauls von der SPD-Fraktion nannte die Krankenhausreform richtig. „Schleswig-Holstein enthält sich kraft- und mutlos“, kritisierte sie die Ministerin. Die Begründung, man könne die Auswirkungen für Schleswig-Holstein nicht überblicken, mache sie fassungslos. „Frau Ministerin, Sie haben mit ihrer Enthaltung jegliche Gestaltungsmöglichkeit aufgegeben.“ Die anderen Länder, darunter auch alle CDU-Länder, hätten die Wichtigkeit dieser Reform erkannt und brächten sich mit ihrer Fachexpertise ein. „Aber wer Desinteresse zeigt, wird ungern zum Mitgestalten eingeladen.“

Sorge wegen immer weiterer Wege

Christian Dirschauer (SSW) befürchtet, dass für viele Patienten die ohnehin weiten Wege ins Krankenhaus noch weiter werden. Der SSW sehe die Landesregierung in der Pflicht, sicherzustellen, dass es die notwendige Versorgung gebe. „Mit Blick auf die Akutversorgung darf die Reform nicht dazu führen, dass die Wege für die Menschen im Land immer weiter werden.“ Finanzielle Hilfen des Bundes seien dringend nötig. Mit Blick auf von der Decken und deren Mitwirkungsmöglichkeiten bei der weiteren Ausarbeitung des Krankenhausreformgesetzes sagte Dirschauer: „Wenn man sich selbst auswechselt, kann man keine Tore mehr schießen.“ (dpa)

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