Studienergebnisse

Jugend im Krisenmodus? Psychische Gesundheit hat sich verschlechtert

Junge Menschen fürchten besonders den Krieg in Europa. Auch die Liste anderer Sorgen bleibt lang, wie eine aktuelle Studie zeigt. Und doch: Die Grundstimmung in der jungen Generation ist trotz allem positiv.

Von Josefine Kaukemüller Veröffentlicht:
Was treibt junge Menschen um, was bewegt sie? Dieser Frage ist die repräsentative Studie „Jugend in Deutschland“ nachgegangen.

Was treibt junge Menschen um, was bewegt sie? Dieser Frage ist die repräsentative Studie „Jugend in Deutschland“ nachgegangen.

© Fernando Gutierrez-Juarez/dpa

Berlin. Krieg in Europa, mehr als zwei Jahre Pandemie und der allgegenwärtige Klimawandel – die von mehreren globalen Krisen geprägte Zeit geht besonders an jungen Menschen nicht spurlos vorbei. Das zeigt eine von den Jugendforschern Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann geleitete repräsentative Befragung von 14- bis 29-Jährigen, die am Dienstag vorgestellt wurde. Der mit dem Angriff Russlands gegen die Ukraine am 24. Februar nach Europa gekommene Krieg ist demnach die größte Sorge junger Menschen geworden.

Die Trendstudie „Jugend in Deutschland“ wurde nun zum vierten Mal im Halbjahres-Rhythmus vorgelegt. Insgesamt wurden 1021 junge Menschen im März 2022 befragt. Das Ergebnis: Die neue Kriegsangst bedeutet nicht, dass andere Ängste abgenommen haben. So sind Bedenken wegen des Klimawandels, der Inflation und der Spaltung der Gesellschaft sowie das durch Corona nach wie vor beeinträchtigte Lebensgefühl prägend für die Befragten.

„Wir haben eine Überlagerung von Krisen und diese Last für junge Menschen, die ist doch sehr groß geworden“, resümiert Schnetzer. Diese Überlagerung strapaziert folglich auch zunehmend die psychische Gesundheit der Jugend, wie es hieß.

Angst vor Klimawandel ist an zweite Stelle getreten

In Zahlen stellen sich die größten Sorgen der Generation nach den Umfrageresultaten so dar: Das Thema Krieg in Europa, das 68 Prozent Sorge bereitet, ist sprunghaft an die erste Stelle getreten. 46 Prozent haben dabei große Angst, dass der Krieg in der Ukraine sich auf ganz Europa ausweiten könnte. Die bislang dominierende Angst vor dem Klimawandel (55 Prozent) folgt jetzt an zweiter Stelle. Auch die Sorgen vor einer Inflation (46 Prozent), einer sozialen Spaltung der Gesellschaft (40 Prozent) und einer Wirtschaftskrise (39 Prozent) bleiben präsent.

Eine Generation, die von Krise zu Krise rutscht? Tatsächlich sehen die Forscher die Jugend bereits seit Jahren im „Dauerkrisen-Modus“. Schnetzer führt im Rahmen der Studie aus, Ältere hätten bereits die Wirtschaftskrise von 2008, den großen Unfall des Atomkraftwerks Fukushima 2011 und die sogenannte Flüchtlingskrise 2015 als prägend erlebt.

Die psychische Gesundheit der Generation habe sich zuletzt verschlechtert, der Krieg drücke als weitere große emotionale Last auf die ohnehin angespannte Stimmung. Fast die Hälfte (45 Prozent) der Befragten gab demnach an, Stress zu erleben.

Fachleute bezeichnen erhobene Zahlen als erschreckend

Auf der Liste der häufigsten psychischen Belastungen folgen Antriebslosigkeit (35 Prozent), Erschöpfung und Langeweile (je 32 Prozent) sowie Depression und Niedergeschlagenheit (27 Prozent). 13 Prozent erleben Hilflosigkeit, sieben Prozent sogar Suizidgedanken. Diese Zahlen, so die Experten, seien erschreckend. Und eine entsprechende Reaktion etwa durch mehr psychologische Unterstützung an Schulen sei wichtig.

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Ein zurückhaltend-optimistisches Signal sendet die neue „Jugend in Deutschland“-Studie allerdings auch: Den Autoren zufolge ist nämlich die Grundstimmung in der jungen Generation trotz allem erstaunlich positiv. Dafür spreche, dass die meisten Befragten für sich persönlich trotz aller Belastungen eine gute Zukunft erwarten.

Dennoch: Nicht zu übersehen seien die innere Unruhe und die Verunsicherung der jungen Menschen. Obwohl sich die meisten demnach zutrauen, trotz widriger Umstände das eigene Leben in den Griff zu bekommen, sehen sie mit Blick auf die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklung Deutschlands große Konflikte. Hurrelmann sieht eine „jugendtypische, robuste, optimistische Grundhaltung“, darunter „bröckelt es aber“. (dpa)

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