Ebola-Krisenmanagement

Breiter Spagat zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Das Deutsche Institut für Ärztliche Mission hat in Westafrika unter Einbeziehung der Bevölkerung Wiederaufbaukonferenzen nach der Ebola-Epidemie abgehalten – ein sinnvoller Ansatz. Aber: Scheitert die Mammutaufgabe letztlich an der Realität?

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Ein Schild in einem Slum in Monrovia (Liberia): Laut des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sind der Ebola-Krise in Westafrika - Stand August 2016 - insgesamt 11.323 Todesfälle geschuldet.

Ein Schild in einem Slum in Monrovia (Liberia): Laut des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sind der Ebola-Krise in Westafrika - Stand August 2016 - insgesamt 11.323 Todesfälle geschuldet.

© Ahmed Jallanzo / epa / dpa

NEU-ISENBURG. Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene sind für das künftige Gemeindeleben in Sierra Leone von höchster Priorität, in Guinea und Liberia spielt dieser Aspekt bei dem Wiederaufbau nach der jüngsten Ebola-Epidemie hingegen nur im Zusammenhang mit Gesundheitseinrichtungen eine größere Rolle.

Nur in Liberia und Sierra Leone haben die Einwohner das Gefühl, ihre Kommunen seien willens und in der Lage, die Gesundheitsinfrastruktur unterstützend mitaufzubauen – in Guinea fasst anscheinend niemand diesen Gedanken.

Das sind nur zwei von vielen strukturierten Ergebnissen sogenannter Open Space-Konferenzen in den einzelnen Staaten, die das Deutsche Institut für Ärztliche Mission (Difäm) dieses Jahr im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) abgehalten hat, um die Menschen und zivilgesellschaftliche Organisationen in Sierra Leone, Liberia und Guinea am Aufbau ihrer Gesundheitssysteme zu beteiligen und in die Planungen und Umsetzung zu integrieren.

Einbezogen in die dreitägigen Konferenzen waren laut Difäm 463 Vertreter von der nationalen, regionalen und kommunalen Ebene sowie von Seiten der Regierung, der Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft. Sie sollten eruieren, welche Maßnahmen ihre jeweiligen Länder epidemieresistent machen könnten.

Laut BMZ sind der Ebola-Krise – Stand August 2016 – insgesamt 28.646 gemeldete, diagnostizierte Krankheitsfälle sowie 11.323 Todesfälle geschuldet.

Individuelle Strategien notwendig

Hintergrund ist, dass die teils schon vor dem Ebola-Ausbruch Anfang 2014 maroden Gesundheitssysteme im Zuge der Epidemie fast völlig zum Erliegen kamen. Viele Schulen waren für lange Zeit geschlossen, und Patienten mit anderen Erkrankungen sowie Schwangere und Kinder konnten teilweise nicht mehr medizinisch versorgt werden.

Auch wichtige vorbeugende Gesundheitsmaßnahmen, wie zum Beispiel Impfkampagnen, wurden durch die Epidemie behindert. Ohne auf die Ergebnisse für die Länder im Detail einzugehen zeigt sich, dass es keineswegs mit einer einheitlichen und übergreifenden Strategie getan ist, um Westafrika fit zu machen für ein Seuchenkrisenmanagement.

Hier müssen für jedes einzelne Land individuelle Ansätze konzipiert werden, die die individuellen Gegebenheiten berücksichtigen. Hierbei geht es zum Beispiel um die unterschiedliche Rolle der traditionellen Medizin in den Ländern und um das Vertrauen in lokale Gesundheitsinfrastrukturen.

Erst vor Kurzem hatte sich hierzu ein Vertreter der Ethnologie gemeldet. "Dass sich Ebola so schnell ausbreiten und so lange bestehen konnte, kann nicht allein durch die medizinischen Eigenschaften des Virus erklärt werden", erläuterte Dr. Sung Joon Park vom Seminar für Ethnologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU).

"Auch das fehlende Vertrauen der Bevölkerung in die Wirksamkeit der Schulmedizin gilt als ein wichtiger Grund dafür", verdeutlicht Park.

Ebola genießt inzwischen eine hohe Priorität

Der Einwurf des Ethnologen weist darauf hin, wie immens wichtig es ist, in teils nepotistisch regierten Ländern Regierungen wie Bevölkerung einzubeziehen, um gemeinsam gegen eine Bedrohung zu kämpfen.

Dass Ebola nicht nur ein regionales Problem ist, sondern neben der humanitären vor allem auch eine wirtschaftliche Strahlkraft entwickelt hat – die wirtschaftlichen Einbußen der Länder werden laut BMZ allein für 2015 auf etwa 1,6 Milliarden US-Dollar geschätzt –, zeigt, wie die internationale Gemeinschaft selbstkritisch auf ihre Performance in puncto Krisenmanagement reagiert.

So hat etwa WHO-Generaldirektorin Margaret Chan im Mai zur 69. Weltgesundheitsversammlung in Genf explizit von Versorgungsversäumnissen im Zuge der Ebola-Krise gesprochen. Zudem fehlten jedwede Basisinfrastruktur sowie Kapazitäten für die Überwachung, die Diagnostik, die Infektionskontrolle und die klinische Versorgung.

Die Delegierten stimmten für WHO-Maßnahmen zum forcierten Datenaustausch zur Diagnostik sowie Prävention und Therapie. Bei ihrem Gipfel auf Schloss Elmau im Juni 2015 forderte die G7-Allianz mit Blick auf die Ebola-Krise die Weltbankgruppe auf, einen Finanzierungsschirm zum Schutz der ärmsten Länder vor Pandemien einzurichten.

Pünktlich zum G7-Gipfel im Mai in Japan hat die Weltbank geliefert. Bei der Pandemie-Notfall-Finanzierungsfazilität handele es sich um den ersten Versicherungsmarkt für Pandemierisiken. Trotz aller Bekundungen zur Zusammenarbeit und internationaler Unterstützung wird erst der nächste Seuchenausbruch die harte Bewährungsprobe für ein Seuchenkrisenmanagement in Westafrika sein – fernab warmer Worte.

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