Finanzkrise erreicht die Medizin

Mit ein bis zwei Jahren Verzögerung hat die Finanzkrise 2008 auch die Medizin erreicht. Vor allem die Problemländer haben scharfe Sparschnitte unternommen. Ausnahme ist Deutschland: hier hat auch der Gesundheitsfonds geholfen.

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Gewitter über der Bankenstadt: Auch die Medizin leidet unter der Krise.

Gewitter über der Bankenstadt: Auch die Medizin leidet unter der Krise.

© Uwe Anspach / dpa

PARIS (HL). Die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008 hat dramatische Folgen für die Gesundheitssysteme der OECD-Länder gehabt.

Erstmals seit zehn Jahren stagnieren real die Gesundheitsausgaben im Durchschnitt der OECD, während in den zehn Jahren zuvor jährliche reale Zuwachsraten von etwa fünf Prozent erreicht worden waren.

Die einzige Ausnahmeerscheinung unter den OECD-Ländern ist Deutschland, dessen realer Zuwachs bei den Gesundheitsausgaben zwischen 2009 und 2010 gestiegen ist: auf 2,7 Prozent im Vergleich zu jährlich 2,3 Prozent in den Jahren zwischen 2000 und 2009.

Besonders hart hat es die Krisenländer Irland, Island, Estland, Griechenland und die tschechische Republik getroffen. In den meisten dieser Länder waren die Gesundheitsausgaben seit 2000 jährlich real um deutlich mehr als fünf Prozent gestiegen.

Mit ein- bis zweijähriger Verzögerung schlug die Finanzkrise von 2008 dann auch bei den Ausgaben für medizinische Leistungen ein: Die Gesundheitsausgaben wurden real um bis zu acht Prozent zurückgefahren.

Auch in den wohlhabenden und weniger stark von der Krise betroffenen Ländern trat die Gesundheitspolitik auf die Bremse. In Dänemark gingen die Gesundheitsausgaben um rund drei Prozent zurück.

Arbeitsplatzabbau im Gesundheitswesen

Selbst das aufgrund seiner Erdöl- und Erdgasreserven immens reiche Norwegen, das sich innerhalb von Europa mit das teuerste Gesundheitssystem leistet, senkte die Ausgaben um rund zwei Prozent real.

Länder wie Österreich, Polen, Portugal, Finnland und Belgien ließen nur noch minimales Wachstum der Ausgaben für Gesundheit zu.

Übliche Instrumente der Kostendämpfung: staatlich verordnete Preissenkungen etwa für Arzneimittel, Senkung der Arzthonorare, Erhöhung der Selbstbeteiligung für die Patienten.

In etlichen Ländern führte das zu einem Arbeitsplatzabbau im Gesundheitswesen.

Die Folge: Im OECD-Durchschnitt sank der Anteil der Gesundheitsausgaben zwischen 2009 und 2010 von 9,6 auf 9,5 Prozent.

Zum Vergleich: Deutschland liegt gemeinsam mit Frankreich bei 11,6 Prozent, die Niederlande bei 12 Prozent.

Mit dem 2009 geschaffenen Gesundheitsfonds und staatlichen Zuschüssen für die GKV kam das deutsche System vergleichsweise gut durch die Krise.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kein Immunschutz für die Medizin

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Kommentare
Jörg Dähn 10.07.201213:35 Uhr

Gut durch die Krise weil

-die Krankenkassen gut mit den Pharmafirmen verhandeln.
-niedergelassene Ärzte Medikamente und Heil-/Hilfsmittel aus Regressangst rationieren.
-der Fonds grosse Mengen an Geld bunkert, dass eigentlich den Versicherten und/oder den Ärzten zustände.

Insgesamt also nicht so toll.

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