Krankenhausmanagement

Klinikum Bayreuth: Ärzte üben Kritik – und werden entlassen

Streit am Klinikum Bayreuth. Ein Neurologe und eine Neuropädiaterin wurden entlassen. Die Ärzte sprechen von Versorgungsmängeln und Handlungsbedarf, die Geschäftsführung von ungerechtfertigten Vorwürfen.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Dicke Luft am Klinikum Bayreuth?

Dicke Luft am Klinikum Bayreuth?

© picture alliance / dpa

BAYREUTH. Seit Ende Februar sind sie nun freigestellt, inzwischen gekündigt: Dr. Silvia Vieker, Kinderärztin und Neuropädiaterin sowie Dr. Jörg Schmitt, Neurologe, waren beide seit einigen Jahren am Klinikum Bayreuth tätig. Das Ärzte-Ehepaar zählt zu den Experten auf dem Gebiet Epilepsie. Schmitt arbeitete an der Klinik für Neurologie, Vieker an der Kinderklinik. Die Ärztin leitete dort die Ambulanz für Neuropädiatrie und Epileptologie, die sie selbst mit aufgebaut hat. Die ist nun geschlossen. Patienten, so die Information, müssten Kinderarztpraxen aufsuchen oder das nächste Epilepsiezentrum an der hundert Kilometer entfernten Universitätsklinik in Erlangen. Eine stationäre Basisversorgung sei gesichert, Versorgungsprobleme gebe es nicht, heißt es von Klinikseite.

De facto sei "die Weiterbetreuung der Patienten in keiner Weise gesichert", kritisieren dagegen Dr. Florian Brackmann und weitere Kinder- und Jugendärzte der Region Bayreuth-Kulmbach in einem Leserbrief an die regional erscheinende Tageszeitung "Nordbayerischer Kurier". Der Umgang mit den Patienten sei "unerträglich". Aus Ambulanzkreisen heißt es, die Mitarbeiter hofften auf Viekers Rückkehr.

Der Klinik geschadet?

Sie habe etwa 200 Kinder betreut, berichtet Vieker der "Ärzte Zeitung", Neurologe Schmitt bis zu 700 Erwachsene. Den Rausschmiss begründete die Geschäftsführung in einem Schreiben an den Betriebsrat, das der "Ärzte Zeitung" vorliegt, mit einem Fehlverhalten der Ärzte. Sie hatten wiederholt die Qualität der Versorgung in der Neurologie kritisiert. Dabei, so die Geschäftsführung, sei Unwahres behauptet und der Klinik geschadet worden. "Wir können nicht anders", sagt dagegen Vieker. "Das hat damit zu tun, wie man als Arzt arbeitet." Fehlerhafte EEG-Diagnosen, zu wenig qualifiziertes Personal, zu wenig Personal für zu viele Patienten, zu wenige Betten, inadäquate Ausstattung, solche Kritikpunkte hatten Schmitt und Vieker wiederholt vorgebracht. Zudem strebten sie für eine bessere Versorgung ein Epilepsiezentrum an. Das sei Schmitt bei seinem Start an der Klinik in Aussicht gestellt worden.

Solche Dinge persönlich anzusprechen, habe nichts gebracht, so Vieker. Selbst die Ende Juni 2017 von Dr. Jörg Schmitt gestellte interne Gefährdungsanzeige nicht. Ihnen sei geraten worden, das Thema auf sich beruhen zu lassen, Gesprächsbedarf gebe es nicht. Doch die Mediziner ließen nicht locker. Nach einigen Monaten waren verschiedene Stellen informiert, am Ende der Bayreuther Stadtrat. Öffentlichkeit, so die Ärzte, hätten sie aber nicht angestrebt, die Kommunikation sei vertraulich gewesen. Die Klinik schaltete einen Gutachter ein. Mitte Februar soll er eine abschließende Stellungnahme abgegeben haben, welche die Kritik widerlege. Herausgegeben wird das Papier nicht. Die von der Klinikleitung zur Begründung der Kündigung angeführte anwaltliche Einschätzung der Äußerungen von Vieker und Schmitt – "rechtswidrig" – werden gleichfalls unter Verschluss gehalten. "Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir vertrauliche Unterlagen, wie das Gutachten und juristische Einschätzungen, aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht veröffentlichen können", teilte dazu Frank Schmälzle, Pressereferent des Klinikums mit.

Streit geht vor Gericht

Aus Sicht der Geschäftsführung sei die Kündigung "unvermeidbar" gewesen. Es hätten "über Monate hinweg Gespräche und Einigungsversuche stattgefunden", so Schmälzle. Diese hätten "nicht zum Erfolg geführt." Der Betriebsrat bekam bisher ebenfalls keinen Einblick in Gutachten und Anwaltseinschätzung, und äußerte in Stellungnahmen, die der "Ärzte Zeitung" vorliegen, unter anderem deswegen Bedenken gegen die Kündigungen. "Wir werden Kündigungsschutzklage erheben", sagt Rechtsanwalt Oliver Gerhards, der die beiden Ärzte vertritt. Sie wollten grundsätzlich weiter an der Klinik arbeiten. Sie böten alternativ an, das übergangsweise zu tun, bis eine adäquate Weiterversorgung der Patienten organisiert sei. Die Klinikseite habe das bisher abgelehnt.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Dr. Günther Jonitz 13.03.201811:46 Uhr

Führungsversagen

angesichts der Kette der Ereignisse (Kardiologie, Gynäkologie, jetzt Neurologie) im Klinikum Bayreuth und angesichts eines komplett ungenügenden Konfliktmanagements seitens der Krankenhausleitung und der Aufsichtsratsvorsitzenden sind weitere Probleme innerhalb des Klinikums zu erwarten. Wenn die KL recht hat, warum veröffnelticht sie nicht die Problemliste des Arztehepaars, den Auftrag an den Gutachter und das Gutachten? Führung nach Gutsherrenart: autoritär, sanktionierend und vertuschend.

Sonderberichte zum Thema

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an