GKV-Finanzdaten für das erste Halbjahr

Mäßige Mehrausgaben, hohes Defizit bei Kassen

Minus 1,9 Milliarden Euro steht in der Bilanz der GKV nach dem ersten Halbjahr. Der Gesetzgeber und die Pandemie waren Regisseure der Entwicklung.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
1,9 Milliarden Euro Defizit weisen die Gesetzlichen Krankenkassen nach dem ersten Halbjahr auf. Das Ergebnis ist verzerrt durch Eingriffe des Gesetzgebers – und die Folgen der Corona-Pandemie.

1,9 Milliarden Euro Defizit weisen die Gesetzlichen Krankenkassen nach dem ersten Halbjahr auf. Das Ergebnis ist verzerrt durch Eingriffe des Gesetzgebers – und die Folgen der Corona-Pandemie.

© PhotographyByMK / Fotolia

Berlin. Die Gesetzliche Krankenversicherung hat das erste Halbjahr mit einem Defizit von rund 1,9 Milliarden Euro abgeschlossen. Unter den Kassenarten verzeichnet das AOK-System mit 1,63 Milliarden Euro das höchste Minus. Das geht aus den offiziellen Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums hervor, die die Ergebnisse vorheriger Recherchen der „Ärzte Zeitung“ bestätigen.

Die Leistungsausgaben sind in den ersten sechs Monaten im Schnitt um 6,4 Prozent gestiegen. Nahezu im Rahmen des Durchschnitts liegt die Entwicklung der Ärztehonorare mit einem Plus von 6,8 Prozent. Die Ausgaben für Arzneimittel nahmen um vier Prozent zu, für Hilfsmittel waren es 5,9 Prozent (siehe nachfolgende Grafik).

Überdurchschnittliche Leistungsausgaben sind vor allem politisch verursacht: Die Heilmittelausgaben verzeichnen mit 23 Prozent einen starken Anstieg, hier wurden die Preise neu justiert. Beim Zahnersatz beträgt das Plus 22 Prozent – hier hatte der Gesetzgeber jüngst die Zuschüsse erhöht.

Unterdurchschnittlich hingegen fällt die Ausgabenentwicklung für stationäre Leistungen (5,7 Prozent), für Vorsorge und Reha-Maßnahmen (4,6 Prozent) sowie für Krankengeld (2,5 Prozent aus). Im Ergebnis standen Einnahmen der Kassen von rund 138,4 Ausgaben von rund 140,3 Milliarden Euro gegenüber.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Bei den Veränderungsraten müsse berücksichtigt werden, dass die Ausgabenzuwächse auf einem sehr niedrigen Ausgabensockel des ersten Halbjahres 2020 aufsetzen, so das Ministerium. Auch damals war die Entwicklung stark vom Lockdown als Folge der ersten Pandemie-Phase geprägt.

Als einzige Kassenart verzeichnet im ersten Halbjahr die Landwirtschaftliche Krankenkasse einen Überschuss in Höhe von 22 Millionen Euro. Das geringste Defizit fiel mit 14 Millionen Euro bei den Ersatzkassen an, gefolgt von der Knappschaft mit 18 Millionen Euro und den Innungskrankenkassen mit 25 Millionen Euro. Deutlich höher fielen hingegen die Ausgabenüberhänge der Betriebskrankenkassen mit 235 Millionen Euro aus (siehe nachfolgende Grafik).

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

AOK und vdek müssen zusammen 3,2 Milliarden Euro abführen

Bislang mussten die Kassen im ersten Halbjahr aus ihren Rücklagen etwa vier Milliarden Euro an den Gesundheitsfonds abführen, um das erwartete Defizit zu decken. Davon entfielen 2,1 Milliarden Euro auf das AOK-System und 1,1 Milliarden Euro auf die Ersatzkassen. Die Betriebskrankenkassen mussten zwangsweise rund 400 Millionen Euro beisteuern, das IKK-System 240 Millionen Euro und die Knappschaft knapp 100 Millionen Euro.

Der Gesundheitsfonds, der im Januar eine Liquiditätsreserve von 5,9 Milliarden Euro aufwies, verzeichnet zur Jahresmitte ein Defizit von 311 Millionen Euro.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bestätigte anlässlich der Veröffentlichung der Zahlen, dass erst dann über den ergänzenden Bundeszuschuss für die GKV entschieden wird, wenn im Oktober die Finanzprognose des Schätzerkreises vorliegt.

„Klar ist: Die Bundesregierung steht zur gesetzlichen Sozialgarantie“, sagte Spahn. Danach soll die Summe der Sozialabgaben der verschiedenen Sozialkassen unter 40 Prozent gehalten werden – derzeit sind es 39,5 Prozent.

Schlagworte:
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tierexperiment: Neuer Signalweg identifiziert

Essen in Sicht? Die Leber ist schon aktiv!

Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer