COVID-19-Impfungen

Merkel: Bei Impfstoffbeschaffung im Grunde „nichts schiefgelaufen“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Corona-Impfkampagne gegen Kritik verteidigt. Dass andere Länder schneller impften, habe Gründe. Mit Blick auf mögliche Lockerungen mahnt sie zu Vorsicht.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Ein „starrer Impfplan“ sei nicht möglich, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Wir müssen es dynamisch anpassen.“

Ein „starrer Impfplan“ sei nicht möglich, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Wir müssen es dynamisch anpassen.“

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Berlin. „Placebo-Gipfel“, „Impfgipfel der Enttäuschung“: Die Bundesregierung hat Kritik an den Corona-Impfgesprächen von Bund und Ländern zurückgewiesen. „Für mich war es ein Impfgespräch, damit man das nicht erhöht, aber ein sehr wichtiges“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstagabend in der ARD-Sendung „Farbe bekennen“. Alle Seiten hätten „etwas gelernt“.

Die Hersteller hätten deutlich gemacht, „wie sie auf höchster Intensität arbeiten, aber auch mit sehr hohem Risiko“. Bei der Produktion der Vakzine gebe es „viele Komponenten“, alles müsse „Hand in Hand gehen“, so Merkel. Oft sei die Zulassung „noch gar nicht da, wenn der Impfstoff schon produziert ist“. Daher müsse man mit Unwägbarkeiten leben.

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Starrer Impfplan unmöglich

Ein „starrer Impfplan“ sei nicht möglich, so Merkel. „Wir müssen es dynamisch anpassen.“ Es gebe jetzt aber „ein Gerüst, an dem wir uns orientieren können“. Für manche dauere das Impfen zu lange. „Das liegt in der Natur der Sache.“

Dennoch könne man, selbst wenn keine neuen Impfstoffe zugelassen würden, allen Bürgern bis zum „Ende des Sommers, also bis 21. September“ ein Impfangebot machen. „Das heißt für mich, jeder hat zumindest die erste Impfung bekommen.“

Man könne der Ansicht sein, dass bis Ende März „schon“ zehn Millionen Bundesbürger zweifach geimpft worden seien, so Merkel. „Andere sagen erst.“ Im „Großen und Ganzen“ sei bei der Impfstoffbeschaffung der Europäischen Union (EU) „nichts schiefgelaufen“, beteuerte Merkel.

Zuvor hatte bereits Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gegenseitige Schuldzuweisungen im Zusammenhang mit der Impfkampagne zurückgewiesen. „EU, Bund, Länder und Hersteller kämpften nicht gegeneinander, „sondern wir kämpfen gemeinsam gegen das Virus“, sagte Spahn in der Sendung „ARD-Tagesthemen“.

Merkel: Es geht um Vertrauen

Dass etwa Großbritannien „schneller“ sei bei den Impfungen als Deutschland, „wurmt einen natürlich“, gestand Merkel ein. Dort habe man die Vakzine von AstraZeneca per Notzulassung zur Verimpfung freigegeben. Deutschland habe sich entschieden, den Impfstoff „gründlich“ über die Europäische Arzneimittelagentur zuzulassen. „Das war kein Fehler, wir sind auf das Vertrauen angewiesen.“

Irrig sei auch die Annahme, mit „mehr Geld“ hätte die EU mehr Impfstoffe bei den Herstellern einkaufen können. „Die Antwort war: Nein.“ Dass Deutschland die Impfstoffe im europäischen Verbund beschaffe, sei „allemal richtig“, betonte Merkel.

„Fallzahlen müssen weiter runter“

Zur Frage möglicher Lockerungen des bis 14. Februar geltenden Lockdowns sagte Merkel, Bund und Länder hätten sich bei ihren letzten Beratungen darauf verständigt, eine „Öffnungsperspektive“ zu entwickeln. „Die wird sich sicher nicht an ein Datum orientieren können, sondern die wird sich an Werten orientieren müssen.“ Dazu zählten die Zahl an Neuninfektionen und die Zahl von COVID-19-Patienten auf Intensivstationen.

Die Werte gingen „erfreulicherweise runter“, sagte Merkel. Mittlerweile gebe es wieder 50 Kreise und Städte, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner unter 50 liege. „Dort sieht die Sache natürlich anders aus als da, wo wir eine Inzidenz von 200 haben.“
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Ziel sei es, dass die Gesundheitsämter Kontakte von Infizierten nachverfolgen könnten, so Merkel. „Eine Öffnung für 14 Tage, bei der wir anschließend wieder in ein exponentielles Wachstum kommen und die Intensivstationen stärker belegt sind, ist nicht die Lösung.“

Virusmutationen als Restrisiko

Dass Lockerungen solange unmöglich blieben, bis es genügend Impfstoff gebe, schloss Merkel aus. „Nein, das ist nicht der Weg, den wir anstreben.“ Gelinge es, die Fallzahlen durch Kontaktbeschränkungen und mehr Homeoffice zu reduzieren, seien Öffnungen möglich.

„Das einzige Risiko ist, dass uns die Mutationen einen Strich durch die Rechnung machen können, weil die sehr viel aggressiver sind.“

Bund und Länder wollen am kommenden Mittwoch über das weitere Vorgehen in der Coronakrise beraten.

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