Künstliche Beatmung

Paritätischer Gesamtverband kritisiert geplantes Gesetz

Am Mittwoch findet die Fachanhörung zum geplanten Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz statt. Im Vrofeld drängt der Paritätische Gesamtverband auf Nachbesserungen an der Reform.

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BERLIN. Anlässlich der an diesem Mittwoch stattfindenden Anhörung zum geplanten Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz (RISG) hat der Paritätische Gesamtverband noch Nachbesserungen an der Reform gefordert.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf würden Selbstbestimmung und Wahlrecht der Betroffenen eingeschränkt, sagte der Vorsitzende des Verbands, Professor Rolf Rosenbrock, am Dienstag in Berlin.

So richtig die Einführung eines Rechtsanspruchs auf außerklinische Intensivpflege sei, so falsch seien die mit dem Gesetz geplanten Einschränkungen des Wunsch- und Wahlrechts der Betroffenen.

Verstoß gegen Menschenrecht

„Wenn Patientinnen und Patienten den Ort, wo sie gepflegt werden, nicht selbst wählen dürfen, wäre das ein eklatanter Verstoß gegen das Menschenrecht auf Selbstbestimmung“, sagte Rosenbrock und verwies auf die UN-Behindertenrechtskonvention.

Die Wahl obliege nur den Gepflegten, deren Angehörigen oder der gesetzlichen Betreuung. Der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kürzlich vorgelegte Referentenentwurf sei entsprechend nachzubessern.

Das Gesundheitsministerium hatte zuletzt darauf verwiesen, der Fokus liege klar auf Patienten, die 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche künstlich beatmet und von Pflegekräften betreut werden müssten sowie auf Koma-Patienten.

Aber auch bei diesen Fällen solle es immer eine Prüfung der „Zumutbarkeit im Einzelfall“ geben. Dabei seien jeweils persönliche, familiäre und örtliche Umstände angemessen zu berücksichtigen.

Auch die entsprechende Vorschrift im Gesetzentwurf ist recht weit gefasst: „Wenn die Pflege in einer Einrichtung (...) nicht möglich oder nicht zumutbar ist, kann die außerklinische Intensivpflege auch im Haushalt oder in der Familie des Versicherten oder sonst an einem geeigneten Ort erbracht werden. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen“.

Kinder sollen in der Regel zu Hause betreut werden

Bei Kindern soll die Unterbringung zu Hause ohnehin die Regel bleiben. Außerdem soll es für Patienten, die bereits zu Hause künstlich beatmet werden, Bestandsschutz für entsprechende Versorgungsverträge geben.

Für sogenannte Beatmungs-WGs sollen die Qualitätsanforderungen massiv steigen. Krankenhäuser wiederum sollen die Entwöhnung von der Beatmung besser vergütet bekommen. Auch sollen die Kliniken stärker mit spezialisierten Weaningzentren zusammenarbeiten.

Rosenbrock betonte in diesem Zusammenhang, leider fehle es in Deutschland noch immer flächendeckend sowohl an Fachpersonal als auch an Entwöhnungszentren. „Hier ist noch einiges aufzuholen.“

BÄK plädiert ebenfalls für Ausnahmen

Auch die Bundesärztekammer mahnt bei der Reform für die Pflege schwerkranker Menschen mit künstlicher Beatmung weitere Ausnahmen an, um die Selbstbestimmung aller Patienten zu erhalten. Es sei grundsätzlich zu befürworten, dass außerklinische Intensivpflege in der Regel in Pflegeeinrichtungen oder speziellen „Pflege-WGs“ erbracht werden solle, so die BÄK. Es sollten aber Ausnahmen für Erwachsene in heimischem Umfeld möglich sein. (hom)

Lesen Sie dazu auch: Künstliche Beatmung: Eltern fürchten Spahns Reform

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