Neue Vorgaben ab 2021

Pflegeuntergrenzen in drei weiteren Bereichen geplant

Ab 2021 sollen auch in der Inneren Medizin, der Allgemeinen Chirurgie und der Pädiatrie Pflegepersonaluntergrenzen gelten. Die Krankenhauslobby zürnt.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Pflegepersonaluntergrenzen werden künftig für weitere Bereiche der stationären Versorgung gelten.

Pflegepersonaluntergrenzen werden künftig für weitere Bereiche der stationären Versorgung gelten.

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Berlin. Trotz massiver Kritik an den Pflegepersonaluntergrenzen (PpUG) baut das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Vorgaben weiter aus.

So sollen ab dem kommenden Jahr auch für pflegesensitive Bereiche der Inneren Medizin, der Allgemeinen Chirurgie, der Pädiatrie und der pädiatrischen Intensivmedizin Untergrenzen wirksam werden, wie aus dem Entwurf einer „Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern für das Jahr 2021“ hervorgeht. Der Entwurf liegt der „Ärzte Zeitung“ vor.

Personaleinsatz je Schicht definiert

Demnach soll auf Stationen der Inneren in der Tagschicht auf zehn Patienten mindestens eine examinierte Pflegekraft kommen. Nachts soll dort mindestens eine Pflegekraft für 22 Patienten bereitstehen. In der Pädiatrie sollen die Untergrenzen bei einer Pflegekraft je fünf Patienten in der Tag- und bei einer Pflegekraft je neun Patienten in der Nachtschicht liegen.

In der Allgemeinen Chirurgie ist ein Betreuungsschlüssel von einer Pflegekraft zu zehn Patienten in der Tag- und von 20 Patienten in der Nachtschicht geplant.

Schon heute gelten auf Stationen der Geriatrie, der Unfallchirurgie, der Kardiologie, der Herzchirurgie, der Neurologie, der neurologischen Schlaganfalleinheit und der neurologischen Frührehabilitation Vorgaben für den Personaleinsatz. Dabei wird das Verhältnis von Patienten zu examinierten Pflegekräften und Assistenzkräften vorgeschrieben – differenziert nach Tag- und Nachtschicht.

Erneut Ersatzvornahme des BMG

Kliniken, die die Vorgaben unterlaufen, drohen Sanktionen. Coronabedingt sind die Untergrenzen vorübergehend außer Kraft gesetzt worden. In der Geriatrie und der Intensivmedizin kommen sie jedoch seit August wieder zum Einsatz.

Eigentlich sind Festlegung und Weiterentwicklung der Pflegepersonaluntergrenzen Sache der Selbstverwaltung.

Da sich der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) jedoch auf keine Vorgaben einigen konnten, hatte das BMG die Vorgaben 2018 und 2019 per Rechtsverordnung festgelegt.

Weil sich Kassenverband und Kliniklobby auch bei ihren neuerlichen Verhandlungen nicht fristgerecht auf weitere Untergrenzen hätten einigen können, werde die Sache erneut per Ersatzvornahme geregelt, schreibt das BMG in seinem Entwurf.

Angemessene Personalausstattung in der Krankenhauspflege sei für die Qualität der Patientenversorgung und die Arbeitssituation der Beschäftigten „unabdingbar“, so das Ministerium.

DKG: Relikt der Vergangenheit

Die DKG, aber auch Pflegeverbände, stufen die Personalvorgaben dagegen als Relikt der Vergangenheit ein. „Die Untergrenzen sind ein von Misstrauen geprägtes starres Instrument, das weder den Patienten noch den Pflegekräften hilft“, wiederholte DKG-Präsident Dr. Gerald Gaß am Freitag die seit Monaten vorgetragene Kritik.

Der tatsächliche, am Patienten orientierte Pflegebedarf werde in den Untergrenzen nicht berücksichtigt, so Gaß. Die Untergrenzen jetzt auch noch auf die Innere Medizin und damit nahezu das komplette Krankenhaus ausdehnen zu wollen, stehe zudem „in einem absoluten Widerspruch zur aktuellen Pandemie-Lage“. Die Vorgaben schränkten die „Flexibilität“ der Kliniken bei der Bewältigung möglicher neuer Infektionsfälle „erheblich“ ein.

Seit Monaten liege dem BMG mit dem Vorschlag für eine „PPR 2.0“ ein „besseres, unbürokratischeres Instrument“ zum Personaleinsatz in Kliniken vor, erinnerte Gaß. Leider gebe es im Ministerium keinerlei Bewegung, dieses Instrument, das mit Verdi und dem Deutschen Pflegerat erarbeitet worden sei, gesetzlich umzusetzen.

Kassen: Mindeststandards nötig!

Der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, nannte es dagegen unverständlich, dass sich die DKG „mit Händen und Füßen gegen ein verlässliches Mindestmaß an Pflegekräften am Krankenbett wehrt“.

Einer Pflegekraft, die heute Nacht alleine auf Station weile oder einer Patientin, die jetzt zu wenig Pflege bekomme, nütze es nichts, „dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft in Zukunft alles besser machen will“, sagte Lanz am Freitag. „Wir brauchen heute verlässliche Mindeststandards.“

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