Auf dem Weg zur Klinik mit "salutogenetischem Design"

Gesundheitsfördernde Aspekte sollten beim Klinikbau künftig dominieren, fordern Ärzte und Architekten.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

BERLIN. Das Gesundheitswesen beschäftige sich bis dato zu sehr mit pathogenetischen Faktoren, den Ursprüngen und der Behandlung von Krankheiten. Viel wichtiger sei es aber, sich auf gesundheitsfördernde Aspekte zu konzentrieren.

Dieser Ansicht ist zumindest der Arzt und Architekt Alan Dilani. Die internationale Fachmesse Hospital Build Europe in Berlin wählte der Leiter der International Academy for Design and Health nach deren Angaben jüngst als Forum, um bei Gesundheitsmanagern für ein Umdenken im Gesundheitsbau zu werben.

"Gesundheit ist nicht die Abwesenheit von Krankheit, sondern Wohlbefinden - nach dieser These sollten Architekten Häuser errichten", appellierte er an die Kongressbesucher.

Licht, Farben, Wasser und Grünflächen gehören dazu

Nach Dilanis Vorstellung gehören zu einem gesundheitsfördernden Klinikgebäude ein lichtdurchfluteter Eingangsbereich, grüne Flächen, Wasserelemente, Orientierungshilfen durch Farben, in den Boden eingelassene Wegweiser, aber auch Kunst.

"Ist die Zimmerdecke in einem Aufwachraum hübsch bemalt, können sogar Schmerzen der hier liegenden Patienten gelindert werden", erläuterte Dilani einen Vorzug seines "salutogenetischen Designs".

Der Architekt Albert Wimmer ging auf der Fachmesse die Sache mit dem Klinikbau noch radikaler an und mahnte, das Wort "Krankenhaus" möglichst zu vermeiden. "Wir sprechen intern immer lieber von einem Gesundheitsquartier", erläuterte er seinen Ansatz.

In seinem aktuellen Projekt, dem Neubau des Spitals Wien Nord, hat er nach Messeangaben neben einer weitläufigen Parkanlage mit Wasserspielen und Therapiegärten auch verglaste Atrien und eine Piazza eingeplant.

"Sie ist ein bisschen dem Markusplatz in Venedig nachempfunden - hier soll sich das öffentliche Stadtleben abspielen", ergänzte er.

Klinikpersonal hat beim Neubau ein Mitspracherecht

"Dem Personal jener sechs Kliniken, die nach der Fertigstellung des Neubaus geschlossen und hier neu zusammengefasst werden sollen, hat der Träger, der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), ein hohes Mitspracherecht eingeräumt", so Wimmer.

250 Fachkräfte hätten sich in 56 themenbezogenen Teams zusammengefunden, um in mehr als 700 Sitzungen Arbeitsprozesse zu besprechen, Veränderungen zu diskutieren sowie eigene Ideen einzubringen.

Zwar stoße man als Klinikbetreiber dabei schon mal an "psychosoziale Schwellen", wie Thomas Pankl vom KAV sagte, "aber wir haben sogar jeden Plan von den Nutzern per Unterschrift freigeben lassen."

Tristes Klinik-Ambiente ist auch für das belgische Architekturbüro VK ein Tabu. "Wir versuchen einfach, jegliches Krankenhausgefühl zu vermeiden", verdeutlichte Stéphane Vermeulen, bei VK Leiter des Bereichs Healthcare, in Berlin.

Konkret integriere VK in Kliniken zum Beispiel einen boulevardähnlichen Gang mit Bäckereien, einen kleinen Markt oder ein Blumengeschäft. Auch Licht spiele eine dominierende Rolle.

"Wir bauen ganze Hauswände aus fotovoltaischen Zellen, die das Sonnenlicht aufnehmen und weiterleiten", so Vermeulen. Die Strategie scheint für VK aufzugehen.

40 Prozent des Umsatzes mit Gesundheitsimmobilien

Denn das Architekturbüro, das nach Messeangaben unter anderem beim Bau des vielfach prämierten Gerichtshofs in Antwerpen mitgewirkt hat und aktuell an der Errichtung des neuen NATO-Hauptquartiers in Brüssel beteiligt ist, macht mittlerweile 40 Prozent seines Umsatzes mit der Konstruktion und Renovierung von Gesundheitsimmobilien.

Auch den Aspekt der Nachhaltigkeit dürften Klinikbetreiber nicht aus den Augen verlieren, konstatierte VK-Marketing-Manager Serge Cappon: "Krankenhäuser müssen heute nachhaltig gebaut sein."

Er kritisierte in Berlin, dass viel zu oft nur über die vermeintlich hohen Baukosten geredet würde, ohne diese jedoch in Vergleich zu den operativen Kosten zu setzen.

"Dabei können im laufenden Betrieb später viel Energiekosten gespart werden, wenn man vorher in entsprechende Baumaßnahmen investiert hat."

Zu diesen zählten die geothermale Energie, Fotovoltaik, Wärmerückgewinnung oder die Nutzung von Regenwasser.

Vielen Klinikmanagern sei nicht bewusst, dass die später reduzierten Betriebskosten gut kalkulierbar seien. "Hier muss ein Umdenken stattfinden", forderte Cappon.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Prostatektomie

Roboterassistierte Chirurgie senkt Komplikationsraten

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

Neue STIKO-Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Ein Traum für jeden Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes: Eine vollständig automatisierte Insulingabe mit Full-Closed-Loop (FCL)-Systemen dank künstlicher Intelligenz (KI).

© Iryna / stock.adobe.com

KI in AID-Systemen

Diabetes: Vollautomatisierte Insulinpumpen sind im Kommen

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren