GBA-Beschluss

Aus für antimikrobielle Wundauflagen beim diabetischen Fuß?

Der GBA-Beschluss zur Verbandmittelabgrenzung treibt die Anbieter moderner Wundversorgung auf die Barrikaden. Hintergrund ist die Detailfrage, ob silberhaltige Auflagen am oder im Körper wirken.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Bei der Wundversorgung von Kassenpatienten könnte nach dem GBA-Beschluss zur Verbandmittelabgrenzung ein Paradigmenwechsel anstehen, wenn bestimmte Wundauflagen nicht mehr erstattungsfähig sein sollten.

Bei der Wundversorgung von Kassenpatienten könnte nach dem GBA-Beschluss zur Verbandmittelabgrenzung ein Paradigmenwechsel anstehen, wenn bestimmte Wundauflagen nicht mehr erstattungsfähig sein sollten.

© Gina Sanders / stock.adobe.com

Berlin. Sind antimikrobielle Wundauflagen in der Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten mit diabetischen Fußulcera bald passé? Die Anbieter entsprechender Produkte moderner Wundbehandlung befürchten dies mit Blick auf den jüngst vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) gefassten Beschluss zur Verbandmittelabgrenzung. 3000 hydroaktive Wundversorgungsprodukte könnten laut einer Branchenanalyse betroffen sein – bei 8000 erstattungsfähigen Verbandmitteln.

Sie deuten die Situation wie folgt: Nach aktueller Beschlusslage des GBA sollen silberhaltige Wundauflagen nur noch erstattungsfähig sein, wenn sie nur in der Wundauflage selbst und nicht an der Wundkontaktschicht oder in der Wunde antimikrobiell wirken. Dies wird vom GBA damit begründet, dass ansonsten die Wundauflage nicht mehr wie gesetzlich vorgesehen „am“, sondern „im“ Körper wirken würde, was aus Sicht der Branche nicht nachvollziehbar ist.

„Der Beschluss des GBA zur Verbandmittelabgrenzung entspricht aus unserer Sicht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Auf diese Weise würden antimikrobielle Wundauflagen in den meisten Fällen nicht mehr als Verbandmittel in der Versorgung zur Verfügung stehen“, drückt Dr. Marc-Pierre Möll, Geschäftsführer des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ sein Unverständnis für die Entscheidung des GBA aus.

3000 hydroaktive Wundversorgungsprodukte könnten laut einer Branchenanalyse mit der neuen Verbandmitteldefinition im jüngsten GBA-Beschluss zur Verbandmittelabgrenzung nach einer Übergangsphase aus der Erstattungsfähigkeit herausfallen. Insgesamt sind derzeit rund 8000 Verbandmittel erstattungsfähig.

Der Wille des Gesetzgebers sei es stattdessen konkret gewesen, die derzeit am Markt vorhandenen antimikrobiellen Wundauflagen weiterhin als Verbandmittel erstattungsfähig sein zu lassen, ergänzt Möll. Die den Patienten zustehenden Regelleistungen in der Wundversorgung würden über das gesetzlich vorgesehene Maß eingeschränkt. Für Möll ist nun eines unausweichlich: „Es wird Aufgabe des Bundesgesundheitsministeriums als Rechtsaufsicht sein müssen, den Beschluss des GBA insoweit zu beanstanden.“

GBA: „Trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung“

GBA-Chef Professor Josef Hecken ist da – selbstredend – anderer Meinung: „Die Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung, die Patientensicherheit und Qualität bei der Wundversorgung zu stärken: Produkte, die eine eigenständige therapeutische Wirkung entfalten, müssen zukünftig vom GBA auf ihren medizinischen Nutzen hin überprüft wer den.“

Die Branche sieht mit dem Beschluss just zu diesem Zeitpunkt auch die Bemühungen um eine nationale Diabetesstrategie und damit die optimierte Diabetesversorgung, konterkariert. „Gerade jetzt, wo die Bundesregierung gemeinsam mit weiteren Akteuren die Diabetesversorgung verbessert, ist das ein negatives Signal für alle chronischen Wund- und Diabetespatienten“, so Möll.

Pragmatisch gibt sich Dr. Karl-Christian Münter, Facharzt für Allgemeinmedizin/Phlebologie und Mitglied im Vorstand der Initiative Chronische Wunden: „Aus Sicht der vom Diabetischen Fußsyndrom betroffenen Patienten und der Verordner ist es wichtig festzuhalten, dass sich durch den GBA-Beschluss zunächst nichts ändert. Es müssen keine laufenden Therapien unterbrochen oder gar abgebrochen werden. Wir sehen aber sowohl die Kostenträger als auch die herstellenden Firmen in der Pflicht, rechtzeitig, und unter Angabe von Alternativen, die Präparate zu benennen, die in Zukunft nicht mehr für die Versorgung der Patienten zur Verfügung stehen. Verordnende Ärzte dürfen nicht der Gefahr von Regressen ausgesetzt werden, Patienten haben ein Recht auf eine sachgemäße moderne Versorgung.“

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