Phytotherapeutika

Corona-Pandemie bringt Bionorica eine Wachstumsdelle

Schutz vor COVID-19 – aber auch vor Atemwegserkrankungen: Auch infolge der AHA-Regeln muss Bionorica 2020 erstmals seit langem einen deutlichen Umsatzrückgang verkraften.

Von Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Extraktnachbearbeitung in der Herstellung bei Bionorica am Firmensitz in Neumarkt: Auch in der Produktion drehten sich nach einem starken ersten Quartal die Räder deutlich langsamer beim Phytotherapeutika-Hersteller.  Bionorica SE / Stefan Hanke

Extraktnachbearbeitung in der Herstellung bei Bionorica am Firmensitz in Neumarkt: Auch in der Produktion drehten sich nach einem starken ersten Quartal die Räder deutlich langsamer beim Phytotherapeutika-Hersteller. Bionorica SE / Stefan Hanke

© Bionorica SE / Stefan Hanke

Neumarkt. Die starke Abhängigkeit von Arzneimitteln, die gegen Atemwegserkrankungen wie Bronchitis oder Sinusitis genommen werden, hat den Phytotherapeutika-Hersteller Bionorica im vergangenen Jahr hart getroffen. Erstmals seit vielen Jahren ist das Unternehmen nach eigenen Angaben beim Umsatz nicht gewachsen, sondern hat deutliche Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. Das haben der Vorstandsvorsitzende Professor Michael A. Popp und der Head of Global Business Dr. Uwe Baumann bei einer Online-Pressekonferenz am Freitag berichtet.

Demnach ist der Umsatz 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 13,4 Prozent auf 287,7 Millionen Euro zurückgegangen. Dabei sind die Umsätze der Cannabis-Sparte in den ersten Monaten 2019 bereits herausgerechnet. Das Unternehmen hat jedoch trotz des Umsatzrückgangs schwarze Zahlen geschrieben, betonte Popp, der Eigner und Chef des Familienunternehmens ist. Gewinnzahlen nennt der Hersteller traditionell nicht.

Bionorica habe auch keinen Personalabbau betrieben, sondern – auch mit Hilfe der Kurzarbeiter-Regelungen in Deutschland, Österreich und der Türkei – das Personal halten können. Die Eigenkapitalquote sei leicht auf 80,6 Prozent zurückgegangen. Auch das sehr hohe Finanzpolster aus dem Cannabis-Abschluss 2019 wirke noch nach. Damals hatte Bionorica die THC-Sparte an den Cannabis-Spezialisten Canopy Growth verkauft.

AHA-Regeln wirken auch gegen Grippe und Erkältung

Der Hauptgrund für die Umsatzeinbußen sind laut Popp die Abstands- und Hygiene-Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie, die im vergangenen Jahr eingeführt worden sind und bis heute gelten. Im März 2020 habe es zu Beginn der Pandemie noch einen Nachfragehöhepunkt gegeben, vielleicht auch durch Hamsterkäufe bedingt. „Dass die Umsätze bei den Atemwegspräparaten dann einbrechen würden, war uns schon im April klar“, führte Popp weiter aus.

Kontaktbeschränkungen, Masken, Hygieneregeln – diese Maßnahmen blockierten nicht nur die Verbreitung von COVID-19, sondern genauso von Rhino- und Influenza-Viren. In manchen Monaten sei der Abverkauf vor allem von Sinupret und Bronchipret aus den Apotheken um 70 bis 80 Prozent eingebrochen.

Bremsend außerdem: Der Außendienst könne in Lockdown-Zeiten Apotheken und Arztpraxen nicht besuchen, erinnerte Popp. Insgesamt ging das Deutschland-Geschäft mit Fertigarzneimitteln um rund ein Drittel von 121 auf gut 94 Millionen Euro zurück.

Das Unternehmen setze jetzt die Hoffnung darauf, dass die Bevölkerung in Deutschland nun schnell durchgeimpft werde, damit wieder ein normales Leben beginnen könne, betonte Popp. Es dürfe nicht passieren, dass Millionen von Impfdosen auf Lager blieben. Bionorica könne mit seinen Betriebsärzten auch durchaus dazu beitragen, die eigene Belegschaft schnell zu impfen, wenn der Impfstoff zur Verfügung gestellt werde.

Ölpreisverfall sorgt für Währungsverluste

Zusätzlich belastend wirkten sich auch Währungsverluste in wichtigen Exportmärkten wie Russland und der Ukraine aus. Nachdem der Ölpreis jetzt wieder gestiegen sei, hoffe er aber auf eine Stabilisierung vor allem des Rubels, betonte Popp.

Vor allem das im Vergleich zu Deutschland und Österreich anders gelagerte Produktportfolio in den osteuropäischen Ländern und in Russland habe trotz der Währungsverluste die Rückgänge in Deutschland teilweise kompensieren können. In diesen Märkten ist Bionorica verstärkt mit Gynäkologika und mit Canephron (Harnwegsinfekte) stark vertreten.

Den Weg, die Abhängigkeit von Atemwegspräparaten zu reduzieren, wolle Bionorica auch in Deutschland und den anderen Märkten gehen. Popp erinnerte an die Studie zu Canephron, die eine Nichtunterlegenheit des Phytotherapeutikums bei unkomplizierten Harnwegsinfekten im Vergleich zu einem Antibiotikum gezeigt habe. „Noch in diesem Jahr“ werde sein Unternehmen ein neues Geschäftsfeld eröffnen, und hoffentlich im kommenden Jahr würden klinische Studien mit ganz neuen Heilpflanzen starten. Schon mehrfach hatte Popp Indikationen wie Lebererkrankungen und Metabolisches Syndrom als mögliche Forschungsfelder für Bionorica genannt.

Forschung in Sachen Cannabis geht weiter

Auch die weitergehende internationale Expansion trage dazu bei, dass Bionorica optimistisch ins Jahr 2021 blicke. Große Hoffnungen setzt das Unternehmen auf die Türkei, wo eine eigene Gesellschaft im vergangenen Jahr die Arbeit aufgenommen habe. In Frankreich habe man erste Zulassungen erhalten, in Ägypten starte bald ein eigener Vertrieb, ebenso in Rumänien und Moldavien.

Forschend ist Bionorica auch weiterhin bei Cannabis tätig, im Auftrag von Canopy Growth, wie Popp auf Nachfrage bestätigte. Hier laufe aktuell eine große Studie: „Im Juni werden wir wissen, ob wir den primären Endpunkt erreicht haben“, kündigte Popp an. Weitere Studien seien angelaufen, um die Wirkung einer der ältesten Heilpflanzen der Welt evidenzbasiert zu erforschen.

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