Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG)

Denkt die Regierung über ein Open-House-Verbot nach?

Größere Nachbesserungen an der jüngsten Hilfsmittelreform will die Bundesregierung derzeit offenbar nicht in Angriff nehmen. Was und wie auszuschreiben ist, werden wohl die Gerichte klären müssen.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Etliche Leistungserbringer beklagen, dass die Hilfsmittelreform nicht richtig in die Gänge kommt.

Etliche Leistungserbringer beklagen, dass die Hilfsmittelreform nicht richtig in die Gänge kommt.

© eb-picture/Fotolia

BERLIN. Open-House-Verträge zur Hilfsmittelversorgung, wie sie insbesondere die Kaufmännische Krankenkasse KKH gerne aufsetzt, haben auf Anbieterseite wiederholt Unmut hervorgerufen. Im politischen Berlin scheint das Thema unterdessen auf höchster Ebene angekommen zu sein: "Ob eine gesetzliche Klarstellung zu Open-House-Verträgen im Hilfsmittelbereich erfolgen muss, wird derzeit von der Bundesregierung geprüft". So ist es in einer aktuell veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion zu lesen.

Die Grünen hatten zum Stand der Dinge in Sachen Hilfsmittelversorgung ein Jahr nach Inkrafttreten des HHVG (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz) gefragt. Open-House-Verträge abzuschließen sei jedenfalls im einschlägigen Paragrafen 127 SGB V nicht ausdrücklich vorgesehen, heißt es in der Antwort weiter.

Kassen haben Spielraum

Darüber hinaus bleiben die Ausführungen aus dem Bundesgesundheitsministerium jedoch vage. Die Bundesregierung sehe zwar durchaus das Problem, dass die Kassen die mit dem HHVG eingeführten Qualitätsvorgaben an Hilfsmittelausschreibungen umgehen könnten, "zeigt aber gleichzeitig kein Interesse, inhaltliche Mängel am Gesetz zu beseitigen", spottet Maria Klein-Schmeink. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen bezieht sich mit ihrer Kritik auf einen Hinweis der Regierung, wonach es den Kassen überlassen bleibt, zusätzliche Qualitätsanforderungen bei Hilfsmittel-Ausschreibungen entweder in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen oder aber im Rahmen der Zuschlagskriterien zu berücksichtigen. Lediglich für die Zuschlagskriterien sieht das HHVG eine wenigstens 50-prozentige Gewichtung qualitativer Aspekte vor. "Sofern qualitative Anforderungen, die über die Mindestanforderungen des Hilfsmittelverzeichnisses hinausgehen, in der Leistungsbeschreibung angemessen beachtet werden, bestehen keine Vorgaben für die Gewichtung der Zuschlagskriterien", so die Regierung.

Damit könnte der im HHVG eingeführten Qualitätsvorgabe an Hilfsmittelausschreibungen schnell wieder der Stachel gezogen werden.

Neuralgischer Schwellenwert

Auf die strittige Frage, welche Hilfsmittel so dienstleistungsintensiv sind, dass deren Ausschreibung als "nicht zweckmäßig" anzusehen ist, wie es im Gesetz (§ 127 Absatz 1 SGB V) wörtlich heißt, bleibt die Bundesregierung eine Antwort schuldig. "Die Prüfung der Zweckmäßigkeit einer Ausschreibung" könne "immer nur im Einzelfall" erfolgen und sei Sache der Aufsichtsbehörde, also des Bundesversicherungsamtes. Das hatte aus nämlichem Grund kürzlich der DAK eine Ausschreibung zur Stoma-Versorgung untersagt (wir berichteten). Die Hamburger Ersatzkasse will das nicht hinnehmen und zieht nun vor Gericht. Die DAK beruft sich unter anderem auf die laufende Rechtsprechung, derzufolge Vergaberecht Vorrang vor Sozialrecht habe.

In ihrer Antwort auf die Grünen-Anfrage betont auch die Bundesregierung, dass mit dem HHVG ausdrücklich die Klarstellung in den Paragrafen 127 SGB V aufgenommen wurde, öffentliche Hilfsmittel-Aufträge seien ab einem bestimmten Schwellenwert einem wettbewerbsrechtlichen Vergabeverfahren zu unterziehen. An dieser "Pflicht" ändere auch die Unzweckmäßigkeit nichts, die das Gesetz für Ausschreibungen individuell anzufertigender oder dienstleistungsintensiver Hilfsmittel behauptet.

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