Wegen rechtlicher Bedenken

Hannover: Ärztekammer verbietet Sprechstunde auf dem Marktplatz

Drei Ärzte im Ruhestand hatten in Hannover eine Freiluftpraxis für sprechende Medizin auf dem Marktplatz eröffnet. Die Ärztekammer sah darin einen Verstoß gegen die Berufsordung und untersagte das Projekt. Nun soll eine Lösung gefunden werden.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Neben dem Wochenmarkt-Einkauf noch kurz medizinische Fragen klären: Das war die Idee von drei Ärztinnen und Ärzten in Hannover. Die ÄKN hat das Projekt gestoppt – und andere Lösungswege aufgezeigt.

Neben dem Wochenmarkt-Einkauf noch kurz medizinische Fragen klären: Das war die Idee von drei Ärztinnen und Ärzten in Hannover. Die ÄKN hat das Projekt gestoppt – und andere Lösungswege aufgezeigt.

© Phoebe / stock.adobe.com

Hannover. Eine Arztpraxis unter freiem Himmel auf einem Wochenmarkt in Hannover/List: Zwei Hannoveraner Ärztinnen und ein Arzt im Ruhestand haben Anfang November auf einem Marktplatz quasi eine Freiluftpraxis für sprechende Medizin eröffnet.

Allerdings schritt die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) sofort ein und unterband die Initiative. Dabei arbeitet bereits seit dem Frühjahr ein vergleichbares Projekt, erfolgreich und ohne dass die Kammer einschritt.

Gruppenbild mit drei Ärzten

Das Team der Freiluftpraxis: Dr. Birgit Fahlbusch, Prof. Martin Hörning und Heidi Rühmkorb-Claassen (v.l.n.r.)

© privat

„Was wir machen wollen, ist einfach niederschwellige Beratung“, sagt der Hannoveraner Psychotherapeut Prof. Martin Hörning der Ärzte Zeitung. Neben Hörning berät auf dem Marktplatz auch die Gynäkologin Heidi Rühmkorb-Claassen. Ihr Angebot ersetze keinen Arztbesuch, betonen die beiden Ruheständler.

„Zufällige Gespräche über medizinische Fragen führen wir durchaus auch mal auf dem Marktplatz“, erklärt Hörning. „Aber wenn jemand mit ernsthaften Fragen kommt, die seine Gesundheit betreffen, gehen wir in ein nahegelegenes Gemeindehaus, das uns die evangelische Kirche zur Verfügung gestellt hat und sprechen dort. So ist Diskretion möglich.“

Patienten mit Fragen zur Krankengeschichte

Die Patienten kommen mit Fragen zur eigenen Krankheitsgeschichte, zum Impfen oder zu gynäkologischen Themen, berichtet Hörning. „Oder sie kommen mit Arztbriefen, die sie nicht verstehen und von uns übersetzt bekommen möchten.“ Die Laufkundschaft sei dankbar, dass sie ohne aufwändige Terminsuche mit einer Ärztin oder einem Arzt sprechen können.

Der Kollege, der in der Nähe seine Praxis Hausarztpraxis betreibt, sieht in der Initiative kein Problem. Die Open-Air-Sprechstunde fand aber nur einmal statt, denn schnell wurde sie von der ÄKN aus berufsrechtlichen Gründen untersagt.

„Gesundheitliche Beratung ist ein wesentlicher Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit und ist als solche durch die Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen geregelt“, erklärt Niko Gerdau, Pressesprecher der ÄKN den Schritt der Kammer.

Ärztliche Tätigkeit an Niederlassung gekoppelt

„Die sich hieraus ergebenden Rahmenbedingungen gelten auch für eine ehrenamtliche Berufsausübung und sind daher zwingend einzuhalten.“ Die ärztliche Tätigkeit sei damit gemäß §17 der Berufsordnung der ÄKN „an die Niederlassung in eigener Praxis, beziehungsweise an eine Anstellung in einer Praxis, einem Medizinischen Versorgungszentrum, einem Krankenhaus, in Vorsorge- und Rehaeinrichtungen oder im öffentlichen Gesundheitswesen gebunden.“ Danach ist eine Marktplatz-Sprechstunde unzulässig.

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Allerdings: Bereits seit Mai läuft eine entsprechende Initiative im Rathaus von Bramsche – von der Kammer unbeanstandet. Acht Ärztinnen und Ärzte im Ruhestand beraten im Rahmen einer Initiative namens „Café Med“, ebenfalls durch Ärzte im Ruhestand, ebenfalls niedrigschwellig.

„Wir sind nicht auf einem Marktplatz, sondern einmal die Woche im Rathaus“, erklärt Hausärztin Dr. Felicitas von Brachel-Thiem, die das Café gegründet hat. „Wir haben uns aber zuvor an die Kammer und die KV gewandt und haben gefragt, ob sie etwas gegen unsere Initiative einzuwenden hätten Das hatten sie nicht.

Wurde eine Lösung gefunden?

Warum also die Schwierigkeiten mit der Hannoveraner Initiative? Offenbar hat man in Hannover inzwischen miteinander gesprochen. „Bezüglich des Angebots auf dem hannoverschen Wochenmarkt haben wir mit den betroffenen Ärzten gemeinsam einen konstruktiven Dialog geführt und dabei Möglichkeiten aufgezeigt, wie ein solches Angebot gegebenenfalls auch im Einklang mit der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen fortgeführt werden könnte“, so Kammersprecher Niko Gerdau.

„Mit dem Angebot in Bramsche verhält es sich genauso, auch hier werden wir in einem lösungsorientierten Dialog mit den anbietenden Ärztinnen und Ärzten nach entsprechenden Möglichkeiten suchen.“

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