Klinik-IT rettet Bäume

Papier und damit auch Bäume sparen: Von einem Krankenhaus-Informationssystem sollten neben der Klinik auch Patienten und Einweiser profitieren. Das Universitätskrankenhaus Eppendorf in Hamburg hat das nach eigener Einschätzung geschafft.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Das 2009 am UKE eingeführte Krankenhaussystem hilft auch bei der Regulierung des Patientenstroms.

Das 2009 am UKE eingeführte Krankenhaussystem hilft auch bei der Regulierung des Patientenstroms.

© dpa

HAMBURG (di). Rund sechs Millionen Euro hat die vor wenigen Jahren komplett neu gebaute Uniklinik Eppendorf (UKE) für ihr neues Krankenhausinformationssystem inklusive Dienstleistungen investiert.

Hinzu kam noch einmal das gleiche Volumen für das Netzwerk. Nach Meinung von Dr. Peter Gocke, IT-Leiter des Hauses, war das gut angelegtes Geld.

Denn heute arbeitet das UKE dank des Systems nicht nur nahezu papierlos und spart damit 2,5 Millionen Blatt Papier jährlich ein, sondern profitiert auch in der Zusammenarbeit mit einweisenden Ärzten.

"Wir sind jetzt besser auskunftsfähig, wenn einweisende Ärzte Informationen benötigen", sagte Gocke der "Ärzte Zeitung".

Außerdem kann das UKE schon am Entlassungstag die Arztbriefe verschicken, die wieder um durch die Standardisierung für die Ärzte besser verständlich sind. "Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass die niedergelassenen Ärzte das als Fortschritt betrachten", so Gocke.

Wichtige Daten in kurzer Zeit auf dem Bildschirm

In der Zentralen Notaufnahme (ZNA) des UKE zeigen sich die Vorteile des von Siemens stammenden Systems Soarian® auch für das Krankenhaus selbst. Hier werden jährlich rund 65.000 Patienten aufgenommen, die schnellstens versorgt werden müssen.

In Stoßzeiten kann es zu Wartezeiten kommen, die im Einzelfall auch zu Verärgerung unter den Wartenden führten. Soarian® hilft der Klinik bei der Regulierung des Patientenstroms.

Eine Minute nach Aufnahme sind die wichtigsten Daten auf dem Bildschirm im Behandlungsraum - meist noch, während der Patient auf dem Weg dorthin ist. Dann folgt eine detaillierte Datenaufnahme während der Untersuchung.

"Das ist anfangs etwas mühsamer als auf Papier, anschließend hilft es aber", erklärte Dr. Ulrich Mayer. Denn die Daten sind anschließend schneller verfügbar.

Je länger ein Patient im Haus bleibt oder wenn er erneut eingewiesen wird, desto stärker erleichtert das Klinikinformationssystem die Arbeit.

Viele Überzeugungsarbeit

Aber es hilft auch sofort: Wenn ein aufgenommener Patient, der nicht akut behandelt werden muss, nach einer Stunde noch von keinem Arzt gesehen wurde, wird sein Name auf dem Bildschirm rot gekennzeichnet. Damit werden überlange Wartezeiten zumindest sofort erkannt, und die Organisation stellt sich darauf ein.

Nicht alle Ärzte waren anfangs von dem neuen System überzeugt. Gocke berichtet, dass sich der Ärztliche Direktor Professor Jörg Debertin unermüdlich für die Akzeptanz des Systems engagiert und skeptischen Kollegen immer wieder die Vorteile aufgezeigt hat.

Als "management by walk around", bezeichnete Gocke die Überzeugungsarbeit. Heute halten die Ärzte das System für alternativlos. "Wir können nicht mehr ohne arbeiten", steht für Mayer fest.

Für die Patienten auf den Stationen gehört der Einsatz der modernen Technik wie selbstverständlich dazu.

Die auf mobilen Einheiten angebrachten Systeme können in die Krankenzimmer geschoben werden, wo parallel zur Untersuchung Daten abgelesen und eingeben werden. "Es gibt dazu keine Nachfragen der Patienten", berichtet ein Arzt.

IT-System steigert die Produktivität

Gocke ist sicher, dass Soarian® Anteil hat an einem deutlichen Produktivitätsschub des UKE in den vergangenen Jahren.

Von 2005 bis 2010 ist dort die Zahl der Patienten um 65 Prozent gestiegen, während die Zahl der Beschäftigten im gleichen Zeitraum um 12,5 Prozent zunahm. "Das ist nicht nur, aber auch auf Soarian® zurückzuführen", so Gocke.

Sein Haus hat die Fortschritte in der Informationstechnologie inzwischen schwarz auf weiß bescheinigt bekommen: Als erstes Krankenhaus in Europa hat es die Stufe sieben des EMRAM Awards (Electronic Medical Record Adoption Model) erreicht, eine Auszeichnung, die internationale Auditorenteams an Kliniken vergeben, die komplett papierlos arbeiten.

Wenn doch Informationen auf Papier ins Haus hineinkommen, werden sie sofort gescannt, damit sie digital verfügbar sind. Für Gocke trägt das papierlose Arbeiten erheblich zur Effizienz in der Klinik bei.

Gelungen ist das nach seiner Auffassung auch, weil Soarian® nicht als IT-Projekt, sondern als Klinik-Projekt verstanden wurde, in das alle eingebunden wurden.

Das nächste Projekt am UKE ist bereits in der Testphase: Das Eppendorfer Patienten- und Partnerportal soll die Zusammenarbeit mit Patienten und Ärzten etwa vor der Aufnahme weiter erleichtern. Derzeit läuft noch die Pilotphase mit einer augenärztlichen Praxis.

Das Krankenhausinformationssystem Soarian®

Soarian® kann alle in der Krankenversorgung erforderlichen Abläufe unterstützen und stellt die für die Behandlung erforderlichen klinischen und administrativen Informationen digital zur Verfügung. Es arbeitet mit intuitiven Benutzeroberflächen, sodass sich Mitarbeiter schnell orientieren können. Die Oberflächen können gezielt an die Anforderungen des jeweiligen Fachbereichs angepasst werden.

Auch eine elektronische Archivierung gehört zum Umfang von Soarian®. Dies ermöglicht einen papierlosen Klinikalltag. Das Unternehmen Siemens hat Soarian® bislang an rund 150 Kunden, die zum Teil mehrere Klinikstandorte damit ausgerüstet haben, weltweit verkauft. Rund 20 Prozent der Kunden kommen aus Europa, die meisten aus den USA.

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