Gesundheits-Apps

Meist zweifelhafter Nutzen

Patienten haben viel Auswahl bei Gesundheits-Apps. Die sind aber meist von zweifelhaftem Nutzen, zeigt eine Studie. Ärzten fehlen verlässliche Maßstäbe, um das sicher zu beurteilen.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Eine gute App für die Patienten? Politiker fordern bessere Qualitäts- und Sicherheitsstandards.

Eine gute App für die Patienten? Politiker fordern bessere Qualitäts- und Sicherheitsstandards.

© vectorfusionart / fotolia.com

BERLIN. Ernährungshilfe, Schlafüberwachung, Diabetestagebuch, Menstruationsmanagement - täglich kommen neue Fitness- und Gesundheits-Anwendungen für mobile Geräte auf den Markt. Nur wenige der aktuell 100.000 Apps für Smartphone, Tablet und Co haben einen echten diagnostischen und therapeutischen Anspruch.

Das ist ein Ergebnis der Studie "Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps (CHARISMHA)" des Peter-L.-Reichertz-Instituts für Medizinische Informatik, die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) gefördert wurde (wir berichteten kurz).

Die Studie ist eine Bestandsaufnahme zu Gesundheits-Apps und ihrer Bedeutung für die Gesundheitsversorgung. Auf Grundlage des Studienergebnisses fordert Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe "klare Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Patienten, medizinisches Personal und App-Hersteller".

Ob die kleinen Programme wirklich helfen oder Patienten mit ihnen Gefahr laufen, sich zu verzetteln, sei für Ärzte nämlich derzeit meist nur schwer einzuschätzen.

Ruf nach Leitlinien

"Die Quintessenz der CHARISMHA-Studie ist, dass die Evidenzlage mangelhaft ist", resümiert Dr. Urs-Vito Albrecht, stellvertretender Leiter des Peter L. Reichertz Instituts. Gemeinsam mit 18 Wissenschaftlern hat er die Analyse erarbeitet - auch mit Blick auf professionelle Anwender, wie Ärzte.

 Die brauchen den Studienautoren zufolge etwa Leitlinien oder Empfehlungen und die "Förderung von Strukturen", um ihren Patienten geeignete Apps empfehlen zu können. Das sei wichtig, weil die Patienten dies in Zukunft stärker einfordern würden. Außerdem müsse man, so Albrecht, die, die die Technik schon jetzt nutzen würden, besser aufklären.

Zur Empfehlung nicht in der Lage

Es könne allerdings nicht erwartet werden, dass medizinisches Fachpersonal in der Lage sei, "über Qualität und Vertrauenswürdigkeit einer App ohne Hilfestellung vollumfänglich entscheiden zu können", heißt es in der Studie.

Angemessene Empfehlungen seien erst möglich, wenn die Versorger sich tatsächlich auf bestimmte Zertifikate, Angaben und sonstige Maßnahmen verlassen könnten. Momentan sei die Beurteilung der Qualität einer App schwierig.

Zu heterogen seien Siegel, Kodizes und Zertifikate, die Nutzern eine Orientierung verschaffen sollen, im Moment. Helfen könnte den Studienautoren nach eine zentrale, öffentliche und unabhängige Internetplattform, um Ärzten wie Patienten eine klarere Einschätzung zu erlauben.

 Diese Plattform könne vom BMG, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung betrieben werden, heißt es. In einem Fachdialog mit Verantwortlichen im Gesundheitswesen, Datenschützern, App-Herstellern sollen weitere konkrete Maßnahmen und Selbstverpflichtungen aus der Studie abgeleitet werden. (Mitarbeit aze)

Die gesamte Studie zum Download

www.charismha.de

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