Arbeitsrecht
Nerviger Streit um Arbeitszeugnis kein Grund für Abwertung
Arbeitnehmer dürfen nicht benachteiligt oder gemaßregelt werden, nur weil sie in zulässiger Weise ihre Rechte ausüben. Das gilt auch für die Forderung nach einem besseren Zeugnis.
Veröffentlicht:Erfurt. Wenn eine Arbeitnehmerin mehrfach Änderungen des ihr ausgestellten Arbeitszeugnisses verlangt, kann das nervig werden. Trotzdem müssen Arbeitgeber fair bleiben und dürfen ihren Frust nicht durch Verschlechterungen an anderer Stelle des Zeugnistextes abreagieren, wie das Erfurter Bundesarbeitsgericht jetzt entschied. Danach muss insbesondere eine einmal ausgesprochene „Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel“ im Zeugnis stehen bleiben.
Die Klägerin war von 2017 bis 2021 bei einer Fitnessstudio-Kette in Niedersachsen beschäftigt, zunächst als „Persönliche Assistentin der Geschäftsführung“ und zuletzt als „Managerin of Administration and Central Services“. Danach schied sie auf eigenen Wunsch aus.
Zweimal reklamiert
Das erste Arbeitszeugnis endete mit den Worten: „Wir danken ihr für ihre wertvolle Mitarbeit und bedauern es, sie als Mitarbeiterin zu verlieren. Für ihren weiteren Berufs- und Lebensweg wünschen wir ihr alles Gute und auch weiterhin viel Erfolg.“
Unzufrieden war die Klägerin allerdings mit der Beschreibung ihrer Arbeitsleistung und ihres Sozialverhaltens. Sie forderte Änderungen, war aber auch mit der zweiten Fassung noch nicht zufrieden. Erst im dritten Anlauf enthielt das Zeugnis die verbreitete, einer Schulnote 1 entsprechende Formulierung: „Frau D hat ihre Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt und unseren Erwartungen in jeder Hinsicht optimal entsprochen.“ Dafür fehlte nun aber die ursprünglich enthaltene Abschlussformel.
Ihre dagegen gerichtete Klage hatte durch alle Instanzen Erfolg. Die ehemalige Arbeitgeberin sei verpflichtet, ein Zeugnis mit den begehrten Schlusssätzen zu erteilen, urteilte nun auch das BAG. „Mit ihrer Weigerung, das Zeugnis mit einer sogenannten Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel zu versehen, verstößt sie gegen das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot.“ Danach dürften Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden, nur weil sie in zulässiger Weise ihre Rechte ausüben. Dies habe hier die Arbeitnehmerin mit ihrer Forderung nach einem besseren Zeugnis getan.
Bedürfnis, zu danken, verflogen
Auf eine solche Schlussformel bestehe zwar kein Anspruch, sie werte das Arbeitszeugnis aber auf, betonten die Erfurter Richter. Diese „freiwillige Leistung“ wieder wegzulassen sei für die Arbeitnehmerin daher ein „faktischer Nachteil“.
Ohne Erfolg hatte die Arbeitgeberin argumentiert, sie habe die frühere Mitarbeiterin gar nicht maßregeln wollen. Das eigene Bedürfnis, ihr Dank und gute Wünsche auszusprechen, sei im Zuge des Zeugnis-Streits einfach verflogen. Schon das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hatte hierzu betont, ob die Arbeitgeberin diese Empfindungen immer noch hegt, sei „ohne Bedeutung“. (mwo)
Bundesarbeitsgericht, Az.: 9 AZR 272/22