Trotz Beschwerden

Nicht immer geht's sofort zum Arzt

20- bis 50-jährige Patienten in Deutschland sind leidensfähig, zeigt eine repräsentative Befragung. Denn sie verschieben den Arztbesuch oft um Wochen oder gar Jahre, obwohl sie Beschwerden haben.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Der Besuch beim Arzt wird nicht selten gerne aufgeschoben.

Der Besuch beim Arzt wird nicht selten gerne aufgeschoben.

© Yantra / stock.adobe.com

LONDON/HAMBURG. Nur 15 Prozent der Deutschen haben in den vergangenen drei Jahren bei Beschwerden nie einen Arztbesuch aufgeschoben.

50 Prozent – und damit jeder zweite – haben in diesem Zeitraum den Gang zum Arzt ein- bis zweimal nach hinten verlegt, 23 Prozent taten dies drei- bis fünfmal und stolze 12 Prozent mehr als fünfmal.

Insgesamt haben 81 Prozent der Männer und 90 Prozent der Frauen einen Arztbesuch im Beschwerdefall mindestens einmal in den vergangenen drei Jahren über einen längeren Zeitraum verschoben.

Das geht aus einer nach Unternehmensangaben für die Bevölkerungsgruppe repräsentativen Befragung des Marktforschungsinstituts Splendid Research im Auftrag der in London ansässigen Online-Arztpraxis DrEd hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Aufschub meist um mehrere Wochen

Von den Patienten, die ihren Arztbesuch im Beschwerdefall schon einmal aufgeschoben haben, haben dies – mit 64 Prozent die meisten – für einen Zeitraum von mehreren Wochen getan. 25 Prozent ließen mehrere Monate verstreichen, sieben Prozent mehr als ein Jahr und vier Prozent sogar mehrere Jahre.

In Zeiten von guter Konjunktur und Rekordbeschäftigung eher nicht zu erwarten ist, dass mit 42 Prozent (Mehrfachnennungen waren möglich) als häufigster Grund für das Verschieben des Arzttermins im Krankheitsfalle angeführt wird, man wollte nicht von der Arbeit fernbleiben (siehe nachfolgende Grafik).

Dieses Phänomen ist eher aus wirtschaftlich schlechten Zeiten bekannt. 36 Prozent führten an, zu beschäftigt gewesen zu sein, um zum Arzt zu gehen. 26 Prozent meinten, die Zeit im Wartezimmer habe sie abgeschreckt – das könnte einigen Ärzten mit Blick auf die Praxisorganisation zu denken geben.

Jeder Fünfte (20 Prozent) ging offensichtlich davon aus, dass es sich bei seinen Beschwerden nicht um eine Erkrankung handelt und wollte deshalb den Arzt nicht mit seinen Problemen aufhalten.

Jeder siebte Patient (14 Prozent) gab an, keinen Termin bekommen zu haben – die Bekanntheit und Nutzung von Terminservicestellen wurde nicht abgefragt – oder Angst vor der Diagnose gehabt sowie unangenehme Untersuchungen gefürchtet zu haben.

Je sechs Prozent hatten Angst, sich in der Praxis anzustecken – vermutlich während einer Influenzawelle – oder ihr Anliegen war ihnen zu peinlich. Drei Prozent wollten keine persönlichen Fragen beantworten oder hatten zu der Zeit schlicht keinen Haus- oder Facharzt. Nur einem Prozent der befragten Patienten war der Haus- oder Facharzt im konkreten Beschwerdefall zu weit weg.

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Fatale Folgen für jeden 20. Patienten

Das Aufschieben ihres Arztbesuches endete für 36 Prozent der Patienten folgenlos, 47 Prozent gaben an, während der Zeit unter den Beschwerden gelitten zu haben.

21 Prozent mussten konstatieren, dass die Ursache für ihre Krankheit früher hätte diagnostiziert werden können. Für zwölf Prozent der Patienten wurde die Behandlung ihrer Beschwerden durch die verspätete Diagnose schwieriger, für drei Prozent teurer.

Immerhin vier Prozent der Patienten gaben an, dass ihr Krankheitsbild durch die verspätete Diagnose teilweise irreversibel geworden sei – bei jedem hundertsten Patienten war die Krankheit durch die verspätete Diagnose nach eigener Aussage sogar gar nicht mehr behandelbar. Um welche Krankheitsbilder es sich gehandelt hatte, wurde in der Befragung nicht erhoben.

Anstatt zum Arzt zu gehen, setzten 61 Prozent der Patienten darauf, dass die Beschwerden nur vorübergehend sind, 43 Prozent kauften sich rezeptfreie Arznei, 40 Prozent recherchierten im Internet zu den Symptomen, 33 Prozent probierten es mit Hausmitteln.

17 Prozent holten sich Rat bei Familie und Freunden, sieben Prozent taten schlicht gar nichts.

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Kommentare
Heidemarie Heubach 21.07.201811:28 Uhr

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