Skonto und Rabatt

Pharmahändler dürfen kräftig zubuttern

Die Apotheker können aufatmen: Der Bundesgerichtshof hat nichts dagegen einzuwenden, dass Pharmagroßhändler ihnen auch Skonti gewähren – zusätzlich zu Rabatten aus der eigenen Marge.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:

KARLSRUHE. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Seit Monaten läuft die Apothekerschaft Sturm gegen Rezept-Boni, wie sie ausländische Versandapotheken nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes ihren deutschen Kunden einräumen dürfen (wir berichteten). Auf Preisnachlässe an die eigene Adresse will die Branche gleichwohl nicht verzichten.

Und die können, wie der Bundesgerichtshof am Donnerstag entschied, durchaus höher ausfallen als bisher angenommen. Denn laut BGH sind pharmazeutische Großhändler gesetzlich "nicht verpflichtet, bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheken einen Mindestpreis zu erheben" (Az.: I ZR 172/16). Heißt: Großhändler dürfen Apotheken mit Rabatten und Skonti umwerben, die in Summe höher ausfallen als ihre gesetzlich vorgesehene Marge. Damit gab der Bundesgerichtshof dem Alzenauer Pharmagroßhändler AEP im Streit mit der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Recht.

Zur Erklärung: Die Arzneimittelpreisverordnung sieht vor, dass Pharmagroßhändler bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken "höchstens" 3,15 Prozent auf den Herstellerabgabepreis vor Umsatzsteuer aufschlagen sowie einen Fixzuschlag von 70 Cent je Packung erheben. Der variable Zuschlag ist bei 37,80 Euro gedeckelt.

Die Wettbewerbszentrale vertrat die Auffassung, dass sowohl Boni als auch Skonti zugunsten der Apotheker ausschließlich aus dem variablen Zuschlag zu bestreiten seien. Der Festzuschlag hingegen dürfe nicht auch noch als Spielmasse im Preiswettbewerb eingesetzt, sondern müsse ungeschmälert erhoben werden. Danach wäre das Konditionenmodell, mit dem der Branchenneuling AEP schnell Marktanteile gewinnen konnte, hinfällig.

Anders als seine Wettbewerber macht AEP Einkaufsrabatte nicht von den Umsatzvolumina abhängig, die mit einer Apotheke erzielt werden, sondern lobt sie einheitlich für alle aus – und deutlich über seiner gesetzlichen Maximal-Spanne: Auf Rx-Produkte bis 70 Euro werden 5,5 Prozent Verbilligung gewährt, 4,5 Prozent Nachlass gibt es auf Packungen, die teurer sind als 70 Euro (darin jeweils 2,5 Prozent Skonto für die Einhaltung eines Zahlungsziels). Beim Einkauf hochpreisiger Artikel (ab 1270 Euro) werden pauschal 20 Euro pro Packung vergütet.

Gegen soviel Großzügigkeit hat der BGH nichts. Er stellte das klageabweisende Urteil erster Instanz wieder her; in zweiter Instanz hatte die Wettbewerbszentrale Recht bekommen. Der Großhandel könne, heißt es in einer ersten BGH-Mitteilung, "nicht nur auf den bis zur Höchstgrenze von 3,15 Prozent veränderlichen Zuschlag, sondern auch auf den Festzuschlag von 70 Cent ganz oder teilweise verzichten". Und er darf entsprechend dem AEP-Konditionenmodell auch noch darüber hinausgehende Skonti gewähren.

Dass es sich bei den Skonti der Pharma-Grossisten – nicht nur AEP gewährt sie – keineswegs um Peanuts handelt, rechnete kürzlich die bundesweit größte Apothekerkooperation MVDA (Marketing Verein Deutscher Apotheker) ihren Mitgliedern vor. "Die Bedeutung des Skontos für unser Betriebsergebnis und die Wirtschaftlichkeit unserer Apotheken kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden", heißt es. Bei typischerweise 80 Prozent Rx-Umsatz bedeute "ein Prozent Skonto" für eine durchschnittliche Apotheke "18.000 Euro, zwei Prozent sogar 36.000 Euro. Das schlägt voll auf das Betriebsergebnis durch."

2016 erzielte nach Angaben des Apothekerdachverbands ABDA eine durchschnittliche Apotheke rund 2,2 Millionen Euro Gesamtumsatz.

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